Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Regierungskrise in Italien
Präsident Mattarella lehnt Rücktritt von Draghi ab

Regierungskrise im Hochsommer: Ministerpräsident Mario Draghi zieht die Konsequenzen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Italien rutscht in eine Regierungskrise ohne leicht absehbare Lösung. Bei einer Abstimmung am Donnerstag im Senat haben nicht alle Partnerparteien Premier Mario Draghi ihr Vertrauen ausgesprochen: Die Cinque Stelle verliessen die Aula, um so ihren Unmut zu manifestieren. Vordergründig ging es ihnen um Differenzen zum so genannten «Decreto aiuti», einem Hilfspaket von etwa 23 Milliarden Euro, mit dem die Nöte von Familien und Unternehmen in der Inflations- und Energiekrise gelindert werden sollen. Diese Hilfen genügten der Partei von Ex-Premier Giuseppe Conte aber nicht. Hintergründig spielten auch wahltaktische Überlegungen eine Rolle: Italien wählt im Frühling 2023 ein neues Parlament – so es bei dem Termin bleibt.

Arithmetisch stellte das Votum kein Problem dar: 172 Senatorinnen und Senatoren stimmten für Draghi, mindestens nötig gewesen wären 106. Faktisch ist das Vertrauen also intakt, Draghi hat eine breite Mehrheit hinter sich, die Minister der Cinque Stelle verbleiben im Kabinett. Doch politisch ist die Krise damit eröffnet. Der Premier hatte vorab klargemacht, dass seine Regierung der nationalen Einheit ende, sollten die Fünf Sterne ihm ihr Vertrauen verweigern. Am Abend trat Draghi dann zurück. In einem Brief schrieb er, die Koalition der nationalen Einheit gebe es nicht mehr, der Pakt des Vertrauens sei gebrochen. Er habe in den vergangenen Tagen alles versucht, um den Bitten der Parteien entgegenzukommen. «Doch offensichtlich war das nicht genug.» Die Bedingungen, die Regierungsarbeit fortzusetzen, seien nicht mehr gegeben.

Augen auf Matarella

Die Verwaltung der Regierungskrise geht nun über an Staatspräsident Sergio Mattarella, er wies den Rücktritt zurück. Mattarella kann Draghi bitten, es umgehend nochmal zu versuchen – entweder mit derselben Allianz, die einen neuen Pakt für den Rest der Legislaturperiode aushandelt, oder mit einer neuen Koalition. 

Vor allem die zweite Option schloss Draghi bereits aus. Weigert sich Draghi, einen neuerlichen Versuch zu starten, kann Mattarella auch eine Alternative vorschlagen: einen Übergangspremier als Geschäftsführer für einige wenige dringende Aufgaben. Für dieses Szenario gelten Wirtschafts- und Finanzminister Daniele Franco und der Präsident des Verfassungsgerichts, Giuliano Amato, als mögliche Figuren.

Mattarella kann auch zum Schluss gelangen, dass es Zeit sei, die Kammern aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Die wären dann sechzig Tage später fällig, also Ende September oder Anfang Oktober. Aus der Entourage des Präsidenten hört man allerdings, dass ihm dieses Szenario am meisten widerstrebt.
Paradoxerweise würden vorzeitige Neuwahlen auch den Cinque Stelle, die die Krise ausgelöst haben, missfallen. Die Wahlsieger von 2018 sind in den vergangenen Jahren in der Gunst des Volkes stark geschrumpft: von rund 33 Prozent auf neu etwa 12 Prozent gemäss Umfragen. Ausserdem hat die Partei neulich bei einer Spaltung mehrere Dutzend Parlamentarier um
Aussenminister Luigi Di Maio verloren, die Draghi unterstützen.

Würden die Italiener jetzt neu wählen, auch das zeigen die Umfragen, würde wohl die Rechte gewinnen. Stärkste Partei sollen die postfaschistischen Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni sein, einzige Opposition im Land. Die politischen Wirren in Rom wirkten sich auch auf die Börse aus, Mailands Index brach zwischenzeitlich um mehr als drei Prozent ein. Der Renditeaufschlag italienischer Staatsanleihen zu deutschen Bundesanleihen ist unterdessen stark angestiegen – ein Zeichen für die wachsende Sorge im Ausland.