Wahl der HaftpflichtversicherungIst eine Deckung von mehr als fünf Millionen Franken noch sinnvoll?
Es ist gar nicht so einfach, die Höhe der Deckungssumme für die Privathaftpflichtversicherung zu bestimmen. Neben einer sachlichen Risikobeurteilung gibt es auch emotionale Argumente.
Bei der Frage der Deckungssumme für die Privathaftpflichtversicherung ist Eduard Stalder (Name geändert) hin- und hergerissen. Reichen wie bisher 5 Millionen Franken? Oder soll er die Deckung auf 10 Millionen erhöhen. Der inzwischen pensionierte Stalder war früher Lehrer. Er ist verunsichert, weil er sich an einen Schüler erinnert, der nach einem schweren Unfall vom Kopf abwärts gelähmt blieb.
Dieses Ereignis beschäftigt ihn bis heute. Stalder erinnert sich auch an die damalige Diskussion um die Haftung, in die verschiedene Parteien involviert waren. Nebst der menschlichen Tragik geht es bei solchen Unfällen versicherungstechnisch um sehr hohe Summen, da unter anderem über viele Jahre Folgekosten anfallen. Diese übernimmt die Privathaftpflichtversicherung der verantwortlichen Person. Die meisten Schweizer Versicherungsgesellschaften sehen für Private eine maximale Deckungssumme von 3, 5 oder 10 Millionen Franken vor.
Solch schwere Ereignisse sind «sehr selten», sagt Jonas Jahnert vom Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen. In aller Regel geht es bei der Privathaftpflicht um Sachbeschädigungen des Versicherten im Umfang von einigen 100 bis einigen 1000 Franken.
Wer unsicher ist, ob er oder sie überhaupt eine hohe Deckungssumme braucht, sollte weitere Versicherungsleistungen prüfen. So erhalten beispielsweise viele Berufstätige durch ihr Unternehmen einen Schutz für Haftpflichtfälle während der Arbeit. «Insbesondere Handwerker sind in der Regel durch ihre Arbeitgeberin gut versichert», sagt Jahnert.
Das Risiko abwägen
Wie hoch die Deckungssumme für die eigene Privathaftpflichtversicherung sein sollte, lässt sich in einem ersten Schritt anhand einer groben Beurteilung abschätzen. Dabei geht es um folgende Fragen: Übe ich Tätigkeiten aus, die grosse Schäden verursachen können? Wenn ja: Wie häufig kommt das vor? Dabei gibt es auch weniger offensichtliche Risiken: Hauseigentümer können beispielsweise für Schäden von Mieterinnen und Mietern verantwortlich gemacht werden, wenn diese keine Haftpflichtversicherung haben, wie Jahnert erläutert. Rentner Eduard Stalder führt jedoch ein ruhiges Leben und ginge auch mit einer tiefen Deckungssumme ein vergleichsweise geringes Risiko ein.
Neben der objektiven Risikobeurteilung gibt es eine emotionale Komponente. Fachleute sprechen dabei von der «Risikoaversion». Wer sich wegen einer zu geringen Deckungssumme Sorgen macht, sollte zur Maximalvariante greifen. Denn der Prämienunterschied ist gering und macht nur einige Franken pro Jahr aus. «Die kleine Differenz ist auch ein Beleg dafür, dass die höchste Deckungssumme ausgesprochen selten beansprucht wird», sagt Jonas Jahnert von der Universität St. Gallen.
Um unangenehme Überraschungen zu vermeiden, ist es schliesslich auch wichtig, nicht nur die Höhe der Deckungssumme, sondern auch die Vertragsbedingungen zu beachten. So sind zum Beispiel Schäden durch Kinder unter zwölf Jahren oder gewisse Sportarten häufig von der Deckung ausgenommen, können aber optional hinzugefügt werden, wie Jahnert erläutert.
Fehler gefunden?Jetzt melden.