Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Libanon im Nahostkonflikt
Israel und Hizbollah: Ein Krieg ist fast unaus­weichlich

An Israeli army armoured personnel carrier (APC) moves to take position in area near the border with the Gaza Strip and southern Israel on July 2, 2024 amid the ongoing conflict in the Palestinian territory between Israel and Hamas. (Photo by JACK GUEZ / AFP)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Wer den Feind schlagen will, muss ihn überrumpeln – schnöde Überraschung ist im Krieg der halbe Weg zum Sieg. Falls es zwischen Israel und der Hizbollah wirklich zu einem Waffengang kommen sollte, kann von Überrumpelung allerdings keine Rede sein. Die Islamistenmiliz, die bedauerlicherweise zum Synonym für den Libanon geworden ist, hat sich bestens auf einen israelischen Angriff vorbereitet. Sollte es zum Schlimmsten kommen, wird dieser Krieg nicht schnell entschieden, sondern mit grösster Härte ausgetragen werden.

Seit dem 7. Oktober, dem Tag des Terrorangriffs der Hamas auf den Süden Israels, zeichnet sich das Schreckensszenario ab. Die Gegner scharmützeln seit Monaten in täglicher Routine, werden zunehmend risikofreudiger, heizen die Stimmung an. Israels Verteidigungsminister droht, den Libanon «in die Steinzeit zu bomben», Hizbollah-Chef Hassan Nasrallah und seine Genossen in Teheran warnen den jüdischen Staat vor einem «Vernichtungskrieg». Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass bald gekämpft wird, dass Bomben auf Beirut fallen, Raketen nach Tel Aviv und Haifa fliegen, dass neben Soldaten und Hizbollah-Kämpfern auch viele Zivilisten ihr Leben lassen werden.

Krieg ist schrecklich, ist niemals wünschenswert. Aber in dieser verfahrenen Situation wirkt er beinahe unausweichlich. Eine militärische Konfrontation zwischen dem jüdischen Staat und den schiitischen Militanten steht seit Jahren an der Wand geschrieben. Die Hizbollah wurde allein dafür Ende der Achtzigerjahre unter iranischer Ägide gegründet. Aus israelischer Sicht spricht manches dafür, den Kampf gegen die Hizbollah besser jetzt als in einigen Jahren zu führen.

Teile Israels sind unbewohnbar

Der 7. Oktober hat Israels Hizbollah-Problem, das am Ende ebenso Israels Iran-Problem ist, wieder ganz nach oben auf die Tagesordnung gebracht. Wegen des Beschusses, den die mit der Hamas verbündete libanesische Terrororganisation direkt nach dem 7. Oktober begonnen hat, musste die Bevölkerung in Sicherheit gebracht werden, das nördliche Grenzgebiet Israels ist seit knapp neun Monaten unbewohnbar. Da es kein Staat hinnehmen würde, dass ein Teil seines Territoriums zur No-go-Area für die eigenen Bürger wird, legt allein dies ein umfassendes militärisches Vorgehen Israels nahe.

Was immer man von der oft skandalösen und verurteilenswerten Politik Israels gegenüber den Palästinensern hält – keiner sollte den Fehler machen, die Hizbollah nur aus dem Blickwinkel des aktuellen Gazakonflikts zu betrachten. Die Islamische Republik Iran als erbitterter Antipode Israels hat über Jahrzehnte ihre «Achse des Widerstands» geschmiedet, im Streben nach Vormacht im Nahen Osten und in stetiger Frontstellung gegen Israel. Teheran hat dafür neben der Hizbollah andere kampfstarke Milizen aus arabischen Staaten eingebunden: etwa die Huthi in Jemen, die derzeit die Schifffahrt im Roten Meer mit Raketen terrorisieren.

Der wichtigste Stein auf dem iranischen Schachbrett bleibt aber die Libanesenmiliz. Sie hat fast 150’000 Raketen, Zehntausende Kämpfer und die mit ihr sympathisierenden, über Jahrzehnte indoktrinierten Schiiten im Libanon. Dazu kommt eine hervorragende militärische Infrastruktur mit Bunkern, Tunneln und Arsenalen entlang der israelischen Grenze. Die Hizbollah als Partei und Wohlfahrtsorganisation ist der wirkmächtigste politische Faktor im multiethnischen, vom Bürgerkrieg geschädigten Libanon. Weder die Regierung noch die schwache Armee haben dem etwas entgegenzusetzen: Teheran und die Hizbollah haben das Land schon vor Jahren als Geisel genommen.

Krieg mit dem Iran im Wartestand

So scheint ein Krieg Israels gegen die Hizbollah unvermeidlich zu sein, ob er nun morgen beginnt oder in sechs Monaten. Die Folgen für den Nahen Osten wären gleichwohl katastrophal. Der Iran würde sich wahrscheinlich einmischen: Teheran ist mithilfe all seiner Milizen ohnehin im Spiel, mit seinem Raketenarsenal könnte es aber auch offen als Kriegspartei eingreifen.

Ohnehin ist ein Krieg zwischen dem Iran und Israel nur im Wartestand. Für Jerusalem stellt sich lediglich die Frage nach dem Zeitpunkt: Teheran verstärkt sein Atomprogramm, arbeitet praktisch unverhohlen an der Bombe. Wer an dieser Stelle auf die Kraft der Diplomatie verweist, muss auch erklären, womit die Hizbollah für ein Zurückweichen von der israelischen Grenze – hinter die von den Vereinten Nationen 2006 gezogene Linie jenseits des Litani-Flusses – gewonnen werden könnte. Die Einhaltung dieser Sicherheitszone wäre für Hizbollah-Chef Nasrallah und die Mullahs in Teheran ein enormer Gesichtsverlust. Und zudem: Die Hizbollah verlöre ihr wichtigstes Faustpfand – die Bedrohung Israels.