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Assads Sturz in Syrien
Der General, der offen über die Schwäche des Iran spricht

Ayatollah Ali Khamenei spricht auf einer Ausstellung der Revolutionsgarde über Luft- und Raumfahrtleistungen in Teheran.
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In Kürze:
  • Ein iranischer General sprach in Teheran ungewohnt offen über den Sturz des Assad-Regimes.
  • Er offenbarte das militärische Scheitern des Iran in Syrien.
  • Israels militärische Überlegenheit zwingt den Iran, Rachepläne einzustellen.
  • Der Iran hofft, durch Chaos im Nahen Osten wieder Einfluss zu gewinnen.

In der Islamischen Republik kommt es vor, dass Generäle in Moscheen reden. Seltener ist es, dass sie dabei auch etwas sagen. Behrouz Esbati war an Silvester offenbar nach einer solchen Ausnahme, das haben iranische Medien dieser Tage berichtet. Esbati, ein prominenter Kommandeur, war in die Valiasr-Moschee in der Teheraner Innenstadt gekommen, nicht weit vom Präsidentenpalast. In der Moschee wollte Esbati über den Sturz des Assad-Regimes in Syrien sprechen, das Ende eines der wichtigsten Verbündeten des Iran. Also in der Zeit vor dem 8. Dezember.

Esbati war zuständig für die iranischen Militäroperationen in Syrien. Er sei erst am letzten Abend ausgereist, sagte er, einen Tag bevor Damaskus an die Rebellen fiel. Und wohl nur Stunden bevor auch Bashar al-Assad, der Staatschef, flüchtete. «Wir wurden besiegt», sagte Esbati jetzt in der Moschee in Teheran. «Heftig besiegt. Wir haben einen schweren Schlag erlitten.» Darauf, «Syrien zu verlieren», sei er «nicht stolz».

Diese Offenheit ist ungewöhnlich. Das iranische Regime tat nach Assads Ende so, als habe es mit der Lage in Syrien wenig zu tun. Das syrische Volk müsse nun über seine Zukunft entscheiden, hiess es aus Teheran. Dabei hatten die Iraner ihren Einfluss in Assads Syrien über viele Jahre aufgebaut. Sie hatten viel investiert, damit sich der Diktator an der Macht hielt. Die Auslandstruppen der Revolutionsgarden kämpften in Syrien gegen die dortige Opposition und blieben bis zum Schluss.

Die «Achse des Widerstands» des Iran ist ohne Syrien nicht handlungsfähig

Unter Assad war Syrien die Drehscheibe für die iranische Waffenhilfe an Hizbollah und Hamas; ein wichtiges Mitglied der iranisch geführten «Achse des Widerstands» also, des Bündnisses, mit dem der Iran den Nahen Osten dominieren wollte. Der Einfluss des schiitischen Iran war in Syrien, dem mehrheitlich sunnitischen Land, vielen verhasst. Sie wussten dort, dass Assad ohne die iranische Hilfe kaum so lange an der Macht geblieben wäre.

Als die Rebellen nach Damaskus kamen, war eines ihrer ersten Ziele deshalb die iranische Botschaft. Nicht nur die Rebellen selbst, auch wütende Zivilisten stürmten und plünderten die iranische Vertretung. Sie galt ihnen fast so sehr als Symbol von Assads Macht wie dessen eigener Palast. Nicht einmal auf Russland, Assads zweiten Verbündeten, ist der Hass so gross wie auf das iranische Regime.

Mit dessen Präsenz in Syrien ist es also bis auf weiteres vorbei. Ohne Syrien ist die «Achse» kaum handlungsfähig, und die Niederlage des Iran dort war nur die letzte im Lauf des vergangenen Jahres. Hinzu kommt der israelische Sieg über die Hizbollah, eine weitere, zentrale Verbündete. Die ganze iranische Strategie gegenüber Israel, also das Land einer ständigen Bedrohung auszusetzen, ist innerhalb weniger Monate implodiert.

Aus der angekündigten Rache des Iran an Israel wird nichts

Behrouz Esbati, der General, legte nun offen, wie frustriert sie auch innerhalb der iranischen Führung sind. Ob der Iran noch einen Vergeltungsschlag auf Israel plane, wollte jemand aus dem Publikum in der Moschee wissen – eine Reaktion auf die israelischen Luftangriffe im Oktober? Über Monate hatten sie in Teheran genau das angekündigt: Rache. Selbst einen Namen für die Operation hatten sie schon, «Wahres Versprechen III» sollte sie heissen, weil es der dritte iranische Raketenangriff auf Israel gewesen wäre.

Ein solcher Vergeltungsschlag aber sei derzeit, «angesichts der Situation», nicht machbar, sagte General Esbati. So klar hat im Iran bisher niemand ausgesprochen, dass Israel das Land militärisch überflügelt hat; schon gar keiner der hochrangigen Generäle. Deren Aufgabe ist in Teheran gewöhnlich das Drohen, nicht das Eingestehen von Schwäche. Dass Esbati dies in aller Öffentlichkeit tat, kann man als Kritik am obersten Führer sehen.

Ayatollah Ali Khamenei hat zwar die Macht des Militärs immer gefördert, er hat die Revolutionsgarden zur mächtigsten Institution innerhalb der Islamischen Republik gemacht. Im vergangenen Jahr allerdings war er zögerlich, was das Vorgehen gegen Israel betrifft.

Aus dem Konflikt, der mit dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 begann, wollte er den Iran heraushalten. Er reagierte erst, als die iranische Macht in der Region akut bedroht war – und nun, da Israel und die syrischen Rebellen diese Macht gebrochen haben, reagiert er gar nicht mehr. Auch, weil ihm nicht viele Möglichkeiten bleiben.

Chaos als letzte Hoffnung der iranischen Führung

Israel hat im Oktober einen Grossteil der iranischen Luftabwehr zerstört. Das Land besitzt kaum eine Luftwaffe, zur Abschreckung bleiben im Wesentlichen die selbst entwickelten Raketen. Bisher konnten sie in der Führung implizit mit dem Bau einer Atombombe drohen, aber zu den israelischen Erfolgen kommt die Furcht vor der anstehenden Trump-Präsidentschaft: Wenn die USA wollten, könnten sie das Nuklearprogramm wohl militärisch, mithilfe von Luftschlägen, beenden.

Unter der bisherigen US-Regierung war das ausgeschlossen. Jetzt aber könnte Israels Premier Benjamin Netanyahu seinen Freund Donald Trump dazu drängen. Wie der darüber denkt, wissen sie auch im Iran nicht, nur, dass all ihre Drohungen zunehmend ins Leere laufen. Und dass Israel im Nahostkonflikt auch schon vor Trumps Amtsantritt immer weiter gegangen ist – ein Angriff aufs iranische Nuklearprogramm wäre jedenfalls der logische nächste Schritt.

Behrouz Esbati sprach in der Moschee über eine alte iranische Stärke: das Spiel mit dem Chaos. «Wir können in Syrien vorgehen wie früher anderswo», sagte er, also wie im Irak nach dem Einmarsch der US-Armee. Wo immer Chaos ausbrach, sei es im Irak, in Syrien oder im Libanon, infiltrierte das iranische Regime die Länder. In Syrien liessen sich «Widerstandszellen aktivieren», sagte Esbati. «Wir haben damit schon angefangen.» Chaos als letzte Hoffnung der iranischen Führung – im Ausland, versteht sich, nicht zu Hause.

In seiner Rede ging Esbati dann noch, ohne es auszusprechen, auf die Angst ein, die der Umsturz in Syrien den iranischen Machthabern macht. Er erklärte die Gründe für Assads Sturz: An dessen mangelnder Reformfähigkeit habe es gelegen, an der Unterdrückung im Land, an der Korruption und an der Wirtschaftskrise. Der General in der Moschee klang, als spräche er über die Lage im Iran.