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Pierre Maudet vor Gericht
«In jedem Magistraten steckt ein Mensch»

Der Genfer Staatsrat Pierre Maudet sagte vor Gericht, er habe mit seiner Reise nach Abu Dhabi die Beziehungen nach Genf wieder stärken wollen.
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In Strafprozessen ist die Lebenssituation eines Angeklagten in der Regel rasch abgehandelt. Nicht so im Fall des Genfer Staatsrats Pierre Maudet. Dieser steht in diesen Tagen wegen einer Luxusreise an den Formel-1-Grand-Prix von Abu Dhabi vor Gericht. Maudet durfte sich am Dienstag minutenlang über sein Leben und sein Befinden äussern. «In den vergangenen drei Jahren habe ich diese Tortur durchlebt, für die ich grösstenteils selbst verantwortlich bin», so der 42-Jährige.

Die «finale Phase» seiner Strafsache sei nun angebrochen, und er sei ungeduldig, seine Sicht der Dinge zu schildern, sagte Maudet zu Gerichtspräsidentin Sabina Mascotto. Er bedaure, dass während der Strafuntersuchung ständig Informationen an die Presse gelangten. Bedauern äusserte er auch darüber, «Kollateralschäden» verursacht zu haben. Wen und was er damit meinte, blieb offen. Maudet beteuerte, er habe «eine innere Reise angetreten, und das ist in meinem Fall nicht natürlich». Doch heute sei ihm klar: «In jedem Magistraten steckt ein Mensch.»

«Ich hatte keine Agenda, und ich ging keine Verbindlichkeiten ein.»

Pierre Maudet, Genfer Staatsrat

Zu einer neuen Einsicht gelangte der 42-Jährige auch in einem anderen Punkt. «Ich war als Staatsrat nach Abu Dhabi eingeladen, folgte aber keiner Agenda, ging keine Verbindlichkeiten ein und hatte auch nicht das Gefühl, den Leuten etwas schuldig zu sein», sagte Pierre Maudet am Dienstag vor Gericht. Er habe es «als Ehre empfunden», Genf am diplomatischen und sportlichen Treffen rund um den Grand Prix zu vertreten. Bislang hatte Maudet stets betont, der Trip nach Abu Dhabi sei eine Privatreise gewesen, wie dies am Montag Maudets ehemaliger Stabschef dem Gericht versicherte, der mit Maudet und dessen Familie im November 2015 in den Wüstenstaat gereist war. Zur Version mit der Privatreise habe er darum gegriffen, um seine Familie zu schützen, so der 42-Jährige.

Die Sache mit der Polizei

Die Frage, um die sich im Strafprozess gegen Pierre Maudet alles dreht, bleibt dieselbe: Hat er in seiner Rolle als Staatsrat Gegenleistungen erbracht oder geplant, solche zu erbringen? Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall klar. Sie bezichtigt Maudet unter anderem, er habe mit den Behörden in Abu Dhabi vor und nach der Reise eine Polizeikooperation aufbauen wollen. Vom Projekt hätte bloss die Polizei in Abu Dhabi profitiert, heisst es in der Anklageschrift.

Maudet wiederum versicherte vor Gericht, er habe nie eine Polizeikooperation geplant. Vielmehr habe er «eine kleine Delegation von Polizisten aus Abu Dhabi nach Genf einladen wollen», damit sich diese hätten vergewissern können, dass Genf keine Sicherheitsprobleme habe. Im Wüstenstaat habe nämlich der Eindruck bestanden, Genf habe Probleme mit der Kriminalität. Wegen der Ängste hätten die stets engen Beziehungen zwischen Genf und den Vereinigten Arabischen Emiraten an Intensität verloren. «Es kamen immer weniger Touristen nach Genf», so Maudet. 2015 habe er die Beziehungen mit einem Besuch vor Ort wieder auffrischen und intensivieren wollen.

Wenig Transparenz schuf der Staatsrat bei der Frage nach der Finanzierung der Reise. Die Staatsanwaltschaft geht für Maudet und seine Familie von Reisekosten von über 50’000 Franken aus. Maudet selbst berechnete 10’000 Franken. «Eine offizielle Einladung hat keinen Preis. Die Reise kann darum nicht beziffert werden», versicherte Maudet Gerichtspräsidentin Mascotto. Vor seiner Abreise nach Abu Dhabi hatte er dem Staatsratspräsidenten François Longchamp noch versichert, er zahle die Reise selbst. In diesem Moment soll er gemäss der Anklageschrift bereits gewusst haben, dass die Herrscherfamilie in Abu Dhabi die Reisekosten trug, ihn also eingeladen hatte.