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Impfpflicht im globalen Vergleich
In diesen Ländern ist Impfen obligatorisch

Papst Franziskus besucht die Impfkampagne im Vatikan.

Darf eine Regierung die Menschen dazu verpflichten, sich gegen Corona impfen zu lassen? Noch ist diese Idee für Politik und Behörden in der Schweiz ein Tabu. «Die Impfung gegen Sars-CoV-2 ist in der Schweiz freiwillig. Ein Impfobligatorium ist nicht vorgesehen», schrieb der Bundesrat in seiner Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss.

Mit den aktuellen Gesetzen liesse sich eine Impfpflicht auch nicht umsetzen. Das geltende Epidemiengesetz erlaubt ein Obligatorium nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen: etwa besonders gefährdete Menschen oder Angestellte speziell betroffener Branchen, beispielsweise Pflegerinnen und Pfleger.

Für das obligatorische Impfen wären also gesetzliche Änderungen notwendig. Trotzdem hat die Debatte die Schweiz erreicht. Gemäss einer CH-Media-Umfrage befürwortet eine Mehrheit der Bevölkerung eine Impfpflicht. Mitte-Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel brachte zuletzt ein Obligatorium für alle über 65-Jährigen ins Gespräch.

Nicht nur in der Schweiz wird das Thema kontrovers diskutiert. Eine Übersicht:

Deutschland

Die Ampel-Regierung ist fest gewillt, ein Impfobligatorium einzuführen. Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz spricht sich für eine allgemeine Impfpflicht aus, genauso wie die Grünen. Auch FDP-Chef Christian Lindner schwenkte auf Regierungslinie um, nachdem er sich lange dagegen gewehrt hatte. Die Grosse Koalition von Angela Merkel hatte eine Impfpflicht seit Beginn der Pandemie noch kategorisch ausgeschlossen.

Ein Gesetz soll im Bundestag beschlossen und spätestens bis Anfang März eingeführt werden. Wie das Impfobligatorium kontrolliert werden soll und wie hoch allfällige Bussen wären, ist noch offen.

Doch nicht nur die neue Regierung befürwortet das obligatorische Impfen, auch die Mehrheit der Bevölkerung hat die Geduld mit den Ungeimpften verloren: In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich Ende November über zwei Drittel für eine Impfpflicht aus.

Trotzdem muss die Ampel-Regierung mit Widerstand rechnen. Die laute Minderheit der Impfgegner radikalisiert sich zunehmend und hat zuletzt auch mit Aufmärschen vor Privathäusern versucht, Politikerinnen und Politiker einzuschüchtern. (Simon Widmer)

Österreich

Studenten präsentieren ihre Impfzertifikate an einer Schule in Wien.

Österreich kündigte bereits im November an, wegen der anhaltend niedrigen Immunisierungsbereitschaft eine allgemeine Impfpflicht einzuführen. Den Gesetzesentwurf haben die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne nicht allein erarbeitet, dabei waren auch zwei der drei Oppositionsparteien. Damit ist eine breite Mehrheit sicher, wenn über das Gesetz Anfang Januar abgestimmt wird.

Nur die FPÖ lehnte Gespräche über die Einführung einer Impfpflicht ab und führt die Proteste der Impfskeptiker an, die seit der Ankündigung einer verpflichtenden Impfregelung weiteren Zulauf erhalten haben. Vergangenes Wochenende waren allein in Wien rund 44’000 Menschen beteiligt.

Die Impfpflicht soll von Februar an für alle Österreicher ab 14 Jahren gelten. Es sind Strafen bis zu 3600 Euro vorgesehen. Impfen gilt als «tätige Reue», sodass Verfahren nach dem Stich eingestellt werden. Alle drei Monate werden das Melde- und das Impfregister abgeglichen und Ungeimpfte per Brief mit einem konkreten Terminvorschlag aufgefordert, sich immunisieren zu lassen. (Alexandra Föderl-Schmid)

Griechenland

Auch Griechenland hat eine Impfpflicht eingeführt. Sie gilt für Menschen über 60 Jahre. Die Entscheidung habe ihn «gequält», sagte Premierminister Kyriakos Mitsotakis Ende November. «Aber ich spüre eine schwere Verantwortung, den am stärksten Gefährdeten beizustehen, auch wenn ihnen das vielleicht vorübergehend missfällt.»

Von den über 60-Jährigen waren zu diesem Zeitpunkt nach Angaben des Gesundheitsministeriums noch mehr als eine halbe Million ungeimpft. Bis spätestens 16. Januar 2022 müssen sie nun ihren ersten Impftermin buchen.

Wer das versäumt, muss von da an jeden Monat 100 Euro Bussgeld zahlen – angesichts einer Durchschnittsrente von 730 Euro ein durchaus schmerzlicher Betrag. Die Oppositionspartei Syriza nennt die Massnahme «überzogen». (Benedikt Peters)

Vatikan

Impfen mit Segen: Papst Franziskus besucht das Impfzentrums des Vatikans.

Ein besonderer Fall ist der Vatikan. Dort reden sie nicht so gern von Impfpflicht, doch am Ende ist alles nur eine Frage der Deutung. Papst Franziskus ist ein überzeugter «Pro Vax». Die erste Dosis erhielt er Mitte Januar, am selben Tag wie sein emeritierter Vorgänger Benedikt XVI.

Noch wichtiger war, was der Papst in einem Video sagte: Impfen sei ein «Akt der Liebe» – Liebe zu sich selbst und vor allem Liebe zum Nächsten. Für die Angestellten des Kirchenstaats kommt der päpstliche Appell de facto einer Impfpflicht gleich: Der Vatikan ist eine absolute Monarchie. Was der Papst für richtig hält, ist Gesetz – und wer nicht folgt, muss auch schon mal mit Konsequenzen rechnen.

Im Herbst schieden drei Mitglieder der Schweizergarde, die sich nicht hatten impfen lassen wollen, aus dem Dienst aus. Die Spitze der Garde erklärte, die Männer hätten den Dienst «freiwillig» quittiert. Doch einer von ihnen erzählte dem schweizerischen Magazin «L’Illustré», sie hätten keine Wahl gehabt. (Oliver Meiler, Rom)

Indonesien

Bewohner von Surabaya, Indonesien, erhalten den Sinovac-Impfstoff in einem Impfzentrum auf einem Fussballfeld verabreicht.

Dass die Impfflicht kein Allheilmittel ist, zeigen Beispiele aus Asien. Indonesien hat im Februar eine Impfpflicht erlassen, ohne Debatte oder gar Abstimmung im Parlament. Sie gilt für alle, die vom Gesundheitsministerium als impffähig eingestuft werden. Ausnahmen gibt es nur mit ärztlichem Attest, ansonsten geht der Schutz der Gemeinschaft vor.

Wer sich nicht impfen lässt, kann mit Geldstrafen belegt werden und erhält nur noch beschränkt Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Krankenversorgung und Sozialhilfeleistungen wurden gestrichen, was ärmere Bevölkerungsgruppen trifft. Das Problem: Das Gesundheitssystem brach kurz darauf trotzdem zusammen, Menschen starben vor den überlasteten Krankenhäusern.

Pfleger und Ärzte, die nicht ausreichend geimpft waren, steckten sich in den Kliniken an, wurden krank oder starben ebenfalls. Die Regierung hatte gar nicht genug Vakzine parat, um die Impfpflicht umzusetzen. (David Pfeifer, Bangkok)

Turkmenistan

Ähnlich ist die Lage in Turkmenistan. Glaubte man den offiziellen Zahlen, so müsste man von einem zentralasiatischen Wunder sprechen: Bis Dezember hat es demnach keine einzige Corona-Infektion gegeben, keine Krankenhaus-Einweisung, keinen Covid-Toten. Die beeindruckende Zahl 0 steht in der Liste der WHO.

Trotzdem hat Turkmenistan schon im Juli die Impfpflicht für alle über 18 Jahren eingeführt. Beides – keine gemeldeten Fälle und die Impfpflicht ohne öffentliche Debatte – ist möglich, da Turkmenistan eine abgeschottete Diktatur ist. Eine Opposition gibt es nicht.

Wer sich einer Dosis der zugelassenen Impfstoffe Sputnik V sowie mehrerer chinesischer Vakzine verweigert, dem drohen Entlassung vom Arbeitsplatz und Geldstrafen. Durchgesetzt wird die Impfpflicht aber nur begrenzt: Nach WHO-Angaben sind bisher erst 53 Prozent aller Turkmeninnen und Turkmenen geimpft. Auch sonst spricht alles für eine düstere Lage. Die WHO hält die Darstellung einer Corona-freien Insel für eine Mär und rief erst vor wenigen Tagen die Staatsmacht auf, «aktiver nach Covid-19 zu suchen». (Frank Nienhuysen)

Südafrika

Einem Knaben in Sandton, Johannesburg, wird der Pfizer/Biontech-Impfstoff verabreicht.

In der Diskussion um die Impfpflicht gibt es in Südafrika Parallelen zu Europa. Im Frühjahr hatte Präsident Cyril Ramaphosa versprochen, dass sie nicht kommen werde. Damals gab es aber auch noch nicht die Omikron-Variante. Eine Expertengruppe soll nun Empfehlungen erarbeiten.

Viele südafrikanische Unternehmen und Institutionen wollen aber nicht mehr warten. Universitäten in Johannesburg und Kapstadt lassen Studenten ab dem kommenden Jahr nur noch geimpft auf den Campus.

Die Impfquote ist niedrig, erreicht wurden bisher nur etwa 40 Prozent, weil zuerst Impfstoff knapp war und mittlerweile die Skepsis gross ist. Aber nicht überall: Der Finanzdienstleister Discovery hat mittlerweile 94 Prozent seiner Angestellten geimpft. (Bernd Dörries, Kapstadt)

Hohe Impfquote in Spanien und Portugal ohne Impfpflicht

Könnten die Staatenlenker dieser Welt sich ein Volk zum Regieren aussuchen, sie würden womöglich auf der Iberischen Halbinsel landen. Portugal und Spanien sind in Sachen Impfquote europaweit Spitze – ganz ohne Impfpflicht. In Portugal sind 89 Prozent der Bevölkerung immunisiert und in Spanien 80 Prozent.

Auch die Kinderimpfungen stossen auf grosse Akzeptanz, die Quote bei den 12- bis 19-Jährigen liegt in Spanien bei 89 Prozent. Die Strategien beider Länder ähneln sich: Jeder Bürger bekommt vom staatlichen Gesundheitsdienst einen Impftermin zugeschickt und kann diesen bei Bedarf verschieben.

Wer sich nicht impfen lassen will, muss sich also aktiv dagegen entscheiden. Bei Spaniern und Portugiesen geniessen Impfungen generell grosses Vertrauen. Hinzu kommt, dass beide Länder von früheren Infektionswellen hart getroffen waren. (Karin Janker, Madrid)