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Pandemie in Serbien
Impfmuffel kommen an die Kasse

Zuckerbrot und Peitsche: Der serbische Präsident Aleksandar Vucic (hier mit einer Dosis des Sputnik-Impfstoffs) verfolgt eine rabiate Impfpolitik. 
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Wenn Aleksandar Vucic Vorschläge macht, werden sie schnell umgesetzt. Kaum hatte Serbiens Präsident der Regierung vorgeschlagen, sie möge eine Impfprämie und eine Kürzung des Krankentaggelds für Impfmuffel beschliessen, schon waren die Vorschläge Regierungspolitik.

Seit Beginn der Corona-Pandemie entscheidet Serbiens Präsident, wo welche Impfstoffe eingekauft werden, ob das Land in einen strengen Lockdown einschliesslich Ausgangssperre auch am Tag geschickt wird oder ob im Gegenteil fast alle Einschränkungen aufgehoben werden.

Mit vier Impfstoffen – Biontech, Sputnik, dem chinesischen Sinopharm und dem indischen AstraZeneca-Lizenzimpfstoff Covishield – impfte das 6,8 Millionen Einwohner kleine Serbien sich in Europa ab Januar an die Spitze hinter England. Zuletzt aber erlahmte der Impfeifer. Bis zum 5. Mai bekamen gut 1,6 Millionen Serben beide Impfdosen, nur gut 400’000 mehr als einen Monat zuvor. Weitere gut 450’000 Serben haben zumindest eine erste Impfdosis bekommen.

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Verschwörungstheorien, denen zufolge Impfstoffe das Erbgut veränderten, zu Sterilität bei Männern oder Unfruchtbarkeit bei Frauen führen, sind verbreitet – selbst unter medizinischem Personal. Im 70’000-Einwohner-Städtchen Novi Pazar gab der Chef des Gesundheitsamts, Šefadil Spahić, einer Tageszeitung zu Protokoll, in zwei Spitälern und der Poliklinik seien bis jetzt nur 40 Prozent der Ärzte und Krankenschwestern geimpft.

Im November 2020 überlegte die Regierung, das Infektionsgesetz zu ändern und nach Impfungen gegen Tuberkulose oder Diphtherie auch Covid-Impfungen zur Pflicht zu machen. Doch sie liess den Plan fallen, wahrscheinlich wegen der geringen Chance auf Kontrolle und Durchsetzbarkeit. Stattdessen ersann Vucic nun, Impfmuffeln unter Beamten und Staatsangestellten solle das Krankentaggeld um gut ein Drittel gekürzt werden, wenn sie an Covid erkrankten. «Das ist nicht nur fair, sondern mehr als fair», so Vucic.

Schon tags darauf meldete die Regierung Vollzug: Seit dem 6. Mai kann sich jeder Serbe auch ohne die bisher notwendige Anmeldung per Internet oder Telefon in Sonderimpfstationen impfen lassen – und soll dafür, wenn er dies bis spätestens zum 31. Mai tut und seine Impfung im Internet registriert, bis zum 20. Juni eine Geldprämie von 3000 Dinar bekommen, umgerechnet knapp 28 Franken. Eine durchaus ansehnliche Summe in Serbien, wo viele arbeitslos sind oder nur umgerechnet knapp 330 Franken im Monat verdienen.

Mit Gutscheinen gelockt

Vor dem Belgrader Einkaufszentrum Usce bildeten sich zu Beginn der Sonderimpfaktion lange Schlangen: Denn die ersten 100 Geimpften bekamen zusätzlich zur Geldprämie noch einen Einkaufsgutschein. Auch an den Folgetagen wurden so täglich Hunderte weitere Impfwillige allein in dieses Einkaufszentrum gelockt. Auch aus dem kleinen Novi Pazar meldet der Chef des Gesundheitsamts nun tägliche Rekordimpfzahlen.

Von einer Impfhäufigkeit von 50 bis 70 Prozent der Bevölkerung, wie sie etwa Virologen für eine weitgehende Immunisierung der Bevölkerung für notwendig halten, ist Serbien freilich noch weit entfernt. Nicht nur Unkenntnis oder Verschwörungstheorien spielen bei Impfgegnern eine Rolle, sondern auch die Politik.

Der unpopuläre Präsident

Viele Serben, die den oft autokratisch regierenden Präsidenten Vucic ablehnen, lehnen deshalb prinzipiell auch die von ihm propagierten Covid-Impfungen ab. Zumindest im Herbst 2020 gaben 48 Prozent der Wähler serbischer Oppositionsparteien bei einer Umfrage an, sie wollten sich unter keinen Umständen gegen Covid-19 impfen lassen. Immerhin fallen die Ansteckungszahlen deutlich: von über 5000 Neuinfizierten täglich Anfang April auf nur noch 834 am Samstag vergangener Woche.