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Meinung

Im Nahen Osten steht eine neue Eskalation bevor

Ein Protestler schleudert einen Stein in Richtung der US-Botschaft in Bagdad. Foto: Keystone
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Die letzten Tage des vergangenen Jahres gaben einen Vorgeschmack darauf, was 2020 im Nahen Osten bevorsteht: eine weitere Eskalation zwischen Iran und den USA. Die Kriegsgefahr ist unvermindert hoch, wie die schnelle Abfolge der jüngsten Ereignisse zeigt: Am Freitag verübte eine von den Revolutionsgarden gesteuerte irakische Miliz einen tödlichen Angriff auf einen US-Stützpunkt bei Bagdad, am Sonntag reagierte Präsident Donald Trump mit massiven Luftschlägen, und am Dienstag stürmten dann proiranische Demonstranten die amerikanische Botschaft in Bagdad.

Mit dem Angriff auf den US-Stützpunkt hat die Kataib Hizbollah, die von den USA als Terrorgruppe eingestuft wird, bewusst eine rote Linie überschritten. Denn Trump hatte zuvor wiederholt klargestellt, dass er beim Tod von US-Bürgern zurückschlagen werde – anders als etwa beim Abschuss einer US-Drohne. Kataib Hizbollah wagt eine derartige Provokation nicht, ohne dass sie in Teheran von höchster Stelle gebilligt wurde. Ihr eigentlicher Kommandeur ist Qassim Soleimani, der Revolutionsgarden-General, der auch Irans Regionalpolitik bestimmt.

Eskalation ist kein Zufall

Seit Monaten gibt es immer wieder Attacken auf die US-Truppen im Irak, und es ist kein Zufall, dass der Iran jetzt die Eskalation treibt: Die Proteste im eigenen Land, bei denen das Regime Hunderte Demonstranten getötet hat, sieht die Führung ebenso als ausländisches Komplott wie die Volksaufstände in Libanon und im Irak, dessen Regierungen massgeblich von Teheran installiert wurden.

Die Proteste im Iran und dem, was das Regime als seinen Hinterhof betrachtet, stellen den Machtzuwachs der Islamischen Republik infrage und auch die Investitionen, die Teheran dafür getätigt hat. Irans Oberster Führer Ali Khamenei hat jedoch verdeutlicht, dass er alles tun werde, um den Einfluss Irans als Regionalmacht zu wahren.

Dabei wähnte der Iran sich schon als Sieger der geopolitischen Auseinandersetzung mit den USA: In Syrien wird Baschar al-Assad an der Macht bleiben, im Irak und in Libanon gewann Teheran die Oberhand. Währendessen erlebt Irans Rivale Saudiarabien in Jemen sein Vietnam. Und in Afghanistan will Trump lieber heute als morgen abziehen. Die Liste liesse sich fortsetzen.

Das Risiko von Fehlkalkulationen steigt

Den Irak stürzt dieses Ringen zwischen den USA und Iran in eine existenzielle Krise – ähnlich wie 2014, als die Terrormiliz Islamischer Staat das halbe Land überrannte. Die Regierung ist nicht handlungsfähig, auf Iran angewiesen, aber auch auf die USA. Das Land aber ist einer Zerreissprobe ausgesetzt und ein neuer Bürgerkrieg nicht auszuschliessen. Die Jihadisten lauern auf ihre Chance.

Auch weltpolitisch dreht sich die Spirale: Der Iran wird weiter vom Atomabkommen abrücken, die Europäer werden sich bald zu einer Reaktion gezwungen sehen. Die Hardliner in Teheran wetten darauf, dass Trump im amerikanischen Wahljahr eine militärische Auseinandersetzung im Nahen Osten mit unberechenbaren Weiterungen um fast jeden Preis vermeiden will. Sie sehen darin die Chance, den Abzug der USA aus dem Irak zu erzwingen. Das erhöht das Risiko verhängnisvoller Fehlkalkulationen auf ein sehr gefährliches Mass.

Und Trump, der ohnehin zu impulsivem Handeln neigt, sieht sich erstmals in seiner Präsidentschaft mit simultanen Grosskrisen konfrontiert: Nordkoreas Diktator Kim Jong-un schwört sein Land gerade auf Konfrontation ein. Keine beruhigenden Aussichten für das neue Jahr.