Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Trumps Angst vor einem neuen Fiasko

Donald Trump kam mit First Lady Melania erst kurz vor Mitternacht zur Silvester-Feier in seinem Resort Mar-A-Lago in Florida und musste dort die Fragen der Journalisten beantworten. Foto: Keystone
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Auf Donald Trumps Plan für Silvester stand eine Runde auf seinem Golfplatz in Florida und eine anschliessende Feier in seinem Resort Mar-A-Lago, mit Gästen, die 1000 Dollar dafür bezahlt hatten, zum Jahreswechsel im gleichen Ballsaal anzustossen wie der Präsident der Vereinigten Staaten. Happy New Year.

Doch dann, als Trump schon im weissen Polo-Shirt im Golfclub eingetroffen war, erreichten ihn die Bilder aus Irak. Sie zeigten wütende Demonstranten, die vor der US-Botschaft in Bagdad «Nieder mit Amerika» schrien und die Aussenmauer der schwer bewachten Anlage in Brand steckten. Drinnen verschanzten sich die US-Diplomaten in Schutzräumen, und einige Stunden lang war nicht klar, ob sie selbst dort noch sicher waren. Der Oberbefehlshaber beim Abschlag auf dem Golfplatz? Daran war jetzt nicht mehr zu denken.

Als sich Trump dann aber kurz vor Mitternacht doch wie vorgesehen in Mar-A-Lago blicken liess, nun im Smoking mit Fliege, hatte sich die Lage in Bagdad fürs Erste etwas entspannt. Zumindest gab sich der Präsident Mühe, diesen Eindruck zu erwecken.

Die Situation vor der Botschaft sei unter Kontrolle, sagte er zu den Journalisten. «Wir haben einige unserer besten Krieger dort. Sobald wir sahen, dass es ein Problem geben könnte, sind sie reingegangen, und es gab überhaupt kein Problem mehr.» Er dankte der irakischen Regierung, die sich für den Schutz der Botschaft eingesetzt habe, und als er nach einem möglichen Krieg mit Iran gefragt wurde, sagte er: «Das sehe ich nicht. Ich will Frieden.» Dann entschwand er Richtung Ballsaal.

----------

Irans Regierung bestellt Schweizer Botschafter ein

Der Sturm auf die US-Botschaft in Bagdad hat Folgen für die offizielle Schweiz. Das EDA bestätigt Berichte aus dem Iran. (zum Artikel)

----------

Weitere Soldaten in die Region

Auch wenn es ihm anders lieber gewesen wäre: Das neue Jahr hat für Trump mit einer handfesten aussenpolitischen Krise begonnen. Die Lage in Bagdad war nur deshalb «kein Problem» mehr, weil die US-Streitkräfte notfallmässig 100 Marineinfanteristen entsandt hatten, um die aufgebrachte Menge daran zu hindern, weiter ins Innere der Botschaft vorzudringen. Hinzu kamen die Kampfhubschrauber, die über der Stadt kreisten und Signalraketen abfeuerten (zum Bericht).

Noch in der Silvesternacht kündigte US-Verteidigungsminister Mark Esper an, 750 zusätzliche Truppen nach Nahost zu verlegen. Medienberichten zufolge könnten ihnen in den kommenden Tagen 3000 weitere Soldaten folgen. Sie dürften in Kuwait stationiert werden, um von dort aus eingreifen zu können, wenn die Lage erneut eskaliert.

Aufnahmen von Marines aus dem Innern der US-Botschaft zeigen, wie Molotowcocktails Brände auslösen. Video: US Marine Corps via Storyful

Die Spirale dreht schon längst

Und eskalieren, das könnte sie jederzeit. Der versuchte Sturm auf die Botschaft war eine Reaktion auf die US-Luftschläge in Irak, bei denen am Sonntag 25 Kämpfer einer Miliz getötet worden waren. Die USA machen die von Iran unterstützte Miliz wiederum für einen Raketenangriff auf einen Militärstützpunkt im Nordirak verantwortlich, bei dem einige Tage zuvor ein US-Zivilbeschäftigter getötet und vier US-Soldaten verletzt worden waren.

Die Spirale dreht also schon längst, und an Silvester stellte Trump klar, dass er das iranische Regime auch für den Angriff auf die US-Botschaft verantwortlich macht. «Sie werden dafür einen HOHEN PREIS bezahlen!», twitterte er. «Das ist keine Warnung, es ist eine Drohung.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Erinnerungen an Benghazi

Für das rasche Eingreifen der US-Streitkräfte und für Trumps Töne gibt es eine Erklärung: Benghazi. 2012 stürmten bewaffnete Islamisten in der libyschen Hafenstadt das US-Konsulat und töteten den Botschafter sowie drei weitere Amerikaner. Die Republikaner machten aus Benghazi fortan eine Chiffre für das von ihnen behauptete Versagen der Regierung Barack Obamas, die Interessen der USA im Ausland zu schützen.

Der heutige Aussenminister Mike Pompeo verdankt seinen politischen Aufstieg zu guten Teilen der Unerbittlichkeit, mit der er das Thema als Kongressabgeordneter beackerte. Auch Trump selbst schlachtete den Vorfall in Benghazi während seines Wahlkampfs aus, um seine Rivalin Hillary Clinton zu kritisieren, die 2012 als Aussenministerin diente. Bloss kein zweites Benghazi: Das ist Trumps Ziel. «Dies wird niemals ein weiteres Benghazi werden», sagte er in der Silvesternacht.

Demütigung in Teheran

Es gibt aber auch noch einen zweiten Vergleich, der seit den Ereignissen in Bagdad die Runde macht: Teheran. 40 Jahre ist es her, seit iranische Demonstranten die US-Botschaft in der iranischen Hauptstadt stürmten und mehr als 50 Amerikaner in Geiselhaft nahmen.

444 Tage dauerte die Besetzung an, es war eine Demütigung für Amerika, die für den damaligen Präsidenten Jimmy Carter mit der Abwahl endete. Der Demokrat hatte während der Krise in den Augen vieler Amerikaner Schwäche gezeigt, ein Fehler, den Trump nicht begehen will. Bloss kein zweiter Carter sein: Auch das treibt Trump um.

Kein Flächenbrand im Wahljahr

Deshalb steht er nun vor einem Problem. Fürs Erste mag sich die Lage in Bagdad beruhigt haben, aber was, wenn es zu neuen Spannungen kommt? Obwohl Trump immer wieder gesagt hat, dass er sich einen Abzug der USA aus Irak wünscht, befinden sich dort noch immer 5000 amerikanische Soldaten. Sie sind, wie zuletzt mehrere Vorfälle gezeigt haben, ein mögliches Angriffsziel für die von Iran unterstützten Milizen im Land.

Trump hat wiederholt angekündigt, auf Attacken mit Vergeltung zu reagieren, aber ihm ist klar, dass sich auch eine begrenzte militärische Reaktion rasch zu einem grossen Konflikt ausweiten kann. Deshalb sagte er, als der Iran im Juni eine US-Drohne abschoss, einen bereits vorbereiteten Luftschlag in letzter Minute ab. Einen neuen Flächenbrand in Nahost: Das will eigentlich niemand, schon gar nicht Trump, schon gar nicht im Wahljahr.

Folgen des «maximalen Drucks»

Doch zugleich scheint es eben auch nicht so, als würde die US-Regierung von ihrer Kampagne des «maximalen Drucks» abrücken, die sie nach dem Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Iran auf Teheran aufgesetzt hat. Es ist diese mit scharfen Sanktionen verbundene Kampagne, die von vielen in Washington für die derzeitigen Spannungen verantwortlich gemacht wird.

Der Versuch, das iranische Regime auf diesem Weg in die Knie zu zwingen, habe zu noch mehr Bedrohungen des internationalen Handels und zu noch mehr Angriffen in der Region geführt, sagte Senator Bob Menendez, ein führender Aussenpolitiker der Demokraten. Auch wenn es Trump sich anders wünscht: Die Lage im Irak wird in diesem Jahr womöglich noch einige seiner Pläne durchkreuzen.

----------

Podcast «Entscheidung 2020»

Hören Sie sich die neuste Folge des Podcasts «Entscheidung 2020» mit USA-Korrespondent Alan Cassidy und Philipp Loser auch auf Spotify oder iTunes an.

----------