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Premierskandidatin in Thailand
«Ich wünsche mir nur, dass ich nicht am Wahltag entbinde»

Thailand gilt als «fehlerhafte Demokratie», aber auch als vergleichsweise stabil und frei: Kandidatin Paethongtarn Shinawatra.
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Das Auffälligste an Paethongtarn Shinawatras Wahlkampf bisher ist wohl, dass etwas auffällt, was nicht mehr so sehr auffallen sollte in der heutigen Politik: Sie ist schwanger, im achten Monat, mit dem zweiten Kind. Sollte ihre Partei, die «Pheu Thai» wie prognostiziert am 14. Mai die Wahlen in Thailand gewinnen, könnte sie die jüngste Regierungschefin in Asien werden, sie ist 36. Und zugleich in Mutterschutz gehen. «Ich wünsche mir nur, dass ich nicht am Wahltag entbinde», sagte sie vergangene Woche in einem Interview mit dem US-Magazin «Time».

Paethongtarn Shinawatra besuchte Eliteschulen, bevor sie ein Jahr in Grossbritannien studierte. Sie sagt, sie war mehr am Feiern interessiert. «Wenn es Zeit zum Lernen war, habe ich viel gelernt», sagt sie. «Wenn nicht, habe ich überhaupt nicht gelernt.» Danach stieg sie ins Familienunternehmen ein und kümmerte sich um die Eröffnung von Luxus-Hotels.

Sie ist nur eine von drei Spitzenkandidaten ihrer Partei, aber ihr Gesicht ist überall in Bangkok plakatiert und sie trägt den prominentesten Namen. Ihr Vater Thaksin war ebenfalls Premierminister und wurde 2006 durch einen Militärputsch gestürzt. Ihre Tante Yingluck wurde 2014 als Premierministerin ihres Amtes enthoben. Seitdem regiert die Junta. So steht die reiche Paethongtarn Shinawatra auch für die Hoffnung, dass man nach fast zehn Jahren Militärregierung zu Reformen übergehen könnte.

Der Vater lebt im Exil in Dubai

Ihr Vater schaffte den Aufstieg vom Polizisten zum milliardenschweren Medienmogul. Er half dem Land ab 2001 als Premierminister aus der asiatischen Wirtschaftskrise, galt aber auch als Populist. Seit dem Coup lebt er im Exil in Dubai, doch bis heute hat er glühende Anhänger in Thailand. Entsprechend gross ist der Jubel, wenn Paethongtarn Shinawatra Wahlkampfauftritte absolviert. Sie hat über eine halbe Million Follower auf Instagram, während ihre Partei nur 29’000 zählt. Ihre Wahlversprechen bleiben wolkig, die Mindestlöhne sollen steigen, die Gesundheitsversorgung ausgeweitet und der öffentliche Nahverkehr subventioniert werden. So ähnlich versprechen das fast alle Parteien.

Auf ihrer Wahlkampf-Tour besucht Paethongtarn Shinawatra alte Tempel ebenso wie die technische Hochschule in Phichit. Sie isst gegrillte Fleischspiesschen und Papaya-Salat, so wie die meisten Thailänder sie am Strassenstand kaufen, dazu läuft Volksmusik. «Sie erinnern sich wahrscheinlich noch daran, wie wir durch den Putsch unserer Macht beraubt wurden», sagte sie bei einem Auftritt in Nonthaburi. «Keiner von uns will das mehr, richtig? Keiner von uns will mehr Putsche, nicht wahr?»

Ein manipuliertes System

Thailand gilt als «flawed democracy», fehlerhafte Demokratie, wegen der ständigen Interventionen des Militärs und weil progressive Parteien verboten werden. Gleichzeitig ist Thailand ein traditioneller Verbündeter der USA und gilt im südasiatischen Vergleich als stabil und relativ frei. «Wir müssen versuchen, das Land demokratischer zu machen», sagt Paethongtarn Shinawatra.

Nach dem jüngsten Coup änderten die Generäle 2016 die Verfassung und etablierten einen 250-köpfigen Senat, der von ihnen besetzt wurde. Dieser und die 500 Mitglieder des Repräsentantenhauses bestimmen den Premierminister. Shinawatra müsste mehr als 375 Sitze gewinnen. Es ist ein offensichtlich manipuliertes System, das «ich nicht wirklich als Demokratie bezeichnen kann», wie Paethongtarn Shinawatra sagt.

Doch unter ihrer Führung ist die Anziehungskraft der Partei «Pheu Thai» über ihr Kernland im Norden hinaus gewachsen. Sie zieht auch die unzufriedene städtische Jugend an und sogar Wähler im tiefen Süden, die keine Fans ihres Vaters waren. Der Wunsch nach einem Wandel in Thailand scheint gross zu sein. Und Paethongtarn Shinawatra sagt: «Ich habe keine Angst.»