«Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut»
Christian Wohlwend ist neuer Coach des HC Davos. Im Interview spricht er über diese Herausforderung.
Zunächst verabschiedete der HC Davos am Donnerstagmorgen das Trio, das den HC Davos im Playout-Final zum sportlichen Ligaerhalt gecoacoacht hatte: Harijs Witolinsch, Viktors Ignatjevs und Michel Riesen. Die beiden Letten verlassen den Schweizer Rekordmeister, Riesen hingegen nimmt wieder seine ursprüngliche Arbeit als Headcoach der Davoser Elite-Junioren auf.
Und kurz danach gab der HC Davos bekannt: Christian Wohlwend wird neuer Cheftrainer, einer seiner zwei Assistenten ist der Finne Waltteri Immonen, der zuletzt in Kloten und vorher neun Jahre in Zug dieselbe Funktion inne hatte. Wohlwend, bis Ende Saison noch Schweizer U20-Nationaltrainer und Assistent von Nationalcoach Patrick Fischer, weilt derzeit mit der A-Auswahl in Sotschi, wo die Schweiz sich auf die WM vorbereitet. Im Telefon-Interview äussert sich Wohlwend auch über seine Ideen bei der Ausländersuche und der Identität, die seine künftige Mannschaft haben soll.
Sie sprachen früher vom Traum, einst HCD-Trainer werden zu können. Fühlt sich der heutige Tag also an wie die Erfüllung dieses Traumes?
Absolut. Davos ist blau-gelb, wie der EHC St. Moritz! Ich war immer schon ein grosser HCD-Fan, habe seit 35 Jahren den Spengler Cup mitverfolgt. Für einen Eishockey spielenden Engadiner Buben ist das so sehr speziell, Trainer des grossen HCD zu werden.
Ihren Job beim Verband als Assistenztrainer der A-Nationalmannschaft machen Sie diese Saison aber noch zu Ende?
Logisch. Ich werde nach der WM so schnell wie möglich eine Wohnung in Davos suchen. Ich muss Ende Juni aus dem aktuellen Haus draussen sein, ich werde also ab dem 1. Juli in Davos wohnen.
Sie übernehmen einen Club, der seine schlechteste Saison seit dem Wiederaufstieg 1993 hinter sich hat.
Ja, das ist so.
«Rein vom Spielerpotenzial bin ich mehr als überzeugt, dass wir erfolgreich Eishockey spielen können.»
War das kein abschreckendes Argument?
Im Gegenteil. Wenn der HC Davos zuletzt weiterhin erfolgreich geblieben wäre, dann wären ja gar keine Änderungen vorgenommen worden. Dabei geht es gar nicht nur um den Headcoach-Posten, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Die ganzen Strukturen des HCD wurden nun hinterfragt. Die Erfolge zuvor haben diesen Prozess sicher etwas gelähmt. Eigentlich solltest du dich nach jeder Saison hinterfragen und schauen, wo du dich noch mehr verbessern kannst. Rein vom Spielerpotenzial bin ich mehr als überzeugt, dass wir erfolgreich Eishockey spielen können.
Man kann es auch umdrehen: Sie können nach der Playout-Final-Teilnahme des HC Davos fast nur gewinnen, kann es fast nur besser werden.
Das Ziel ist, ins Playoff zu kommen. Ich finde es eine gute Sache, dass unsere Meisterschaft mittlerweile so ausgeglichen ist, dass auch Teams wie der ZSC oder Davos das Playoff verpassen können. Ins Playoff zu kommen, wird also auch nächste Saison eine Challenge.
Sie folgen zwar auf Harijs Witolinsch. Verglichen werden Sie aber mit Arno Del Curto werden. Sie treten also in riesengrosse Fussstapfen eines Trainers, der 22 Jahre in Davos wirkte und sechs Meistertitel gewann. Wie gehen Sie damit um?
Ich habe allergrössten Respekt vor Arno. Er ist der Pionier für uns Schweizer Coaches. Er hatte eine unglaublich erfolgreiche Zeit in Davos. Aber all das ist Geschichte. Es bringt keinem etwas, darüber nachzudenken. Solche Vergleiche sind vielleicht für die Medien etwas, sie können diese Storys machen. Menschen vergleichen generell gerne. Ich bin diesbezüglich aber sehr locker drauf. Ich glaube an den Moment, in dem es zählt. Ich bin jetzt gerade bei der Nationalmannschaft und denke nicht die ganze Zeit an die Silbermedaille, die wir letztes Jahr gewannen. Die hängt irgendwo zuhause und erinnert mich, wenn ich sie sehe, an schöne Emotionen. Aber das ist es dann auch schon. Es nützt nichts, in der Vergangenheit zu leben. Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut. Ich bin der neue Cheftrainer des HC Davos und möchte mit viel Energie und Leidenschaft erfolgreich Eishockey spielen lassen.
Eine Identität zu haben, ist eine schöne Sache für einen Club. Der HCD hatte sie jahrelang unter Del Curto, auch wenn er sie zuletzt vielleicht verlor. Haben Sie sich darüber schon Gedanken gemacht? Welche Identität soll der HC Davos unter Christian Wohlwend haben?
Es ist nicht geschickt, die Identität vom Trainer abhängig zu machen. Auch wenn es beim HCD zuletzt wegen Arno so war. Aber die Identität sollte vom Club her kommen. Man sollte von der «Club-Identität» reden. Dazu braucht es dann den passenden Trainer, der diese Identität vorlebt. Und es braucht die passenden Spieler. Wenn wir von einer Identität reden, dann hat Davos schnelles und intensives Eishockey gespielt. Wir wollen wieder den Ruf haben, dass es für jeden Gegner extrem mühsam ist, gegen den HCD zu spielen.
«Wir möchten nun zwei Flügelstürmer suchen, die uns offensiv helfen können. Beim Toreschiessen haben wir Potenzial nach oben.»
Sportchef René Müller hat schon früh gesagt, dass bei den zwei noch zu verpflichtenden Ausländern der neue Trainer mitreden soll. Je ein Stürmer und ein Verteidiger oder zwei Stürmer? Was ist Ihre Präferenz?
Wir haben mit Verteidiger Magnus Nygren und Center Perttu Lindgren zwei Ausländer, von denen ich sehr überzeugt bin. Wir möchten nun zwei Flügelstürmer suchen, die uns offensiv helfen können. Beim Toreschiessen haben wir Potenzial nach oben. Das sieht man auch in der Nationalmannschaft. In diesem Bereich können die Schweizer, die in Nordamerika spielen, noch mehr den Unterschied ausmachen. Auch wenn man auf die Skorerliste unserer Meisterschaft schaut: Dort sind zuvorderst nach wie vor vor allem Ausländer zu finden.
Waltteri Immonen wird einer Ihrer beiden Assistenten sein. Wie gut kennen Sie ihn?
Waltteri ist seit über zehn Jahren in der Schweiz. Mit der Nationalmannschaft hatten wir uns regelmässig mit Trainern ausgetauscht, auch mit ihm. Er arbeitete zuvor jahrelang bei Jokerit Helsinki, dann neun Jahre in Zug. Er ist ein absoluter Spezialist, der auch charakterlich sehr gut zu mir passt. Er ist ein akribischer Arbeiter mit sehr viel Leidenschaft für den Sport.
Er als eher ruhiger, Sie als eher impulsiver Typ. Passt es darum?
Genau. Aber auch darum, weil wir viele gleiche Ansichten über das Eishockey und wie wir mit Spielern arbeiten wollen. Auch das ist sehr wichtig in einer Zusammenarbeit.
Beim HC Davos war immer die Rede von zwei Assistenten. Heute Donnerstag wurde vorerst mit Immonen nur einer kommuniziert. Was muss der Dritte im Bunde mitbringen, damit Ihre Arbeit als Trio funktioniert?
Wir haben ihn eigentlich schon …
Wer ist es denn?
Ich kann noch keine Namen nennen, solange nichts fix und unterschrieben ist. Das wäre nur spekulativ. Grundsätzlich wird es jemand sein, der mit den Stürmern arbeitet und Powerplay-Spezialist ist. Man redet meistens nur vom Headcoach. Ich bin aber überzeugt, dass du einen kompetenten und starken Coaching-Staff brauchst. Dazu gehört auch ein Goalie-Coach und ein Off-Ice-Coach. Für mich muss es so sein, dass wir zu fünft an einen Tisch sitzen und über jeden Bereich gemeinsam diskutieren und Entscheidungen treffen können.
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