Huthi-Rebellen drohen mit weiteren Angriffen auf Ölanlagen
Während die jemenitische Miliz weiterhin die Attacken auf saudische Förderanlagen für sich reklamiert, verschärft sich der Ton zwischen dem Iran und den USA.
Die Huthi-Rebellen im Jemen drohen mit weiteren Angriffen auf die saudiarabische Ölindustrie. Die Anlagen des staatlichen Öl-Konzerns Aramco seien nach wie vor ein Ziel, erklärte die Miliz am Montag. Sie könnten jederzeit angegriffen werden. Ausländer sollten das Gebiet verlassen. Die Huthi haben die Angriffe am Samstag auf zwei Ölraffinerien in Saudiarabien für sich reklamiert. Sie seien mit Drohnen verübt worden, die mit normalen und mit Düsenantrieben ausgestattet gewesen seien, teilte ein Sprecher der Aufständischen via Twitter mit. Er forderte Saudiarabien auf, seine «Aggression und Blockade des Jemen» zu beenden.
Die USA vermuten, dass der Huthi-Verbündete Iran hinter den Angriffe steckt. Die Islamische Republik weist die Vorwürfe zurück. Im Bürgerkriegsland Jemen kämpft ein von Saudiarabien geführtes Militärbündnis gegen die Huthis.
USA: Hinweise, dass Iran hinter Angriffen steckt
Die USA untermauerten am Montag ihren Vorwurf, dass der Iran hinter den Angriffen steckt. Der US-Regierung zufolge sind die Luftangriffe eher aus dem Iran oder Irak und nicht aus dem Jemen verübt worden. Auf Satellitenaufnahmen seien mindestens 17 Einschläge zu erkennen und diese seien durch Angriffe aus nördlicher oder nordwestlicher Richtung verursacht worden, berichtete die «The New York Times» am Sonntag (Ortszeit) nach einem Hintergrundgespräch mit US-Regierungsbeamten. Dies passe eher zu Angriffen aus dem nördlichen Persischen Golf, also dem Irak oder Iran, als zu Angriffen aus dem südlich von Saudiarabien gelegenen Jemen.
Ausserdem deute die Kombination aus vielen Drohnen und Raketen auf einen Grad an Umfang, Präzision und Finesse hin, der über die Fähigkeiten der Huthi-Rebellen allein hinausgehe, zitierte das Blatt einen US-Regierungsbeamten.
US-Aussenminister Mike Pompeo hat den Iran direkt für die Angriffe verantwortlich gemacht. Die Führung in Teheran bestreitet vehement jede Tatbeteiligung. Saudiarabien bezeichnete die Angriffe als «Terrorakt», hat aber den Iran bislang nicht direkt beschuldigt.
US-Präsident Donald Trump hat am Sonntag den Verantwortlichen für die Angriffe Vergeltung angedroht. Er machte jedoch keine direkten, sondern nur vage Angaben dazu, wen die USA für den Urheber halten. Trump schrieb auf Twitter: «Es besteht Grund zu der Annahme, dass wir den Täter kennen.» Die USA stünden Gewehr bei Fuss, warteten aber auf eine Bestätigung und auf Angaben der saudischen Führung, wen diese für den Angriff verantwortlich mache und unter welchen Bedingungen vorgegangen werden solle.
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Trump hatte im Juni bereits einmal einen Vergeltungsschlag gegen Teheran nach dem Abschuss einer US-Drohne geplant, diesen aber eigenen Worten zufolge kurz vorher abgeblasen. Der Konflikt zwischen dem Iran und der US-Regierung hat sich gefährlich zugespitzt, nachdem US-Präsident Donald Trump das internationale Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt und harte Wirtschaftssanktionen gegen das Land wie beispielsweise einen Ölboykott verhängt hatte. Teheran unterstützt nicht nur die Huthis im Jemen, sondern auch schiitische Milizen im Irak und im Libanon.
Trump gibt Reserven frei
Donald Trump hat die Freigabe nationaler Ölreserven im Falle von Engpässen bewilligt. Dies teilte der US-Präsident am Sonntagabend auf Twitter mit. Ausgehend von dem Angriff, «der sich auf die Erdölpreise auswirken könnte», habe er, falls erforderlich, die Freigabe genehmigt, twitterte er. Die Menge habe er noch nicht festgelegt. Aber sie werde ausreichend sein, «um die Märkte gut zu versorgen».
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Er habe zudem die zuständigen Behörden informiert, um die Genehmigungsverfahren für die Erdölpipelines in Texas und anderen Staaten zu beschleunigen. Die strategischen Erdölreserven der USA umfassen nach Angaben des US-Energieministeriums rund 630 Millionen Barrel. Saudiarabien produzierte der Opec zufolge im vergangenen Monat rund 9,8 Millionen Barrel Erdöl pro Tag. Zuvor hatte bereits das US-Energieministerium mitgeteilt, im Falle von Engpässen seien die USA zur Freigabe von Erdölreserven bereit.
Ölpreise steigen – zunächst jedoch keine Versorgungsprobleme
Am Montag waren in den ersten Handelsminuten die Preise für Öl bis zu 20 Prozent geklettert, bevor sie einen Teil des Anstiegs wieder abgaben. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 66,54 US-Dollar. Das waren 6,32 Dollar mehr als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um 5,29 Dollar auf 60,14 Dollar. In der Spitze hatten die Rohölpreise ein Viermonatshoch erreicht.
Die Energieagentur IEA in Paris sieht zunächst keine Versorgungsprobleme. Vorerst seien die Märkte gut mit reichlich kommerziellen Beständen versorgt. Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, rechnet damit, dass sich der Ölpreis nach einem kräftigen Anstieg voraussichtlich schnell wieder normalisieren werde. «Dauerhaft steigende Ölpreise und folglich Belastungen für die Konjunktur sind nur zu erwarten, wenn das Ölangebot tatsächlich dauerhaft verknappt wird», sagte Fuest der dpa.
Die Anrainerstaaten des Persischen Golfs produzierten gut ein Drittel des weltweiten Öls. Wenn es dort zu einem massiven bewaffneten Konflikt käme, wäre die globale Ölversorgung gestört, und die Preise würden deutlich steigen: «Derzeit spricht jedoch wenig dafür, dass es dazu kommt.»
Auch Russland befürchtet derzeit keine Versorgungsengpässe. Es gebe weltweit genug Öl in Lagerbeständen, um Lieferausfälle aus Saudiarabien auszugleichen, sagte Energieminister Alexander Novak am Montag. Ausserdem sehe er keine unmittelbare Notwendigkeit, ein ausserplanmässiges Treffen von Ölförderländern innerhalb und ausserhalb der Opec einzuberufen. Russland sei aber wegen der jüngsten Entwicklung in Kontakt mit Saudiarabien, und er selbst plane ein Telefongespräch mit seinem dortigen Amtskollegen.
Verbale Beruhigungsmassnahme aus den USA?
Wie ernst der Schaden sei und wie lange es dauere, bis die Produktionskapazität in Saudiarabien wieder voll hergestellt werden könne, sei ungewiss, schrieb Unicredit-Chefvolkswirt Erik Nielsen in London. Die Störung des Ölkreislaufs sei ziemlich bedeutend, urteilte Mele Kari, Chef des staatlichen nigerianischen Ölförderers Nigerian National Petroleum Corporation, im Interview des Finanzsenders Bloomberg TV. «Wenn sie anhält, könnte sie eine grosse Herausforderung für den Ölmarkt sein.»
Energieanalyst Joe McMonigle von der Investmentberatung Hedgeye Risk Management sagte, sollten die USA ihre strategische Ölreserve anzapfen, könnte das - insbesondere bei einer koordinierten Aktion mit der Internationalen Energieagentur (IEA) - einen rasanten Anstieg der Ölpreise dämpfen.
Experten sehen ein Eingreifen der USA denn auch nicht als ausgemachte Sache. Bis eine Schadensfeststellung verfügbar sei, könne er nicht abschätzen, wie wahrscheinlich das Anzapfen der nationalen US-Reserven ist, sagte der US-amerikanische Analyst Robert McNally, der früher Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats war und heute als Experte für die in Washington ansässige Energieberatungsfirma Rapidan Energy arbeitet. «Ich vermute, das ist nur eine verbale Beruhigungsmassnahme», sagte er. «Wenn der Schaden nicht immens ist, bezweifle ich, dass wir ein Anzapfen sehen werden.»
Drastischer Produktionseinbruch
Laut Rapidan Energy ist die betroffene Raffinerie in Abkaik die wichtigste Öleinrichtung der Welt. «Abkaik ist das Herz des Systems, und sie hatten gerade eine Herzattacke», sagte Roger Diwan vom Marktforscher IHS Markit. Nach ersten offiziellen Angaben aus Riad vom Wochenende haben die Angriffe zu einem drastischen Einbruch der Produktionsmenge geführt. Die Ölproduktion sei um 5,7 Millionen Barrel auf etwa die Hälfte des üblichen Tages-Volumens zurückgegangen, hatte die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA berichtet.
Dabei handele es sich um einen vorübergehenden Effekt, der zudem durch die Einspeisung vorhandener Ölreserven teilweise kompensiert werde. Laut der US-Energieagentur USEIA hat Abkaik eine Rohöl-Verarbeitungskapazität von rund 7 Millionen Barrel täglich.
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sda/Reuters/red
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