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Meinung

Streit um Palästinenserhilfe
Die Schweiz muss das Hilfswerk UNRWA wieder voll unterstützen

Palestinians gather to receive bags of flour distributed by UNRWA, the U.N. agency helping Palestinian refugees, in Deir al Balah, central Gaza Strip, Saturday, Nov. 2, 2024. (AP Photo/Abdel Kareem Hana)
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Inmitten der humanitären Katastrophe im Gazastreifen hat die israelische Regierung das UNO-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) verboten, die einzige Organisation, die noch umfassende Hilfe für die Not leidende Bevölkerung leisten kann. Das komme einer Kriminalisierung der humanitären Hilfe gleich, warnte Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard. Auch die Schweiz, die im Oktober den UNO-Sicherheitsrat präsidierte, fand für einmal etwas klarere Worte an die Adresse Israels. Bundesrat Ignazio Cassis sagte in New York, der Beschluss widerspreche internationalem Recht. Aber leider verfehlte er es im Gegensatz zu den meisten anderen Aussenministern, der UNRWA unzweideutig den Rücken zu stärken.

Die Schweiz ist der einzige europäische Geberstaat, der dem Hilfswerk die nötige Unterstützung verwehrt und Hilfsgelder wegen israelischer Vorwürfe weiter zurückhält. Die Schweizer Aussenpolitik der letzten Monate war geprägt von einseitiger Parteinahme und einer Vernachlässigung unserer humanitären Tradition.

Blicken wir zurück. Die Antwort auf die Geiselnahmen und die Massaker der Hamas vom 7. Oktober wählte das falsche Ziel: Statt die bewaffnete Gruppe «auszumerzen», hat die israelische Armee den gesamten Gazastreifen verwüstet. Israels Regierung hat sich mit aller Kraft in einen Krieg gestürzt, der von einer Entmenschlichung der palästinensischen Bevölkerung und der eklatanten Missachtung des humanitären Völkerrechts geprägt ist. Zehntausende von Todesopfern und noch mehr Verletzte sind die Folge. Die Bomben verschonten weder Hilfeleistende noch Frauen und Kinder – es kam zu Kollektivbestrafungen, Massenflucht und Zwangsumsiedlung.

Bereits im Januar warnte der Internationale Gerichtshof (ICC) vor der Gefahr eines Völkermords; Israel wurde aufgefordert, den Zugang für humanitäre Hilfe sicherzustellen. Im Mai beantragte der ICC-Chefankläger Haftbefehle gegen die Hamas-Spitze und Israels Premierminister Benjamin Netanyahu und Verteidigungsminister Yoav Gallant wegen Kriegsverbrechen.

Rückbesinnung auf Neutralität ist gefragt

Der Krieg in Gaza und die Politik der ultrarechten Regierung wurden auch von jüdischen Stimmen kritisiert. Dennoch beharren viele in Bundesbern darauf, die Situation ausschliesslich durch die Brille der vermeintlichen israelischen Sicherheitsbedürfnisse zu sehen. Schlimmer noch, es hat eine Verschiebung dahingehend stattgefunden, dass eine Unterstützung der Zivilbevölkerung in Gaza mit einer potenziellen «Unterstützung des Terrorismus» gleichgesetzt wird.

Nun weitet sich der Konflikt auf den Libanon und weitere Staaten aus, und es ist für die Schweiz dringlich, ihre Perspektive zu wechseln. Sie muss die Arbeit der UNRWA wieder im vollen Mass unterstützen. Diese ist für die Versorgung von Millionen von palästinensischen Geflüchteten unersetzlich. Ein Kollaps der Organisation hätte unabsehbare Folgen für die ganze Region.

Die Schweiz muss sich auch aktiv für einen sofortigen Waffenstillstand, den Rückzug Israels aus dem besetzten palästinensischen Gebiet und langfristig für einen gerechten Frieden einsetzen. Die Schweiz wurde von der UNO-Generalversammlung aufgefordert, eine Konferenz zur Achtung des humanitären Völkerrechts durchzuführen. Sie kann dies nur glaubhaft tun, wenn sie sich auf die Neutralität und die humanitäre Tradition besinnt.

Alexandra Karle ist Geschäftsleiterin Amnesty Schweiz, Georg Kreis ist Historiker, Guy Bollag ist Mitglied der Jüdischen Stimme für Demokratie und Gerechtigkeit in Israel/Palästina.