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Hockeymum und Hockeydad auf Reisen

Vor dem Campus der Northeastern University in Boston: Alina Müller (Mitte) mit ihren Eltern Christina und Roland.

Wenn im Spätsommer nach und nach die diversen Eishockey-Spielpläne in den USA und in Kanada veröffentlicht werden, beginnt für die Müllers die Planungszeit. Abgeglichen werden die Heimspiele der New Jersey Devils in der NHL sowie der Northeastern University Huskies in der NCAA-College-Meisterschaft der USA. Roland und Christina Müller suchen jeweils zwei bis drei Slots, in denen ihre Kinder Mirco (24) und Alina (21) gerade Heimspiele auf dem Programm haben, um beide besuchen zu können.

Boston und Newark, wo die Devils spielen, liegen gut 350 Kilometer auseinander, für nordamerikanische Verhältnisse also blosss einen Steinwurf, das lässt sich gut verbinden. Ferientage nehmen heisst für die Müllers also Eishockeyreisen unternehmen. «Viel mehr bleibt nicht mehr übrig», sagt Vater Roland. Die Müllers weilen auch jetzt gerade in Nordamerika, nach vier Tagen in New Jersey verbrachten sie die letzten drei Tage in Boston. Heute Dienstag steht bereits der Rückflug in die Schweiz auf dem Programm.

Alles dreht sich ums Eishockey

Es ist halt eine spezielle Situation, sowohl Tochter als auch Sohn in Übersee am Eishockeyspielen zu wissen. Doch dass sich bei den Müllers fast alles um das Spiel mit dem Puck dreht, sind sie sich bereits gewohnt. Beide Kinder spielten zunächst bei Pfadi Winterthur Handball, bis beide im Schulsport Eishockey ausprobieren wollten und Alina, damals sechs, sofort fand: «Das will ich machen.» Worauf Mirco, drei Jahre älter, sagte: «Dann gehe ich auch.»

Dass die Müllers nur 500 Meter von der Eishalle Deutweg in Winterthur entfernt wohnen, machte zwar vieles einfacher. Aber der Aufwand für die Eltern wurde dennoch gross: «An jedem Wochenende stand mindestens ein Turnier auf dem Programm», sagt Vater Roland.

Es ist kein Zufall, dass es Alina war, die voranging. «Sie ist die extrovertiertere, Mirco der vom Charakter her eher Ruhige», erklärt Mutter Christina. «Aber er ist nicht weniger selbstständig», betont Vater Roland. «Er ging mit 17 alleine in die USA, wir brachten ihn bloss an den Flughafen, das war schon alles.» Das war 2012, als Mirco in die höchste kanadische Juniorenliga wechselte und dort in Everett im US-Bundesstaat Washington für eines der wenigen dort teilnehmenden US-Teams spielte.

Die Positionen passen

Das Wesen der beiden widerspiegelt ihre Positionen auf dem Eis. Mirco ist der unspektakuläre Defensivverteidiger, zu dessen Job es gehört, Ruhe auszustrahlen, besonnen zu spielen. Alina ist Center und eine richtige Spektakelspielerin in der Offensive. In ihrer zweiten Saison im Universitätshockey hat sie nach nur fünf Spielen sich bereits vier Tore und elf Assists notieren lassen und ist teamintern mit grossem Vorsprung Topskorerin.

Alina tritt auf dem Eis äusserst ehrgeizig auf, gelingt ihr mal etwas nicht, ist ihr der Ärger sofort anzusehen. «Sie war schon immer so, auch als kleines Mädchen beim Spielen», erzählt die Mutter. Alina musste schon früh lernen, sich durchzubeissen, bis zu ihrem 18. Lebensjahr spielte sie in Knabenteams mit Männerregeln, also erlaubten Bodychecks.

Christina hatte aber nie Angst um ihre Tochter: «In der letzten Stufe bei den Novizen spielte sie gegen Buben, die teilweise einen Kopf grösser und zehn oder mehr Kilo schwerer waren. Alina konnte das aber gut handeln mit ihrer Technik und weil sie flink ist.»

Und sie hatte das Glück, kaum einmal auf pubertierende Jungs zu treffen, die dem Mädchen mit Härte zeigen wollten, wer der Chef im Rink ist. «Dieses Gefühl hatten wir nie», erinnert sich Vater Roland: «Sie kam nie gross unter die Räder.»

Spielerisch galt dies so oder so: Alina hielt selbst bei den Elite Novizen des EHC Kloten nicht bloss mit, sondern gehörte zu den besseren Offensivspielern. Da war schon länger klar, dass sie eine besondere Spielerin war, heute gehört Alina zu den Besten auf der Welt, war an den Olympischen Spielen 2018 Topskorerin und MVP der Stürmerinnen.

Plötzlich nicht mehr bloss Hobby

An so etwas dachten die Eltern lange Zeit nicht – bei keinem ihrer Kinder. «Es ging uns darum, dass die beiden Spass haben und Sport treiben», sagt Christina. Dass Eishockey mehr als nur ein Hobby sein würde, dämmerte den Eltern, als ihre Kinder jeweils 16 waren. Mirco durfte kurz in der NLA bei Kloten ran, Alina schoss in Sotschi das entscheidende Tor, dass der Schweiz im Bronzespiel gegen Schweden Rang 3 bescherte.

Nun sind sie längst ausgezogen, verbringen die Saison seit zwei Jahren und Alinas Wechel an die Universität in Boston beide in den USA. Klar würde sie die beiden auch vermissen, sagt Christina: «Aber beide tun das, was sie gerne machen, sie sind glücklich.»

Und dank Skype und anderen elektronischen Kommunikationsmitteln stehen die Eltern auch in der Schweiz fast täglich in Kontakt mit einem der beiden Kinder. «Wir wissen so vielleicht mehr über sie, als wenn sie in der Schweiz wären», sagt Roland.

1 bis 4 Uhr – das geht nicht mehr immer

Die Spiele ihrer Kinder schauen die beiden längst nicht mehr alle. Teams in der Ostküste spielen in der Regel von 1 bis 4 Uhr nachts Schweizer Zeit – das geht auf die Dauer nicht, wenn am Morgen die Arbeit ruft. «Vorher, als er in Everett und dann in der NHL bei San Jose an der Westküste und damit meistens von 4 bis 7 Uhr spielte, schauten wir eher», erklärt Roland.

Und vielleicht ist es auch besser, wenn er nicht alle Spiele sieht. Denn, wie Christina erklärt, sei sie zwar grundsätzlich die Emotionalere der beiden. Aber nicht, wenn es um Eishockey geht. «Ich versuche ruhig zu bleiben», sagt Roland. «Doch insbesondere, wenn sein Platz im Team nicht mehr sicher ist, oder er Fehler begeht, dann leide ich schon mit.»

Dies gilt nicht, wenn Mirco dann und wann mal in einen Faustkampf verwickelt ist. So wie letzten Samstag im Heimspiel gegen Vancouver: «Das löst bei mir nicht viel aus», sagt Roland. «Solche Szenen kommen bei ihm wenig vor. Und in jener Situation, als sein Mitspieler unfair gecheckt worden war, war das fast ein Muss, dass er sowas macht. Das wird hier erwartet.» Christina sagt bloss: «Ich hoffe in solchen Momenten einfach, dass er sich nicht verletzt.»

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Mirco Müller und Brandon Sutter von den Vancouver Canucks geraten aneinander. (Video: YouTube)

Der Anruf des Agenten mitten in der Nacht

Die schlimmste Zeit machten die beiden nicht während eines Kampfes von Mirco durch. Sondern letzten Februar, als plötzlich mitten in der Nacht das Telefon läutete. «Wir nahmen erst beim dritten Versuch ab», erinnert sich Roland.

Am anderen Ende der Leitung war Agent Andre Rufener, der die Kunde überbrachte, dass Mirco in einem Spiel gerade kopfvoran in die Bande gestürzt war. «Er sagte uns, dass wir uns die Szene nicht anschauen sollen. Natürlich taten wir es dann doch …» Erlösung kam bald, Mirco hatte grosses Glück im Unglück. «Wir telefonierten sofort auch mit Alina, sie war völlig aufgelöst, sie hatte das Spiel live im Internet geschaut, die Szene gesehen», erzählt Roland. «Ich denke, dass es so das viel schlimmere Gefühl ist.»

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Der Unfall Mirco Müllers nach dem Zusammenprall mit Calgarys Michael Frolik. (Video: YouTube)

Der Unfall, so schlimm er auch gewesen sei, habe ihm aber auch eine schöne Erfahrung beschert: «Die sogenannte ‹harte NHL›, sie besteht eben doch auch aus völlig normalen Menschen.» Es freute die Müllers, dass sich Calgarys Michael Frolik, mit dem Mirco vor dem schlimmen Sturz zusammengeprallt war, sich mehrmals bei ihrem Sohn meldete und sich entschuldigte. «Und das, obwohl er ja nichts Schlimmes getan hatte.»

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Eisbrecher – der Hockey-Podcast von Tamedia

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