Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Visionär und ZSC-Patron
Seine Sekretärin blockte alle Anrufe – hinter der Tür plante er das neue Zürcher Eishockey

Walter Frey sitzt in einem Büroraum neben einem alten Schreibtisch mit einem Portrait im Hintergrund. Foto von Hervé Le Cunff vom 12.01.2019.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk
In Kürze:
  • Walter Frey übernahm 1986 die finanziell angeschlagene GC-Eishockeysektion als Präsident.
  • Der erfolgreiche Autoimporteur formte aus GC und ZSC die heutigen ZSC Lions.
  • Seine Nachwuchsförderung machte den Verein zu dem mit der grössten Juniorenabteilung Europas.
  • Sein Sohn Lorenz steht als Vizepräsident bereits für die Nachfolge bereit.

Die Meldung, die das Zürcher Eishockey viele Jahre später in eine neue Ära der Prosperität führen sollte, war der «Neuen Zürcher Zeitung» am 31. Mai 1986 gerade mal 209 Zeichen wert. Da stand: «GC-Eishockey-Sektion unter neuer Führung. Die Generalversammlung des Grasshopper-Clubs Zürich hat Walter Frey zum neuen Präsidenten der Eishockey-Sektion gewählt. Frey tritt die Nachfolge von James Rieffel an.»

Es stand im Frühjahr 1986 nicht gut ums Zürcher Eishockey. Der ZSC war in der Saison zuvor zum fünften Mal in die Nationalliga B abgestiegen und musste wieder bei Null beginnen. Die GC-Eishockeyaner dümpelten in der 2. Liga herum und hatten kein Geld. Nach der Demission des GC-Präsidenten via Medien suchten Peter Spuhler und Rolf Langenegger eine starke und finanzkräftige Persönlichkeit und stellten eine Liste mit zwölf Namen zusammen. Zuoberst stand: Walter Frey.

Der erfolgreiche Autoimporteur hatte in den Sechzigerjahren als Junior selber die Schlittschuhe für GC geschnürt und schien prädestiniert für diese Aufgabe. Langenegger und Spuhler bekamen einen Termin bei ihm und sprachen in seinem Büro an der Zürcher Badenerstrasse vor. «Ich nehme das alles zur Kenntnis und überlege es mir», sagte Frey zum Ende des Gesprächs. Er werde sich melden.

Langenegger versuchte danach, wie er sagt, Wochen oder sogar Monate, Frey zu erreichen, um sich nach dessen Entscheid zu erkundigen. Doch drängen liess sich dieser nicht. «Ich rief immer wieder an, aber Freys Sekretärin wimmelte mich stets ab», erzählt der frühere Textil-Unternehmer. Bis er dann tatsächlich durchgestellt wurde.

«Es wurde ein langes Telefonat», erzählt Langenegger. «Frey sagte zu, aber er sagte mir auch ganz genau, wie er sich das Ganze vorstellte. Er wollte mit GC in die Nationalliga A, und das vor allem mit eigenen Spielern. Er wollte die beste und breiteste Nachwuchsabteilung der Schweiz aufbauen. Und er wollte eine eigene Halle.» Mit anderen Worten: Frey wollte die GC-Eishockeysektion, die 1966 noch das Double geholt hatte, wieder gross machen. Das war vor fast 40 Jahren.

Nur ein Detail ist anders, als es sich Walter Frey vorgestellt hat

Das Verblüffende ist: Fast alles erfüllte sich. Frey präsidiert seit 1997 einen erfolgreichen Zürcher Club in der National League. Dieser hat die grösste Juniorenabteilung Europas aufgebaut. Und 2022 wurde endlich auch die eigene Halle eingeweiht, die er so lange angestrebt hatte: die Swiss-Life-Arena in Altstetten.

Nur ein Detail ist anders, als sich das Frey vorgestellt hatte: Dieser Club heisst nicht GC, sondern ZSC Lions.

Frey, Spuhler und Langenegger führten die GC-Eishockeyaner an die Schwelle zur Nationalliga A. Doch auch mit den finnischen Nationalspielern Hannu Virta und Mika Nieminen gelang der Aufstieg nicht. Im heissen Frühling 1997 kam es zur Vernunftehe mit dem ZSC: Der Volksclub brachte die A-Lizenz, das Spielerkader, das Stadion und die Fanbasis ein, GC die Finanzkraft und die Nachwuchsbewegung. Frey wurde Präsident. Und man einigte sich nach einigem Ringen auf den Namen ZSC Lions.

«Als wir antraten, war die Ausgangslage schwierig. Man hatte bei GC wie beim ZSC nicht überall Freude an dieser Fusion», blickte Walter Frey in einem Interview mit dieser Zeitung zurück. «Deshalb waren wir verdammt, rasch Erfolg zu haben.» Stiegen die ZSC Lions in ihrer ersten Saison 1997/98 fast ab, wurden sie bereits in ihrer dritten am 1. April 2000 erstmals Meister. «Die Titel von 2000 und 2001 halfen enorm», sagt Frey. Die kritischen Stimmen verstummten zusehends.

War Frey anfangs bei den hartgesottenen ZSC-Fans bestenfalls geduldet, ist er inzwischen auf allen Rängen hochgeschätzt für seine grossen Verdienste ums Zürcher Eishockey. Er deckte nicht nur Jahr für Jahr die Verluste, welche die ZSC Lions im Hallenstadion einfuhren. Er hielt auch eisern an seiner Nachwuchs-Philosophie fest, davon überzeugt, dass Sport eine exzellente Lebensschule ist. Er gab dieser Organisation die Beständigkeit, die dem alten ZSC gefehlt hatte. Und, was unüblich ist für Präsidenten, die so viel investieren: Er hält sich im Hintergrund.

Walter Frey, Präsident der ZSC Lions, hält Pokal bei der Meisterfeier im Hallenstadion hoch, umgeben von jubelnden Fans.

Peter Zahner ist seit 2007 CEO der ZSC Lions und kann sich noch gut an sein Vorstellungsgespräch bei Frey erinnern. Auch er wurde damals an die Badenerstrasse aufgeboten. «Wir sprachen über zwei Stunden über alles ausser Eishockey. Über Politik, die Gesellschaft, über die Familie, die unterschiedlichen Mentalitäten in Japan, China und Südkorea. Er wollte nicht wissen, ob ich ihm das Eishockey erklären kann. Er wollte wissen, was für ein Mensch ihm da gegenübersitzt.» 

Bei den ZSC Lions fällt kein Personalentscheid ohne ihn

Ganz offensichtlich hatte Zahner den Präsidenten überzeugt, seit über 17 Jahren versieht er den Job des CEOs. Und das passt zu Frey, der auf Beständigkeit setzt. Zahner sagt: «Er ist ein Patron alter Schule. Ein Wort ist bei ihm ein Wort. Er legt Wert auf Treue. Das sieht man auch in seinen Firmen, wo viele Leute arbeiten, die schon sehr lange bei ihm sind. Und er mischt sich nicht in jedes Detail ein. Er vertraut seinen Leuten.»

Was aber nicht heisst, dass sich Frey nicht informieren würde übers Tagesgeschehen. Bei den ZSC Lions wird kein Personalentscheid gefällt, ohne dass er ihn absegnet. «Frey will immer wissen, was läuft, und welche Entscheidungen anstehen», sagt Sportchef Sven Leuenberger. «Wir sind stets im Diskurs, und ich erläutere ihm die Situation. Er ist sehr präsent und überlegt. Meine Aufgabe ist es, ihn mit guten Argumenten von meinen Ideen zu überzeugen.»

Frey hinterfrage, aber entscheide nicht selbstherrlich, betont Zahner. Wobei es eine Ausnahme gab: 2017 hatte der damalige Sportchef Edgar Salis beschlossen, dass Kultfigur Mathias Seger keinen neuen Vertrag mehr erhalte. Doch der Präsident überstimmte ihn. Seger durfte noch ein Jahr anhängen und war da zwar auf dem Eis nicht mehr die bestimmende Figur von früher, aber trotzdem noch eine wichtige Persönlichkeit in der Kabine. Und zum Abschluss feierte er mit 40 seinen sechsten Meistertitel. Frey hatte in der Causa Seger also das richtige Gespür gehabt.

Der Sohn von Walter Frey ist bereits sein Vize

«Wer einmal für ihn gearbeitet hat, gehört zu seinem Unternehmen», sagt Leuenberger. «Am liebsten würde er alle Spieler behalten. Vor allem jene, die beim ZSC gross geworden sind. Ein Abgang wie der von Reto Schäppi tut ihm weh. Er versteht aber auch, dass wir unsere Mannschaft immer wieder verjüngen und den jungen Spielern Platz machen müssen. Und die Jungen liegen ihm ja sehr am Herzen.»

Für Zahner ist klar: Ohne Walter Frey gäbe es die Organisation der ZSC Lions und GCK Lions in der heutigen Form nicht. Und: Heute schlagen zwei Herzen in dessen Brust: «Er ist immer noch sehr stark GC-affin. Aber natürlich hat er auch ein grosses ZSC-Herz.» Auch mit 81 zeigt Frey keine Ermüdungserscheinungen. Er geht unter der Woche immer noch täglich ins Büro und ist weiterhin oft in Asien unterwegs.

Und sollte er dereinst als Präsident zurücktreten, müssen sich die Zürcher Hockeyfans nicht sorgen. Seine Nachfolge ist vorgezeichnet: Sein 33-jähriger Sohn Lorenz ist bereits heute Vizepräsident im Verwaltungsrat der ZSC Lions und hat ebenfalls ein grosses Eishockeyherz.