Mamablog: Draht zu PubertierendenHilfe, wo ist mein Mutterinstinkt hin?
Unsere Autorin fühlt sich von ihrem mütterlichen Kompass bei ihren Teenie-Töchtern im Stich gelassen und fragt sich, wie sie ihn wiederfinden könnte.
Wo ist er nur hin? Irgendwann in den letzten 14 Jahren scheine ich ihn verloren zu haben! Ich rede vom mütterlichen Instinkt. Bereits frischgebackene Mütter wissen instinktiv, wann ihr Neugeborenes Hunger hat, überreizt und müde ist, was es zu faszinieren scheint und wann sich Bauchschmerzen ankündigen. Sie haben ein Gespür für ihr Baby, sie «lesen» es geradezu und wachen fünf Minuten früher auf, bevor Krümmelchen mit dem ersten Genürze nach dem Mitternachtsnack verlangt. Also bei mir war das so.
Auch in der Kleinkinderzeit und lange bis in die Schuljahre hinein, war ich mir sicher, mein Kind und seine Bedürfnisse genau zu kennen und wahrzunehmen. In den meisten Fällen wusste ich zu handeln.
Verschlossene Türen
Doch nun stehe ich des Öfteren vor meinen Teenie-Töchtern (oder vor deren verschlossenen Türen) und frage mich, was diese rätselhaften Wesen mir sagen wollen. Bekanntermassen erzählen sie eben nicht mehr viel oder alles, und da wären hellseherische Fähigkeiten ein Segen.
Was sagt mein mütterlicher Navigator zu Themen wie Handykonsum versus medienfreie Zeit, Alkohol versus Küchendienst, Schulnoten versus Feiern, Kleider shoppen versus Kleider waschen? Was sagt mir mein Bauchgefühl?
An der Front sorgen Zwischentöne für die Musik – oder für den Katzenjammer.
Nun, da meldet sich manchmal gar nix. Mal bleibt es ratlos und stumm wie ein Fisch, mal blubbert es in alle Richtungen. Welche Entscheidung ist richtig, welche falsch? Gewähren und Erfahrungen sammeln lassen oder durchgreifen und beharrlich bleiben? In der Theorie und in Ratgebern klingt das alles immer sehr einfach, doch an der Front sorgen Zwischentöne für die Musik – oder für den Katzenjammer.
Der mütterliche Kompass lässt pubertätsbefallene Mütter also im Stich. Ausgerechnet! Zumindest bei mir hinkt der Instinkt zuweilen hinterher.
Im Allgemeinen scheinen unsere elterlichen Antennen, unsere Intuition, mehr und mehr zu verkümmern, beziehungsweise lassen wir uns durch zu viele Informationen aus zu vielen Quellen und durch zu viele Meinungen anderer Mitwurstler verunsichern. Mir ist aufgefallen, dass in Elternforen geradezu skurrile Fragen gestellt werden, die wiederum für mich Fragen aufwerfen.
Können Jugendlichen all diese Fragen nicht selbst beantworten?
Da fragt etwa eine Mutter in die Online-Runde, welche Trinkflasche wohl die Beste sei für ihren 16-jährigen Sohn. Oder: Was lesen eure Teenie-Söhne für Bücher? Oder: Ich habe da mal eine 6.-Klasse-Mathe-Frage.
Grundsätzlich bin ich froh, dass diese Eltern keine wirklichen Probleme haben. Allerdings frage ich mich dann doch, ob die Jugendlichen all diese Fragen nicht selbst beantworten könnten und warum sich deren Eltern in solche Angelegenheiten überhaupt einmischen.
Plötzlich ist alles möglich
Auch das Selbstverständnis der Eltern wandelt sich: von der schwarzen Pädagogik der Nachkriegsjahre zur demokratischen Familie, in der Eltern nicht mehr befehlen, sondern verhandeln und begründen. Was gut ist, aber gemeistert werden muss. Die Krux: Für diese Situationen gibt es oft kein Rezept, an dem sich Eltern orientieren können. Die Kluft zwischen neuen Leitbildern, Ratgeberliteratur und dem realen Leben bringt das Familiensystem in Schieflage. Alles ist möglich. Das trägt zur Verunsicherung bei.
Die Frage lautet also: Wie finden wir wieder zurück zu unserem ganz eigenen «Gschpüri» für unsere Heranwachsenden? Mein erster Tipp – sich zunächst keine Hilfe holen! Schliesslich kennen Eltern ihr Kind am besten. Betrachten wir vermeintliche Sorgen aus der Distanz und objektiv.
Weiter schlage ich vor, in einer akuten Situation nur eine Person oder eine vertrauensvolle Quelle anzuzapfen. Früher war das die Grossmutter, heute oft das Internet. Aber geben diese Info-Tsunamis auch wirklich Ratschläge, die mir in meiner Situation weiterhelfen?
Der wohl beste, jedoch weniger greifbare Tipp: vertrauen.
Eine langfristige Lösung könnten meiner Meinung nach Eltern-Kurse sein. Wie hilfreich war damals der Gang zur Mütterberatung. Leider gibt es später wenig solche Anlaufstellen. Kürzlich nahm ich an einem Online-Kurs über «Die Pubertät» teil. Wir waren eine kleine Gruppe von acht Vätern und Müttern. Wie wertvoll war der gegenseitige Austausch über «Sörgeli» und Nöte, gerade auch mit Wildfremden, die jedoch alle im gleichen Boot ruderten.
Und der wohl beste, jedoch weniger greifbare Tipp: vertrauen. Vertrauen ins Leben, in die eigenen Fähigkeiten und Handlungen und – Vertrauen ins Kind haben!
Überlassen wir das Feld der Jugend!
Vielleicht hilft es, von Babies abzuschauen. Sie schlafen, wenn sie müde sind, sie trinken, wenn sie Durst haben, sie essen wenn sie hungrig sind. Sie sind in der Lage, den Signalen ihres Körpers zu folgen. Sie fühlen, was sie brauchen und wählen instinktiv, was ihnen gut tut.
Aha! Erkenntnis des Tages: Vielleicht muss ich mich als Mutter von Teenagern gar nicht mehr so sehr auf meine Instinkte verlassen. Vielmehr ist es wichtig, dass gerade auch Jugendliche Zugang zu ihren Bedürfnissen und Gefühlen haben – zu ihren Instinkten. Dieses (Übungs)feld sollten wir ihnen getrost überlassen.
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