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Gras statt Asphalt gegen die Hitze
Hier testet Zürich den Parkplatz der Zukunft

66 verschiedene Beläge und Unterbauten: Die Testanlage vor dem Theater 11. 
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Als hätten sich ein Strassenbauer und ein Gärtner übermütig ausgetobt: So sieht ein Teil des Parkplatzes gegenüber dem Theater 11 in Oerlikon seit ein paar Tagen aus. Der Boden präsentiert sie als scheinbar wilder Flickenteppich von allen möglichen Belägen. Pflastersteine, Kies, Kiesrasen, Rasengittersteine in verschiedenen Mustern und Anordnungen.

Was wirr aussieht, hat einen klaren Zweck. Das Stadtzürcher Tiefbauamt testet hier 66 verschiedene Bodenbeläge, welche die Sommerhitze mindern könnten. Das Grundprinzip dahinter ist simpel: Wo Wasser versickern und wieder verdunsten kann, ist die Temperatur spürbar tiefer als auf versiegelten Böden wie Asphalt oder Plattenbelägen.

Drohnen messen Hitze

Die Testanlage ist in dieser Art wohl zumindest für die Schweiz einzigartig. Erstens unterscheiden sich die Beläge nicht nur oberflächlich, sondern auch durch verschiedene Unterbauten und Fundamente. Zweitens führt die Stadt aufwendige Messungen durch, wie Mediensprecherin Evelyn Richiger auf Anfrage erklärt.

Mit Infrarotkameras und Drohnenflügen wird bestimmt, wie die verschiedenen Beläge die Hitze mindern. Sogenannte Infiltrationsmessungen geben Aufschluss darüber, wie gut Regenwasser in den verschiedenen Böden versickert. Das Tiefbauamt prüft aber auch, wie dauerhaft und unterhaltsintensiv die Beläge sind und wie sie sich gestalterisch präsentieren. Getestet wird ausserdem die Nutzerfreundlichkeit, etwa für Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Und natürlich geht es bei dem Test auch um die Frage der Wirtschaftlichkeit.

Das Prinzip ist einfach: Wo Wasser versickern und später wieder verdunsten kann, ist die Oberfläche kühler.

Ziel der Übung sei, es herauszufinden, «welche Möglichkeiten wir zur Entsiegelung von Verkehrsflächen haben, insbesondere bei Parkplätzen und Trottoirs», sagt Richiger. Fachleute unter anderem von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) begleiten das Projekt; ausserdem tauscht sich Zürich mit anderen Städten aus, wo ebenfalls hitzemindernde Strassenbeläge getestet werden.

Verdunsten statt ableiten

Die sogenannte Entsiegelung ist ein zentrales Element im Städtebau in Zeiten der Klimaerwärmung. Siedlungen erhitzen sich tagsüber nicht nur besonders schnell, sie kühlen nachts auch weniger schnell ab. Schatten schafft Abhilfe, ebenso Verdunstung – weshalb Bäume, Grünflächen oder wenigstens Kiesbeläge und wo möglich fliessendes Wasser immer wichtiger werden.

Das Stichwort in diesem Zusammenhang heisst «Schwammstadt». Ein Prinzip, das Zürich schon seit einiger Zeit testet. Die Giessereistrasse etwa wurde im Jahr 2020 so umgestaltet, dass im Sommer Regenwasser nicht abgeleitet wird, sondern in grosse Baumrabatten fliesst, wo es langsam verdunsten kann.

Kies statt Asphalt: Die umgestaltete Heinrichstrasse.

Nach demselben Prinzip hat die Stadt auch einen rund 400 Meter langen Abschnitt der Heinrichstrasse zwischen Hard- und Viaduktstrasse umgestaltet; die Arbeiten sind dieser Tage abgeschlossen worden. Unter anderem wurden 48 neue Bäume gepflanzt und ein bis zu acht Meter breiter Streifen mit Kies statt Asphalt belegt. Bänke laden zum Verweilen ein.

Im Juli 2021 ging «Alto Zürrus», die künstliche Wolke auf dem Turbinenplatz, in Betrieb.

Auf dem Turbinenplatz, einem der heissesten Orte in Zürich, testet die Stadt zudem seit einem Jahr die Kühlung mittels künstlicher Nebelwolke namens «Alto Zürrus». Das Pilotprojekt wird nun ausgeweitet, wie das Departement von Stadträtin Simone Brander (SP) unlängst auf der Website der Stadt mitteilte. Zwei weitere, kleinere Wolken auf verschiedenen Höhen sowie ein «Nebelband» auf Kniehöhe sollen zusätzliche Erkenntnisse bringen. Ende 2023 werde das Projekt abgeschlossen und ausgewertet, schreibt das Departement weiter. 

Arbeiten waren Eigenleistungen

Wie lange die Testflächen in Oerlikon bestehen bleiben, kann Mediensprecherin Richiger nicht sagen. Auch die Frage nach den Kosten liess sie «wegen Ferienabwesenheit» offen. Die Arbeiten für den Einbau der verschiedenen Beläge seien aber allesamt Eigenleistungen gewesen.