Der Staat als Eigentümer?Herr Gander, warum wollen Sie den Fussball verstaatlichen?
Der Basler SP-Grossrat und einstige SFL-Mitarbeiter Thomas Gander hat eine verrückte Idee. Und er erklärt, warum die Darlehen des Bundes den Fussball nur noch tiefer in die Misere stürzen könnten.
Herr Gander, Sie denken laut darüber nach, dass sich der Bund an den Vereinen im Profisport beteiligen soll. Warum wollen Sie den Fussball verstaatlichen?
Regulieren ist das bessere Wort als verstaatlichen. Ich halte es für einen Fehler, wenn der Staat mit seinen Mitteln Fussballclubs wie Unternehmen behandelt.
Warum?
In der Profifussball-Landschaft mache ich eine besorgniserregende Tendenz aus: Dem wirtschaftlichen Erfolg geschuldet, entfernen sich die Clubs immer weiter von ihrer Basis, aus ihrer Region, indem etwa Beteiligungen ausgeweitet werden oder wenig lokales Bewusstsein in der Führung vorhanden ist. Aber ein Fussballverein lebt von der emotionalen Bindung zu einer ganzen Region, mit der er weit über den Sport hinaus bewegen kann. Das ist ein grosser Unterschied zu einem klassischen Unternehmen. Daraus entsteht eine gesellschaftliche Verantwortung. Mit einer Unterstützung in Darlehensform forciert der Bund aber die Entwicklung hin zu einer Profitorientierung.
Inwiefern?
Ein Darlehen löst die finanziellen Herausforderungen eines Clubs längerfristig nicht. Es zwingt ihn, seinen Fokus noch mehr auf die Erwirtschaftung von Geld zu legen. Womöglich war das die einzige Möglichkeit, finanzielle Hilfe politisch zu legitimieren, aber die Ansatzweise widerspricht meinem Verständnis: Ein Proficlub bleibt ein Sportverein, und der ist gewissen Werten verpflichtet. Deswegen möchte ich andere Lösungswege aufzeigen.
Wie zum Beispiel, dass der Bund Miteigentümer bei den Clubs wird.
2008 hat der Staat die UBS gerettet, mit hohen Beträgen, aufgegleist durch eine Pflichtwandelanleihe. Eingelöst hat er die aber nie, er ist in der Folge nie bei der UBS als Aktionär eingestiegen.
Ein Darlehen löst die finanziellen Herausforderungen eines Clubs nicht.
Und was für Vorteile sollen daraus für den Fussballverein entstehen?
Bei einer Umwandlung würde aus Fremdkapital Eigenkapital, das entlastet die Bilanz.
Aber gerät damit nicht auch die regionale Verankerung in Gefahr, die Sie für die Clubs als so essenziell bezeichnen?
Das ist so, in der Theorie würde der Bund dann bei einigen Mitbesitzer, bei anderen nicht – diesen Widerspruch kann ich nicht auflösen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass der Bund konkretes Interesse hätte, überhaupt Mitbesitzer zu werden, und dass vor einem Einsteigen nach Lösungen gesucht würde.
Im Eishockey wird derzeit die Frage eines Lohndeckels diskutiert. Schon bei solchen Absprachen gibt es Bedenken bezüglich eines fairen Wettbewerbs.
Man kennt funktionierende Beispiele, etwa von transparenten Lohnsummen oder dem «Salary Cap» nach US-Modell. Ich finde die Überlegungen des Bundes richtig, die Unterstützung an Auflagen zu knüpfen, handelt es sich doch um Steuergelder. Etwas pointiert könnte ich den Skeptikern entgegnen: Fussball oder per se der Sport ist auf dem Feld doch reguliert bis zum Gehtnichtmehr!
Eine andere Alternative zu den von Ihnen kritisierten Darlehen sehen Sie in Form von Subventionen. Ein Parade-Reizwort.
Natürlich, wer für den hoch kommerziellen Profifussball noch Subventionen verlangt, macht sich angreifbar.
Aber?
Eine Subvention würde die Clubs nicht in ein wirtschaftliches Dilemma führen. Natürlich muss auch eine Subvention an klare Bedingungen geknüpft werden. Bei dieser Form sehe ich die grösste Chance, dass der Profifussball die Corona-Krise überstehen und gleichzeitig einen «gesünderen» Weg in die Zukunft einschlagen kann. Subventionen im Sport sind für mich kein Reizwort.
Das Sportwesen ist grundsätzlich hoch subventioniert.
Warum?
Weil das Sportwesen grundsätzlich hoch subventioniert ist. Denken Sie an die Sportstätten, die Sportförderung oder J+S-Beiträge. Interessant ist, dass in diesen Bereichen der Staat nicht infrage gestellt wird, gleichzeitig sich jedoch auf Ebene des Fussballprofisports ein Verständnis entwickelt hat, in dem die wirtschaftlichen Freiheiten sehr hoch gewichtet werden. Mit den bekannten Exzessen, die dem Sport und dem Fussball schaden.
Es ist die Entfernung der Spitze von ihrer Basis.
Genau, der wesentliche Treiber einer Entfremdung. Die Chance nun zu nutzen, um gewisse Regulative einzubringen, könnte auch ein Signal an die Vernunft sein. Von einer Verstaatlichung wären wir damit weit entfernt.
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