Hells Angels gegen BandidosObergericht hätte die Rocker härter bestraft, durfte aber nicht
Vier Bandidos und zwei Hells Angels sind mit ihren Beschwerden vor dem Berner Obergericht abgeblitzt. Und kamen mit einem blauen Auge davon.

- Das Berner Obergericht hat die Urteile gegen sechs Rocker bestätigt.
- Wegen des Verschlechterungsverbots durfte es die Strafen nicht erhöhen.
- Der Rechtsstaat dürfe keine Schattengesellschaften dulden, sagte die Oberrichterin.
- Ein grosses Polizeiaufgebot sicherte den Prozess.
Verschlechterungsverbot. Diesen juristischen Begriff dürften die drei Bandidos und zwei Hells Angels während des Urteils des Berner Obergerichts kennen und auch schätzen gelernt haben. Denn das Verbot hat sie vor längeren und sogar unbedingten Freiheitsstrafen bewahrt.
Weil nur die sechs Rocker, ein Grieche fehlte am Prozess, gegen die Urteile des Regionalgerichts Bern-Mittelland von Ende Juni 2022 Berufung eingelegt hatten, nicht aber die Staatsanwaltschaft, durfte das Obergericht die Strafen nicht verschärfen. So blieb dem Gericht nichts anderes übrig, als die erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafen wegen Raufhandels zu bestätigen. Die Urteile können noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Es wäre happig geworden
Diese variieren zwischen sechseinhalb und zwölf Monaten. In der Mehrheit sind es bedingte Strafen. Zwei Bandidos müssen aber acht respektive zwei Monate absitzen. Bei ihnen fallen Vorstrafen negativ ins Gewicht.
Obwohl dem Obergericht die Hände gebunden waren, rechnete die vorsitzende Richterin Franziska Friederich Hörr bei jedem einzelnen Beschuldigten vor, wie hoch die Strafen ausgefallen wären. Die bedingten Strafen hätten mindestens 16 Monate betragen, die unbedingten bis zu 13 Monate.
Bewaffnete Auseinandersetzung
Hintergrund des Prozesses ist eine blutige Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern der rivalisierenden Motorradclubs Hells Angels und Bandidos. Die Hells Angels wollten als Platzhirsche unter den Rockern verhindern, dass die Bandidos hierzulande einen Ableger gründen.
Im Mai 2019 griffen sie deshalb – unterstützt von den Berner Broncos – eine Geburtstagsparty der Bandidos im zukünftigen Clublokal in Belp Steinbach an, um diese einzuschüchtern. Neben Baseballschlägern und Eisenstangen war auch eine Schusswaffe im Spiel. Bei der heftigen Auseinandersetzung wurden mehrere Personen verletzt, drei davon schwer.
Keine Parallelwelten dulden
Drei Jahre nach dem Vorfall mussten sich 22 Rocker vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland verantworten. Weil nicht alle die Urteile akzeptieren, befasste sich in den letzten Wochen das Obergericht mit dem Verfahren. Ursprünglich waren acht Rocker vorgeladen. Nicht alle erschienen aber zum Prozess.

«Der Rechtsstaat darf keine Schattengesellschaften dulden», betonte Friederich. Es sei nicht um eine spontane Schlägerei oder um gewöhnliche Vereine gegangen. Sondern um zwei Motorradclubs, die ihre Probleme nach ihren eigenen Regeln lösen.
Konfrontation bahnte sich an
Im Vorfeld habe es Provokationen gegeben, man habe sich gegenseitig beobachtet. Die Oberrichterin zitierte aus verschiedenen Chatprotokollen. Dort gebe es viele Hinweise, dass es früher oder später zur Konfrontation kommen werde.
Beide Lager hätten sich vorbereitet – nicht nur für ein «klärendes Gespräch» unter Mitglieder zweier Motorradclubs – und bewaffnet. Allen sei bewusst gewesen, dass es zur Auseinandersetzung kommt. «Offen war einzig, wie heftig diese ausfallen wird», sagte Franziska Friederich.
Grosses Polizeiaufgebot am Prozess
Die Verhandlung vor dem Obergericht, das aus Platzgründen im Amthaus tagte, fand unter grossen Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Polizei war vor und im Gerichtsgebäude mit einem Grossaufgebot präsent.

Das bekamen die beiden Hells Angels, in dicken Daunenjacken und nicht in ihren Lederkutten, zu spüren. Sie erschienen mit je einer Begleitperson. Die vier Männer wurden von der Polizei bereits beim Gang zum Amthaus ein erstes Mal intensiv kontrolliert. Kurz vor der Urteilseröffnung mussten die zwei Begleiter dann unverrichteter Dinge abziehen. Weil sie sich nicht angemeldet hatten, liess die Polizei sie nicht in den Saal.
Im Saal selber waren die drei Bandidos und die beiden Hells Angels klar deutlich getrennt. Dazwischen sassen vier Polizisten. Fünf weitere Polizisten beobachten die Szenerie aus dem Hintergrund.
Sowohl während der dreitägigen Verhandlung Ende Januar als auch bei der Urteilseröffnung am Donnerstag gab es keine Zwischenfälle. Beim Prozess vor dem Regionalgericht war es zu Scharmützeln zwischen den Bandidos und den Hells Angels gekommen. Die Polizei musste Wasserwerfer, Reizstoffe und Gummischrot einsetzen.
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