Entspannung in EnergiekriseHaushalte sparen mehrere Hundert Franken
In mehreren Schweizer Städten wird Gas demnächst günstiger. Die Versorger geben günstigere Einkaufspreise weiter – eine Rolle spielt dabei auch der Gaspreisdeckel der EU.
Für all jene, die mit Gas heizen, gibt es nun gute Nachrichten: In mehreren Städten sinken demnächst die Gaspreise. Grund dafür sind die wieder deutlich tieferen Preise an der Energiebörse nach dem Höhenflug im Sommer.
Der Zürcher Gasversorger Energie 360° senkt den Tarif ab Anfang Januar um 1,2 Rappen je kWh. In Biel ist Gas ab Februar um 1,5 Rappen je kWh günstiger. Für Kundinnen und Kunden mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 20’000 Kilowattstunden für Heizung und Warmwasser könne diese Senkung rund 300 Franken pro Jahr ausmachen, teilte der Energieservice Biel mit.
Auch die EWB in Bern senkt ab Anfang Januar den Gaspreis um durchschnittlich acht Prozent. Der Gemeinderat hat die Tarifanpassung genehmigt.
Der Basler Versorger IWB hält sich hingegen bedeckt. «Wir beobachten die Situation derzeit intensiv», so ein Sprecher. EWL in Luzern plant vorerst keine Senkung der Preise. Sie habe das Gas für das erste Quartal länger im Voraus eingekauft. «Sobald sich die Preise langfristig auf einem niedrigeren Niveau bewegen, werden wir sie schnellstmöglich an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben», erklärte ein EWL-Sprecher.
Börsenpreis für Gas ist gesunken
Der Gaspreis war wegen des Krieges in der Ukraine stark angestiegen. Russland liefert seither weniger Gas nach Europa. Das hatte die Angst vor Versorgungsengpässen im Winter geschürt, dann, wenn viele Leute in ganz Europa Gas zum Heizen brauchen. Seit dem Höhepunkt Ende August ist der Gaspreis jedoch um rund zwei Drittel gefallen. Zum einen, weil die Speicher in Europa nun gut gefüllt sind. Zum anderen, weil es im Herbst ungewöhnlich warm war.
Die milden Temperaturen und die Aufrufe zum Sparen machen sich in einem geringeren Gasverbrauch bemerkbar. In der EU fiel er von August bis Ende November um 20 Prozent, in der Schweiz sogar noch stärker, um 28 Prozent, wie das Energiedashboard des Bundes zeigt.
Obergrenze für Gaspreise in der EU gilt auch für die Schweiz
Für zusätzliche Entspannung könnte auch der Gaspreisdeckel gesorgt haben, den die EU im Wochenverlauf beschlossen hat. Er gilt implizit auch für die Schweiz, die das Gas am europäischen Markt einkauft.
Der Beschluss der EU-Minister sieht für die Grosshandelspreise ab 15. Februar eine Obergrenze von 180 Euro pro Megawattstunde vor. Damit wollen sie ein wirksames Mittel gegen die hohen Energiepreise für die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für die Industrie finden.
Der Gaspreisdeckel tritt jedoch nur unter bestimmten Bedingungen in Kraft und ist zeitlich begrenzt. Und sollte die Gasnachfrage stark steigen oder die Lieferungen einbrechen, ist der Preisdeckel ausser Kraft gesetzt.
Mit dem Gaspreisdeckel werde der Prozess der Preisbildung auf dem Markt verletzt, so Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Mit derartigen Einschränkungen will sich die EU absichern, damit der Schuss nicht nach hinten losgeht. Denn Branchenvertreter sehen die Massnahme durchaus skeptisch: Sie befürchten, dass Russland das Gas einfach an andere Abnehmer verkauft, die mehr bezahlen, und Europa dann nicht mehr genug bekommt.
Der Kreml hatte den Gaspreisdeckel bereits als «inakzeptabel» bezeichnet. Damit werde der Prozess der Preisbildung auf dem Markt verletzt, hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen gesagt.
Branchenvertreter warnen vor Engpässen
Auch Schweizer Branchenvertreter sehen die Massnahme der EU eher skeptisch. Nach Einschätzung von Rudolf Summermatter, Geschäftsführer des Gashändlers Open Energy Platform, dürfte der Gaspreisdeckel nur einen geringen Effekt auf die Preise für die Endkundinnen und -kunden haben. Denn die Obergrenze käme nur zeitlich befristet zum Tragen. Bezogen auf das laufende Jahr hätte sie beispielsweise zwischen Mitte August und Mitte September während ein paar Tagen gegolten, als die Preise am höchsten waren. Und auch nur für Teilmengen im September und Oktober, wo eher wenig Gas bezogen wird.
Endkunden sind von kurzfristigen Preisausschlägen ohnedies weniger betroffen. Denn die meisten Versorger kaufen das Gas bereits lange im Voraus ein, um sich gegen kurzfristige Preisschwankungen abzusichern.
Ähnlich wie einige EU-Länder warnte auch der Verband der Schweizerischen Gasindustrie vor möglichen Versorgungsengpässen. «Es besteht die Gefahr, dass Lieferanten ihr Gas an anderen Märkten verkaufen, wo sie höhere Preise erzielen können», so Verbandssprecher Thomas Hegglin. Zudem könne die künstliche Obergrenze die Sparbemühungen zunichtemachen – schlichtweg weil damit ein wichtiger Anreiz zum Sparen fehle, so Hegglin.
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