Harris vs. TrumpWann steht fest, wer gewinnt? So läuft die US-Wahlnacht ab
Das Rennen ums Weisse Haus ist offen wie selten zuvor. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten zur Entscheidung bei den US-Wahlen.
Warum wird immer an einem Dienstag im November gewählt?
Das hat historische Gründe: Die Ernte sollte vorüber sein, ausserdem sollte den Gläubigen keine Wahl am Sonntag zugemutet werden, sie sollten in ländlichen Gebieten nicht einmal die manchmal beschwerliche Reise Richtung Wahllokal antreten müssen, sondern dazu erst am Montag aufbrechen. 1845 erliess der Kongress deshalb ein Gesetz, das den «Dienstag nach dem ersten Montag im November» als Wahltag bestimmte.
Grundsätzlich dürfen wie in der Schweiz alle Bürger ab 18 Jahren wählen. Das waren bei der Wahl 2020 rund 232 Millionen Menschen. Weil es in den USA aber keine generelle Meldepflicht gibt, müssen sich Wahlwillige in ein Register eintragen lassen. Sie geben dabei auch eine generelle Parteipräferenz an und hinterlegen, ob sie sich als «Demokrat», «Republikaner» oder «Unabhängiger» registrieren wollen. Damit legen sie sich nicht für die tatsächliche Abstimmung in der Wahlkabine fest, aber die Registrierung bestimmt in der Regel darüber, dass man nur für diese Partei an den Vorwahlen teilnehmen kann.
Wie genau wird der Präsident oder die Präsidentin gewählt?
Die Wählerinnen und Wähler bestimmen nicht direkt über den oder die Präsidentin, sondern sie entscheiden darüber, wem die Wahlleute ihres jeweiligen Bundesstaates ihre Stimme zu geben haben. Diese Delegierten werden im Dezember zur formellen Abstimmung über den Präsidenten geschickt. Dabei gilt in aller Regel: Wenn ein Kandidat in einem Staat auch nur mit einer Wählerstimme vorn liegt, bekommt er alle Wahlleute in diesem Staat zugesprochen – ausser in Nebraska und Maine stimmen alle Delegierten eines Staates als Block ab.
Wie läuft die Stimmabgabe ab?
Es gibt mehrere Möglichkeiten:
frühzeitig an bestimmten Orten,
per Briefwahl,
am 5. November direkt im Wahllokal.
Jeder Bundesstaat hat dabei eigene Regeln für Fristen und Identitätsnachweise. Auch die Technik variiert: von klassischen handschriftlichen Stimmzetteln bis zu Wahlcomputern.
Wann kommen die ersten Hochrechnungen?
Wegen der vielen Zeitzonen in den USA gibt es keine einheitliche Schliessung der Wahllokale. Stattdessen endet die Wahl in den Bundesstaaten im Osten zuerst, den Abschluss bildet Hawaii. Anders als in der Schweiz gibt es keine Prognose beim Schliessen der Wahllokale und auch keine Hochrechnung während der Auszählung. Deutet sich allerdings aufgrund von historischen Ergebnissen und Vorwahlumfragen an, dass einem Kandidaten der Sieg in einem Bundesstaat kaum noch zu nehmen ist, dann rufen die grossen Fernsehsender einen Gewinner aus. Diese Aussagen gelten als sehr verlässlich, die Sender unterhalten eigene «Entscheidungstische» mit teils jahrzehntelang erfahrenen Experten.
Wann steht fest, wer gewinnt?
Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass es am Dienstagabend noch keinen Sieger gibt, aber unmöglich ist es nicht. 2020 wurde Joe Biden am Samstagmorgen nach der Wahl zum Sieger erklärt. Es gibt je nach Bundesstaat oft sehr unterschiedliche Auszählungsmodalitäten mit Computern oder nur auf Papier. Bei sehr engen Entscheidungen sehen die meisten Bundesstaaten eine manuelle Nachzählung vor.
Da es in den USA keine zentrale Wahlleitung gibt, sind alle Blicke auf die «Decision Desks» der Medienhäuser gerichtet – sie rufen auf Basis von Wählerbefragungen und ersten Stimmauszählungen einen Sieger oder eine Siegerin in den einzelnen Bundesstaaten aus.
Bis es ein hochoffizielles Ergebnis gibt, braucht es ohnehin deutlich mehr Zeit. Die Resultate aus allen Bundesstaaten müssen offiziell zertifiziert werden: auf lokaler Ebene, von den Bundesstaaten und schliesslich vom US-Parlament. Bei diesem komplizierten Prozedere, dass sich bis in den Januar zieht, kann es quasi an jeder Stelle Verzögerungen geben – etwa durch politischen Druck.
Es ist zudem zu erwarten, dass Trump-Unterstützer auch diesmal auf juristischem Weg gegen die Ergebnisse vorgehen werden. Bei der Wahl 2020 führten solche Klagen in einigen Bundesstaaten zu kurzen Auszählungsstopps. Bereits jetzt laufen Dutzende Klagen, die hauptsächlich in «Swing States» und von republikanischer Seite eingebracht wurden.
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Warum dauert die Auszählung so lange?
Zuerst einmal wegen der schieren Grösse der USA: Die Auszählung von voraussichtlich rund 160 Millionen Stimmen in verschiedenen Zeitzonen erfordert erhebliche Ressourcen. Besonders die Briefwahlstimmen verzögern in einigen Staaten den Prozess, weil sie dort erst am Wahltag geöffnet und bearbeitet werden dürfen.
Während die meisten Staaten – wie Georgia – bestimmte Schritte vorziehen, geht das etwa im bevölkerungsreichsten Staat unter den sieben «Swing States», in Pennsylvania, und auch in Wisconsin nicht. Allerdings nutzten 2020 viele Amerikaner pandemiebedingt die Briefwahl, was diesmal weniger erwartet wird. Ein weiteres Hindernis können komplizierte Stimmzettel oder Anforderungen für den Identitätsnachweis sein, die in einigen Staaten vorgeschrieben sind.
Können die ersten Ergebnisse täuschen?
Absolut. Einige Staaten beginnen mit der Auszählung der am Wahltag abgegebenen Stimmen. Diese kommen dann oft eher den Republikanern zugute, weil Demokraten tendenziell stärker die Briefwahl nutzen. Dies kann dann zunächst einen Vorsprung für Trump suggerieren, der sich durch die später ausgezählten Briefwahlstimmen zugunsten der Demokraten verschieben könnte – ein Phänomen, das Raum für Falschbehauptungen bietet, wie der Republikaner sie schon 2020 schürte.
Wie verlässlich sind Wahlumfragen in den USA?
Generell verlässlicher als ihr Ruf. Es ist aber schwer, die genaue Zusammensetzung der Wählerschaft vorherzusagen. 2020 stellte sich bei Nachbefragungen heraus, dass rund 20 Prozent der Wähler vier Jahre zuvor nicht zur Wahl gegangen waren. Dieser Anteil lag auch in früheren Jahren ähnlich hoch. Trump wurde 2016 und 2020 unterschätzt, die Demokraten sind seit 2022 bei den Zwischenwahlen und in ausserplanmässigen Wahlen deutlich besser gewesen als noch bei der Wahl 2020. Das liegt daran, dass in den USA das landesweite Recht auf legale Abtreibung gestrichen wurde. Die grosse Frage ist, ob sich 2024 die Serie von Trump oder Harris fortsetzt.
Wie geht es nach der Wahl weiter?
Nach der Zertifizierung in den Bundesstaaten und möglichen Nachzählungen per Hand kommen die Wahlleute am 17. Dezember in ihren jeweiligen Bundesstaaten zur Abstimmung zusammen. Im Januar wird dann im Senat noch einmal das Ergebnis zertifiziert, mit dem Vizepräsidenten als Sitzungsleiter. Dieses Treffen hatte am 6. Januar 2021 zum Sturm auf das Kapitol geführt, weil Trumps damaliger Vize Mike Pence die Wahl anerkennen wollte. Trump hetzte einen Mob auf, und Hunderte Demonstrierende brachen in das Parlamentsgebäude ein, einige skandierten «Hängt Mike Pence!». Dieses Mal sitzt Anfang Januar 2025 Harris als noch amtierende Vizepräsidentin dieser Sitzung vor.
DPA/aeg
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