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Museale Galerieausstellungen in Basel
Vilhelm Hammershoi als Kunst-Geheimtipp

Vilhelm Hammershoi: «Interior with the Artist’s Wife seen from Behind» (1901).
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Die Art Basel wirkt auf das Basler Kunstleben wie eine Rakete, in deren Sog sich plötzlich hinter jeder Fassade ein Kunstraum auftut. Sich die Galerien aus ihrem Dornröschenschlaf rappeln. Und neue Galerien ihr Eröffnungsfest feiern. Nachdem schon vor fünf Jahren die New Yorker Megagalerie Gagosian, die grösste ihrer Art, in Basel eine Filiale am Rheinsprung eröffnet hat, zog Anfan Juni die Zürcher Grossgalerie Hauser & Wirth nach. Am Luftgässlein, dem schnellsten Weg zwischen dem Kunstmuseum und der ehemaligen Galerie von Ernst Beyeler an der Bäumleingasse, eröffnete in den neu renovierten Räumen einer ehemaligen Seidenbandweberei ihre 7. Filiale in der Schweiz und ihre 21. weltweit.

Die Eröffnungsausstellung der Basler Galerie ist dem dänischem Maler Vilhelm Hammershoi (1864-1916) gewidmet, der nach seinem Tod rund 80 Jahre in der Versenkung verschwand, um dann in den späten 1990er Jahre mit seinen symbolistischen, an Bühnenbilder von Strindberg und Ibsen erinnernden Interieurs vom Geheimtipp zum Star zu avancieren. Vielbeachtete Retrospektiven in Paris, New York, London und Tokio machten ihn in wenigen Jahren einem grösseren Publikum bekannt. Grosse amerikanische Museen und private Sammler zeigten sich bereit, riesige Summen zu bezahlen. Das Auktionshaus Sotheby’s rief Preise von 9,1 Milionen Dollar («Interior. The Music Room, Strandgade 30», 2023) oder 6,2 Millionen Dollar («Interior with Woman at Piano, Stadtgade 30», 2017) auf.

Blick in die Ausstellung bei Hauser & Wirth Basel.

Längst schon handelt Hauser & Wirth nicht nur mit Kunst von lebenden Künstlern, der traditionellen Domäne einer Galerie, sondern auch mit Nachlässen. Bei Hammershoi betätigt sie sich als Kunsthändlerin auf dem sogenannten Second market. Ihre Spezialität: Sie reichert die Handelsware (nur 6 von 18 Bildern sind überhaupt verkäuflich) mit Leihgaben an, so dass alles in einem wertsteigernden musealen Kontext gezeigt werden kann.

Das Gesicht der Basler Filiale von Hauser & Wirth ist der 35 jährige Kunsthändler Carlo Knöll. Nachdem er seine Galerie Knoell an Hauser & Wirth verkauft hat, bekleidet er nun in dem Galerie- und Kunsthandelsunternehmen die Position eines Senior Advisor. In dieser Funktion verantwortet er auch Ausstellungen in anderen Filialen des weltweit agierenden Galerienkonzerns, der Hunderte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt. Im Frühjahr war Knöll in New York, um Werke von Verena Loewensberg (1912-1986) in der dortigen Filiale von Hauser & Wirth zu präsentieren.

Nun lädt er in Basel zu einer kleinen Show mit 18 Gemälden eines Dänen, der noch überhaupt nie eine institutionelle Ausstellung in der Schweiz erhielt. Es gibt also einiges an Erklärungsarbeit zu tun. Mit einem hervorragenden, reich bebilderten Katalog betreibt die Galerie einen Aufwand, wie ihn manche staatlich finanzierten Kunstinstitutionen nie leisten könnten.

Vilhelm Hammershoi: Interior with a Writing Desk« (1900)

Die Schau wurde kuratiert von Felix Krämer, dem Hammershoi-Spezialisten schlechthin, der nach seiner Dissertation über den Künstler schon mehrere grosse Retrospektiven gestaltet hat. Zu dem Katalog steuert er einen kunsthistorisch einordnenden Text bei, der von einer fulminante Hommage an den Künstler aus der Feder des Kunstkritikers und Bestsellerautors Florian Illies gefolgt wird. Illies nennt Hammershoi in einem Atemzug mit Andrew Wyeth, Giorgio Morandi, Edward Hopper, Cindy Sherman und Caspar David Friedrich.

Die Hammershoi-Bilder werden auf einem Preisniveau gehandelt, bei dem wohl nur sehr wenige Basler Kunstsammler mitbieten können. Die Galerie spricht von Preisen zwischen 500000 und 5,75 Millionen Franken. Aber hat nicht auch Ernst Beyeler, der in dem Gebäude, wo jetzt Hauser & Wirth ihre frisch renovierten Galerieräumlichkeiten bezogen haben, seine Bilder lagerte, oft an eine internationale Kundschaft verkauft? Angesprochen sind die reichen, weit her gereisten privaten und institutionellen Sammler, die extra zur Art Basel angereist sind und neben der zeitgenössischen Kunst, wie sie auf der Messe gehandelt wird, auch Interesse für wichtige historische Positionen bekunden.

Donald Judd: «Untitled», 1988. Clear anodized aluminum with red and chartreuse plexiglass.

Ganz ähnlich läuft das Geschäft bei Gagosian. Die Galerie am Rheinsprung zeigt zehn Werke des 1994 in New York verstorbenen Künstlers Donald Judd, der sehr gute Beziehungen zur Schweiz pflegte. Die an Büchertablare erinnernden Objekte sind aus Aluminium gefertigt und verfügen jedes über eine anders gefärbte Rückwand aus Glas. Sie wurden alle in der Schweiz bei der traditionsreichen Alu Menzikon gefertigt und werden deswegen auch «Menziken Pieces» genannt.

Die Objekte stammen aus dem Nachlass des Künstlers, der von dessen Sohn Flavin Judd verwaltet wird. Jedes Stück kostet nach Auskunft der Galerie 850000 Franken, was in etwa dem jährlichen Ankaufsetat des Kunstmuseums Basel entspricht. Wenn man bedenkt, dass das Auktionshaus Philipps 2013 ein Werk aus dieser Werkserie von Judd für 337000 Pfund verkauft hat, kann man erahnen, welche Wertsteigerung solche Kunst in den letzten Jahren erfahren hat.

Nicht viel anders entwickeln sich auch die Preise bei Hammershoi. Sie machen den Wiederverkauf eines Werkes schon nach wenigen Jahren interessant. Den Galerien winken beim Handel mit derart teurer Kunst Margen, mit denen sie ohne Probleme die Mietkosten für ein Domizil bezahlen können, welches den grössten Teil des Jahres zwar nicht leer steht, aber doch nur ein geringes Publikumsaufkommen hat.