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Sondersession in Bern
Nationalrat drängt auf rasches Hakenkreuz-Verbot

In der Schweiz legal: Nazi-Devotionalien, die die Polizei 2007 in Genf in der Wohnung von acht jungen Rechtsextremen fand.
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HANDOUT - Rechtsextremes Material, das in der Wohnung von acht junge Rechtsextreme gefunden wurde, welche am Donnerstag, 9. August 2007, in Genf drei Afrikaner angegriffen und einen von ihnen verletzt hatten. Sie wurden nach der Tat verhaftet, wie die Genfer Kantonspolizei am Freitag mitteilte. Eine Gruppe Soldaten war im Ausgang in der Nacht auf den (gestrigen) Donnerstag dazugestossen, als die Rechtsextremen die drei Afrikaner rassistisch beleidigten und mit Faustschlaegen und Fusstritten zu traktieren begannen. (KEYSTONE/Kantonspolizei Genf) *** NO SALES, DARF NUR MIT VOLLSTAENDIGER QUELLENANGABE VERWENDET WERDEN ***

Das Parlament will extremistische Symbole verbieten. Nach dem Ständerat hat am Mittwoch auch der Nationalrat eine entsprechende Motion gutgeheissen. Das Verbot zielt auf Nazi-Symbole, aber nicht nur. Ein Hakenkreuz-Verbot hat für die grosse Kammer jedoch Priorität.

Sie gab deshalb zwei parlamentarischen Initiativen mit dieser Forderung Folge – mit 132 zu 41 Stimmen bei 15 Enthaltungen respektive 132 zu 40 Stimmen bei 15 Enthaltungen. Die Initiativen der Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) sowie des früheren Zürcher SP-Nationalrats Angelo Barrile fordern ein spezialgesetzliches Verbot der öffentlichen Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen.

Hitlergruss als Grundrecht?

Die Kommission spreche sich für eine zügige Umsetzung eines Verbots nationalsozialistischer Symbole aus, sagte Kommissionssprecherin Patricia von Falkenstein (FDP/BS). Vor dem Hintergrund des zunehmenden Antisemitismus sei die Forderung dringlich. Benjamin Fischer (SVP/ZH) hingegen fragte, wie man es mit den Grundrechten vereinbaren könne, wenn der Hitlergruss – eine Bewegung des eigenen Körpers – verboten werde.

Die parlamentarischen Initiativen gehen nun zurück an die Rechtskommission des Ständerats (RK-S). Der Ständerat hatte sich Ende Oktober für ein umfassenderes Verbot extremistischer Symbole ausgesprochen und dazu eine Motion seiner Kommission für Rechtsfragen (RK-S) angenommen. Dieser Vorstoss wurde nun an den Bundesrat überwiesen. Die grosse Kammer hiess die Motion mit 133 zu 38 Stimmen bei 17 Enthaltungen gut.

Gegen ein Verbot extremistischer Symbole machte sich im Nationalrat nur die SVP stark. Die bestehende Gesetzeslage auf Stufe Bund und Kantone sei für die meisten Situationen bereits ausreichend, gab Barbara Steinemann (ZH) zu bedenken. «Wir sind das Land, das die wenigsten Probleme mit extremistischen Symbolen hat.»

Ein Verbot von Zeichen lindere das erschütterte Sicherheitsgefühl von Jüdinnen und Juden nicht, sagte Steinemann. «Wir machen wortwörtlich Symbolpolitik.»

«Es muss einigermassen klar sein»

«Rassendiskriminierende, gewaltverherrlichende, extremistische und insbesondere nationalsozialistischen Symbole haben in unserer Gesellschaft keinen Platz und sollen öffentlich nicht verwendet werden dürfen», sagte Justizminister Beat Jans. Mit Prävention alleine sei es heute nicht mehr getan. Es brauche Massnahmen auf Bundesebene.

Der Bundesrat muss nun eine gesetzliche Grundlage schaffen, welche das öffentliche Tragen, das öffentliche Zeigen sowie das öffentliche Verbreiten von rassendiskriminierenden, gewaltverherrlichenden oder extremistischen Symbolen unter Strafe stellt. Dazu gehören laut Motionstext Propagandamittel, Zeichen und Symbole wie Gesten, Parolen, Grussformen, Zeichen und Fahnen.

Bei der Umsetzung müsse «einigermassen klar sein, was erlaubt ist und was nicht», so Jans. Es brauche auch eine gewisse Flexibilität. Bei jedem neuen Gesetz müsse sich eine gewisse Rechtspraxis etablieren. Einige Vorarbeiten seien bereits gemacht worden. «Wir haben relativ schnell eine Liste zusammen», sagte Jans an die Adresse an den Nationalrat, der auf ein rasches Nazisymbole-Verbot drängt.

Zunahme antisemitischer Vorfälle

Wie der Nationalrat befürwortet der Bundesrat also ein stufenweises Vorgehen. Erst in einem zweiten Schritt soll ein umfassenderes Verbot extremistischer Symbole umgesetzt werden. Dies sei gerade vor dem Hintergrund der Zunahme antisemitischer Vorfälle nach dem Massaker der Hamas in Südisrael am 7. Oktober 2023 angezeigt, lautete der Tenor in der grossen Kammer.

Der im März veröffentlichte Antisemitismusbericht des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds (SIG) und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) zeigt ein Ausmass, wie es in den letzten Jahrzehnten nie beobachtet wurde. Im Vergleich zum Vorjahr mit 57 Fällen stiegen die antisemitischen Vorfälle im Jahr 2023 auf 155 Fälle. Allein in den knapp drei Monaten zwischen dem 7. Oktober und Ende Dezember wurden 114 Fälle gemeldet. Das meiste davon waren Schmierereien und Beschimpfungen.

Nach derzeitiger Rechtslage ist das Zeigen von Symbolen in der Schweiz nur strafbar, wenn damit für eine rassistische Ideologie geworben wird. Das Parlament hatte bislang auf ein totales Verbot rassistischer Symbole verzichtet, insbesondere wegen der Schwierigkeit einer Definition der zu verbietenden Symbole.

SDA/ij