Analyse zum WohneigentumHäuser werden immer teurer – und die Politik macht es noch schlimmer
Die Hauspreise wachsen in den Himmel, und jetzt steigen auch noch die Zinsen. Der Traum vom Eigenheim bleibt für die meisten ein Traum.
Die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen sind im letzten Jahr um rund 7 Prozent gestiegen – schneller denn je. Wohneigentum ist seit der Finanzkrise ununterbrochen teurer geworden. Wegen der zunehmenden Inflation stiegen nun auch die Hypozinsen. Es ist die ungünstigste Kombination für alle, die ein Eigenheim erwerben möchten.
Gemäss einer Umfrage der Credit Suisse möchten dies 77 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 und 25 Jahren. Für die meisten wird es ein Traum bleiben. Die Jobsicherheit nimmt ab, Karrierebrüche nehmen zu, auf steigende Einkommen ist immer weniger Verlass.
Obschon die stark gesunkenen Zinsen in den letzten zwanzig Jahren die Finanzierung von Wohneigentum stark erleichtert haben, wurde der Kauf von Wohnungen oder Häusern nicht einfacher. Was bei der Finanzierung eingespart wurde, haben die im Schnitt doppelt so hohen Preise wieder wettgemacht.
Die Wohneigentumsquote stagniert denn auch seit etwa zehn Jahren. In der Altersgruppe der 30- bis 60-Jährigen ist sie gar gesunken. Deutlich zugenommen hat sie bei den Pensionierten und den jungen Erben.
Natürlich ruft diese Entwicklung die Politik auf den Plan. Die SVP etwa will die Lex Koller verschärfen, um den Kauf von Immobilien durch Ausländer zusätzlich zu erschweren. Fachleute halten dies für eine Scheinlösung, die höchstens im obersten Preissegment eine gewisse Wirkung haben könnte.
«Die Preise steigen, weil die Nachfrage grösser als das Angebot ist.»
Der jüngste Vorstoss stammt von der Mitte-Ständerätin Heidi Z’graggen. Der Bund soll Bürgschaften oder Darlehen an Käufer ausgeben, um Wohneigentum zu fördern. Zudem sollen die regulatorischen Vorschriften bei der Vergabe von Hypotheken gelockert werden können.
Die Erfahrungen mit der Wohneigentumsförderung über staatliche Bürgschaften und Darlehen sind allerdings ernüchternd. In der Immobilienkrise der 1990er-Jahre fielen Verluste von gegen 900 Millionen Franken an.
Zu überdenken wäre der kalkulatorische Zinssatz. Mit ihm soll sichergestellt werden, dass Wohneigentümer genug verdienen, um einen Hypozins von 5 Prozent zu verkraften. Eine einkommensabhängige Verschuldungslimite wäre zweifellos sinnvoller.
Mit der Lockerung der Tragbarkeitsregeln würden mehr Leute zu Eigentum kommen. Aber sie erhöht eben auch das Risiko für Konkurse und Bankenkrisen, sollten die Zinsen plötzlich stark steigen. Vor allem ändert der Vorschlag nichts am Grundproblem, er verschärft es eher noch: Die Preise steigen ja, weil die Nachfrage grösser als das Angebot ist.
Es ist das Grundübel der Schweizer Wohnpolitik: Sie kurbelt die Nachfrage an und verknappt das Angebot. Wenn sie wirkt, steigen die Preise – was Anlass für noch mehr Interventionen liefert.
2019 wurden etwa ein Drittel weniger neue Einfamilienhäuser erstellt als 2012. Mit der Raumplanung wollte man die Zersiedelung stoppen und durch Verdichtung mehr Wohnraum schaffen. Das verbliebene Bauland wird oft nicht überbaut, weil die Eigentümer mit Wertsteigerungen rechnen können, ohne einen Finger zu rühren.
Und die Verdichtung funktioniert nicht. Der Anteil von Wohnersatzbauten und Umnutzungen stagniert, jener von Anbauten und Aufstockungen bleibt verschwindend gering. Restriktive Ausnützungs- und Bauvorschriften sei Dank. In Zürich blockieren Gerichte bauliche Verdichtungen komplett – mit Verweis auf Lärmvorschriften.
Die Hauseigentümer profitieren ohne eigenes Zutun mit Wertsteigerungen von dieser Angebotsbegrenzung, Nichteigentümer und Mieter haben das Nachsehen – es entwickelt sich eine Zweiklassengesellschaft.
Den Boden besteuern, nicht das Bauwerk
Ökonomen haben für dieses Problem seit Adam Smith eine Lösung: Besteuere den Boden, und nicht das, was darauf gebaut wird. Während die meisten Steuern produktives Verhalten bestrafen, fördert eine Bodensteuer solches. Sie regt Landbesitzer dazu an, das Beste aus ihrem Grund und Boden herauszuholen, zum Beispiel über grössere Gebäude und schnellere Schliessung von Baulücken.
Selbst der Ökonom Milton Friedman, kein Freund von Steuern, bezeichnete die Bodenwertsteuer als «die am wenigsten schlechte Steuer». Sie wird als Mittel im Kampf gegen den Wohnungsmangel in attraktiven Städten empfohlen. Eine Bodenwertsteuer ist wie eine Grundsteuer, allerdings mit einem Abzug für den Wert von Gebäuden und anderen Verbesserungen. Die Steuer würde die Grundstückspreise senken und den Anreiz erhöhen, mehr zu bauen. Sie hat bloss einen gewichtigen Nachteil: Sie ist politisch chancenlos.
Boden lässt sich nicht vermehren, daran kann die Politik nichts ändern. Es wäre schon viel, wenn sie nicht noch mehr unternimmt, um die Nachfrage zu erhöhen und das Angebot zu beschränken.
Korrektur von 08.45 Uhr: In einer früheren Version dieses Artikels hiess es, es würden heute ein Drittel weniger Wohnungen als vor zwanzig Jahren erstellt. Das ist falsch, nur der Bau von Gebäuden ging zurück. Seit 2013 wurden mehr Wohnungen erstellt, nämlich pro Jahr zwischen 48’000 und 53’000.
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