MamablogHässig am Dunschtig
Dauerhässig und genervt? Willkommen im Club. Doch für unsere Autorin gibt es Hoffnung – dank einem Trick vom eigenen Kind.

Ich bin hässig. Heute Morgen habe ich 40 Minuten hinter 1553 Personen in einer digitalen Schlange gewartet, um herauszufinden, dass alle Plätze für den Zukunftstag, die mein Kind interessieren, besetzt sind. Der Tumbler spinnt wieder und das letzte Mal, als ich Wäsche auf dem Balkon aufgehängt hatte, ist mir beim Zusammenlegen eine riesige Spinne aus dem Lumpen in meiner Hand über den Tisch und meinen Laptop gerannt. Weil niemand im Haus war und es das Einzige ist, zu dem ich mich überwinden kann, musste ich sie schreiend einsaugen. Der Stabsauger stand dann sicherheitshalber tagelang auf dem Balkon, was die Hausarbeit verzögerte. Comparis hat mir wieder einmal ein «schmuckes Häuschen mit Charme» – aus den Sechzigern, mit weissen Bodenplatten, braunem Täfer und schlammgrünen Badezimmern für 4500.– im Monat geschickt. Danke, aber wir passen. Der lauschige Garten – mit grusligem Cheminée und lottrigem Gartenschopf ¬– lädt zum Verweilen ein. Äh, nein. Wurde kürzlich saniert. Wo genau? Wenn mal ein Haus richtig geil daherkommt, wird es natürlich befristet möbliert vermietet. So ein geiles Zuhause gibt man ja nicht her. Wenigstens wissen jetzt alle, dass die mit den geilen Häusern auch für 6 Monate reisen gehen können.
Die unerwartete Heilmethode
Man darf wegen solcher Sachen schon grummlig sein. Das Problem ist nur; ich war es schon gestern. Und am Dienstag. Und am Tag davor. Früher war ich mal lustig. Schon ab und zu hässig, aber eben auch lustig. Ich mag mich grad nicht so besonders.
Das Alles-nervt-mich-Syndrom auf die Kinder zu schieben, ist am einfachsten. Die sind schliesslich auch IMMER hässig. Und motzen STÄNDIG herum. NIE sind sie zufrieden und ALLES finden sie blöd. Differenzierte Wahrnehmung gehört nicht gerade zu meinen Stärken. Wenn ich wirklich tief in mich gehe, kann ich zugeben, dass es derzeit wenig braucht, um mich hässig zu machen. Und die Kinder womöglich gar nicht so schlimm sind, wie ich tue.
Zum Glück muss ich mich nicht inserieren. Sieht von aussen ganz schön aus, die miese Laune lädt aber überhaupt nicht zum Verweilen ein. Müsste mal dringend renoviert werden, die Besitzerin hat nur grad leider keinen Bock. Altbau-Charme und Stuckaturen, aber darunter schimmelt es gewaltig. Sehr nette Nachbarn, die jedoch bald ausziehen, weil es zu fest zu ihnen rübermüffelt.
Vor einigen Jahren habe ich dieses Experiment mit der Dankbarkeitsliste ausprobiert. Ich trug eine Zeit lang ein Büchlein bei mir, in das kleine Dinge des Alltags notiert wurden, die Freude machen. Frisches Brot. Sonnenstrahlen auf der Haut. Furzwitze und Kinderlachen. Zeit mit Freundinnen. Ein frisch bezogenes Bett. Aufwachen mit Zopfgeruch. Das hat damals recht gut funktioniert, aber diesmal hat mich die Liste nur hässig gemacht.
Dafür hat etwas anderes geholfen, und das habe ich nicht einmal selbst inszeniert. Mein Sohn stibitzt seit neuestem heimlich mein Handy und ändert das Hintergrundbild so, dass jedes Mal, wenn ich es anschalte, ein anderes Foto von ihm erscheint. Ich bin die letzten Wochen regelrecht durch die Zeit gereist und hatte echt viel zu lachen. Diese unverhofften Rückblicke halfen mir, einen wieder etwas weiteren Blick zu trainieren und zu realisieren, was für ein crazy schönes Leben ich führe. Nicht nur wegen der Kinder. Aber auch. Ich komme noch nicht drum herum, mich täglich gegen das Hässigsein zu wehren. Aber immerhin steht mein Entschluss fest, wieder lustiger zu werden.
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