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Anthony Fauci über Donald Trump
«Habe mich nicht gefreut, dem Präsidenten zu widersprechen»

Kritischer Blick vom Chef: Dr. Anthony Fauci während einer Coronavirus-Pressekonferenz im Weissen Haus neben Donald Trump.
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Nachdem Dr. Anthony Fauci vor ein paar Tagen an seiner ersten Corona-Medienkonferenz unter Joe Biden von einem «befreienden Gefühl» gesprochen hatte, beschrieb der oberste Seuchenbekämpfer der USA in einem Interview mit der «New York Times» die Schwierigkeiten, die er als Berater von Ex-Präsident Donald Trump durchlebt hatte – Schwierigkeiten, die auch sein Privatleben belasteten.

Er habe bereits früh in der Corona-bedingten Krise festgestellt, dass zwischen ihm und Präsident Trump etwas schieflaufe, erzählt Fauci. Bereits als die Fallzahlen im März 2020 im Nordosten des Landes – insbesondere in der Region um die Metropole New York – gestiegen seien, habe er vor dem Ernst der Lage gewarnt. Der Präsident habe allerdings dazu geneigt, die Situation zu entdramatisieren: «Na ja, es ist nicht so schlimm, richtig?», war fast schon beinahe eine reflexartige Antwort Trumps, so Fauci.

In einem Gespräch soll Trump ihn aufgefordert haben, nicht so «negativ» zu sein; er müsse eine positive Einstellung einnehmen, lautete der präsidiale Tipp. Später bezeichnete Trump Fauci sogar als «Katastrophe.»

Anekdoten statt Daten – «bla, bla, bla»

Was Fauci aber wirklich beunruhigt habe, sei die Einflussnahme von Unbekannten auf den Präsidenten: Trump habe deren Meinung – «basierend auf Anekdoten und nicht wissenschaftlichen Daten» – genauso ernst genommen wie die Stimmen von Experten.

Es ging nicht nur um Hydroxychloroquin, es war eine Vielzahl von Ansätzen aus der alternativen Medizin. Trump habe Fauci immer wieder erzählt: «Ein Mann hat mich angerufen, ein Freund von mir von bla, bla, bla. Dann eskalierte meine Angst.»

Einer ist weg, der andere bleibt: Der abgewählte Präsident Donald Trump und der Berater dessen Nachfolgers, Anthony Fauci.

Stinktier beim Picknick

Fauci habe dem Präsidenten regelmässig widersprochen, weshalb er für viele in Trumps Umfeld als Schwarzmaler galt. «Daher gab es diesen Witz – einen freundlichen Witz –, laut dem ich das Stinktier beim Picknick war.» Trotzdem widersprach Fauci den Verharmlosungen des Virus, durch die sich die Trump-Regierung vor allem in der Anfangszeit auszeichnete.

Den Bettel hinschmeissen wollte er nie: «Ich dachte, wenn ich gehe, bleibt eine Lücke zurück» – es habe jemanden im Team der Taskforce geben müssen, der sich getraut habe, unangenehme Wahrheiten anzusprechen.

Von Verleugnung bis hin zu Morddrohungen

Sein öffentlicher Widerspruch gegen Trumps Aussagen im Bezug auf das Coronavirus machte Fauci auch zur Zielscheibe von Anfeindungen ausserhalb der Regierung.

In dem Gespräch berichtete der 80-Jährige von zahlreichen Morddrohungen gegen ihn und seine Familie – in Schutz genommen hatte Donald Trump den gebürtigen New Yorker italienischer Abstammung zumindest öffentlich nicht.

Im Frühling 2020 seien die ersten Drohungen eingegangen. Es gab Belästigungen gegenüber seiner Frau und insbesondere seiner Kinder, «was mich mehr als alles andere verärgerte».

«Wie zum Teufel haben diese Arschlöcher diese Informationen bekommen?»

Anthony Fauci

«Die Absender wussten, wo meine Kinder arbeiten, wo sie leben.» Seine Kinder hätten die Drohungen direkt auf ihre Telefone bekommen – und nach Hause. «Wie zum Teufel haben – wer auch immer – diese Arschlöcher diese Informationen bekommen?», zitiert die Zeitung den besorgten dreifachen Vater.

Auch im Internet wurde übel über ihn geredet und wurden Drohungen ausgesprochen: «Hey, wir müssen diesen Kerl loswerden. Was machen wir mit ihm?» Er dämpfe die Chancen des Präsidenten auf eine Wiederwahl, hiess es. Fauci nennt diese Äusserungen «diese Art von rechter Verrücktheit».

Weisses Pulver aus dem Couvert

Eine weitere Situation, die Fauci beunruhigte: «Eines Tages bekam ich per Post einen Brief. Als ich ihn öffnete, stiess Puder aus dem Umschlag und verteilte sich über mein Gesicht und meine Brust.» Im Nachhinein erwies sich das Pulver als «nichts.»

Das FBI habe das Pulver untersucht und ihn darum gebeten, nicht über den Vorfall zu sprechen, verriet der weltbekannte Berater von nunmehr sieben Präsidenten – von Ronald Reagan bis Joe Biden.

Wie lange er Biden beraten werde, könne er noch nicht sagen: «Wir erleben eine historische Pandemie, wie wir sie seit 102 Jahren nicht mehr gesehen haben.» Er biete mit seinen Beiträgen einen grossen Mehrwert. «Ich möchte es so lange tun, bis ich sehe, dass wir diesen Ausbruch bezwingen, damit die Menschen wieder zur Normalität zurückkehren können.»

Fauci prognostizierte zuletzt, dass es in den USA im Herbst eine gewisse Rückkehr zur Normalität geben könne, sofern es gelinge, bis dahin einen Grossteil der Bevölkerung zu impfen.

nag/sda/afp