Podestplatz in ZagrebMichelle Gisin taucht in die neue Welt ein
Die Schweizerin bestätigt als Dritte ihren Sieg von Semmering – dank neuer mentaler Stärke. Mikaela Shiffrin zeigt derweil menschliche Züge.
Vor zwei Jahren sagte Michelle Gisin: «Es ist kompliziert im Slalom. Es hat zwei, die alle überragen. Dann kommt eine Gruppe mit Wendy als Bester. Und dann sind da noch wir, der Rest. Aber dazwischen liegt eine kleine Welt.»
Unrecht hatte sie nicht. Drei Jahre lang machten Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova die Slalomsiege unter sich aus, Wendy Holdener holte tapfer Ehrenplätze. Für Gisin gab es nichts zu holen, bis sie Ende 2019 mit Rang 3 in Lienz erstmals an die Tür zur Weltspitze klopfte.
Mittlerweile hat die Obwaldnerin diese Tür regelrecht eingetreten: Fünfte, Zweite, Erste und Dritte ist sie geworden in diesem Winter, der Podestplatz in Zagreb verdeutlichte zweierlei: ihre Konstanz im Stangenwald. Aber auch ihr noch immer nicht ausgereiztes Potenzial. Die Läufe in Kroatiens Hauptstadt waren keineswegs frei von Fehlern, im zweiten Durchgang gab es «den einen oder anderen Bock», wie sie es nannte. Diese haben gewiss mehr Zeit gekostet als die 22 Hundertstel, die sie von Siegerin Petra Vlhova trennten.
Leichtfüssig schlängelt sich Gisin derzeit durch die Stangen, was unspektakulär aussieht, ist umso geschmeidiger. «Sie ist einfach extrem schnell», meinte Vlhova, «egal bei welchen Bedingungen.» Das Wetter in Zagreb war so garstig, dass selbst Hunde kaum freiwillig nach draussen gegangen wären. Es regnete, der Bärenberg verschwand im Nebel, die Piste respektive der Schneestreifen inmitten des Grüns versank im Salz – stundenlang war mit Feuerwehrschläuchen gearbeitet worden.
Schnell wie die Feuerwehr ist Gisin unterwegs, seit Wochen schon. Um im Wetterjargon zu bleiben: Bei ihr hagelt es Spitzenplätze. Mental habe sie einen riesigen Schritt vorwärtsgemacht, sagte die 27-Jährige, sie habe ein ganz anderes Selbstvertrauen.
Überdies lobte sie ihr medizinisches Betreuerteam, das ihren im Januar 2019 erlittenen Knorpelschaden im rechten Knie optimal behoben habe. «Seither kann ich mehr Slalom trainieren als je zuvor. Das wirkt sich positiv aus.» Wie wahr: Gisin ist nicht nur schnell, sondern auch ungemein sicher: In den letzten 23 Slaloms hat sie stets das Ziel erreicht.
Shiffrin verpasst 100. Podestplatz
Im Gesamtweltcup liegt Gisin auf Platz 2. Es braucht eine Vlhova in Überform, um sie zu distanzieren. Eher kein Thema ist die grosse Kugel für Mikaela Shiffrin, die sich auf die technischen Bewerbe konzentriert. Als Vierte verpasste sie ihren 100. Podestplatz knapp, das Versäumte wird sie bald nachholen, wobei sie auf den Ski je länger, je mehr menschliche Züge zeigt. Die Dominanz vergangener Saisons jedenfalls ist verflogen.
Noch immer sei bei ihr nichts normal, sagte die Amerikanerin in Anspielung auf den Unfalltod ihres Vaters vor elf Monaten. Ski fahren bezeichnet sie als Trauertherapie. Fragt sich, wie gross der unbedingte Siegeswille geblieben ist.
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