Gstaad muss die heikle Frauenfrage lösen
Das Swiss Open der Männer floriert. Doch diese sträuben sich gegen das Projekt, ihre Woche mit den Frauen zu teilen.
«Dem Männerturnier geht es wunderbar», fasst Swiss-Open-Direktor Jeff Collet am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein über Gstaad die Woche zusammen. Hätte am Vortag nicht der Regen die Halbfinals um fast fünf Stunden verzögert und viele Zuschauer vertrieben, seine Bilanz wäre noch besser. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen die Organisatoren dennoch mehr Zuschauer, es wird offiziell eine Zahl im Bereich von 38'000 erwartet.
Nur einen Bruchteil davon zog das in der Woche davor zum dritten Mal ausgetragene WTA-Turnier an. Die «rund 10'000 Zuschauer», von denen gesprochen wird, dürften dabei sogar noch stark geschönt sein. Ob das Turnier verkauft, innerhalb der Schweiz verschoben oder mit jenem der Männer kombiniert wird, ist offen. Vielleicht bleibt auch alles, wie es war.
Centre Court für die Frauen
«Wenn wir wählen könnten, würden wir beide Turniere parallel durchführen», sagt Collet. Damit wären auch Swiss Tennis und die Gemeinde Saanen einverstanden, die mit der Agentur Grand Chelem Event SA hinter dem Anlass stehen. Gemäss Collet käme es bei diesem Szenario zu einer Weltpremiere: Es würde ein zweiter, etwa 1500 Zuschauer fassender Centre Court erstellt, nur für die Frauen. Das leicht defizitäre WTA-Turnier werde stets die kleine Schwester des Swiss Open bleiben, hält er fest. Es schüttet mit 250'000 Dollar auch weniger als die Hälfte des Preisgelds der Männer aus.
Mit dem neuen Court würden zwei Probleme auf einmal gelöst: Das Frauenturnier würde nicht mehr in einem zu grossen Stadion ausgetragen, was auf die Stimmung schlägt, und die Männer könnten wie bisher über die 4500 Zuschauer fassende Roy Emerson Arena verfügen. Zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur wären aber unvermeidbar. Vorgesehen wäre ein zweistöckiger, temporärer Zeltbau. Die Angst einiger Spieler, die Hotelbetten in Gstaad könnten knapp werden, sollten die Frauen in ihre Woche wechseln, ist dagegen unbegründet. «Immerhin haben wir fünf Fünfsternhotels», so Collet.
«Männer haben keine Lust, Frauen zu helfen»
Der Turnierchef und Ruth Wipfli-Steinegger, VR-Präsidentin der Swiss Open Gstaad AG, bekennen aber, dass ihr Plan auf wackligen Beinen steht. Zwar ist er mit der Führung der ATP-Tour entwickelt worden, doch dass ihn der Spielerrat, der ihn voraussichtlich am US Open bespricht, gutheisst, ist höchst zweifelhaft.
«Das Problem ist, dass die Männer diese kombinierten Turniere nicht gerne haben», gibt Collet zu. Viele hätten das Gefühl, dass davon nur die Frauen profitierten, die Männer dagegen zu viel Rücksicht nehmen müssten. «Und sie haben keine Lust, den Frauen noch mehr zu helfen.»
Der «Swissness-Faktor»
Sie sei überzeugt, dass auch die Männer profitieren würden, sollten sie die Frauen neben sich akzeptieren, sagt Wipfli-Steinegger. Da die Schweiz am Frauenturnier gewöhnlich viel stärker vertreten ist als bei den Männern (dieses Jahr 7/1), käme auch der «Swissness-Faktor» mehr zum Tragen. Die Zuschauerzahlen würden ziemlich sicher steigen und der Anlass aufgewertet.
Swiss Tennis hält auch aus strategischen Gründen am WTA-Turnier fest (allerdings erreichte, wie bei den Männern, keine der Schweizerinnen die Viertelfinals). Gelöst wäre damit auch das Problem, dass das Frauenturnier unmittelbar nach dem Beachvolley-Event ausgetragen werden muss, weshalb es aus logistischen Gründen erst am Dienstagabend richtig beginnt.
Allerdings ist auch das Männerturnier, bei dem der Vertrag mit Hauptsponsor J. Safra Sarasin ausläuft, nicht restlos sorgenfrei. Nach der Absage von Stan Wawrinka sorgte insbesondere die kurzfristige Abmeldung Henri Laaksonens für Verdruss, zumal er das Konkurrenzturnier in Hamburg vorzog. Unerfreulich war auch, dass mit Fognini, Coric und Rublew drei Topgesetzte schon beim ersten Einsatz scheiterten.
Eine Folge der ungewohnten Bedingungen in der Höhenlage von Gstaad und der Tatsache, dass die vier Bestklassierten in der Startrunde spielfrei sind. «Aber ohne diese Freilose wäre es noch schwieriger, starke Gesetzte anzuziehen», sagt Collet, der sich auch für 2019 um Federer und Wawrinka bemüht. So ist das auch im Tennis: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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