Bester Punkteschnitt der LigaUnd GC-Trainer Oral bleibt sogar noch sein Trick mit der Autowaschanlage
In seinen ersten fünf Spielen mit GC hat Tomas Oral nie verloren. Der Deutsche hat das Team stabilisiert, doch jetzt kommen schwere Wochen auf die Grasshoppers zu.
- GC-Trainer Tomas Oral ist nach fünf Ligaspielen ungeschlagen und hat derzeit den besten Punkteschnitt aller Trainer in der Liga.
- Der Deutsche ist für seine ungewöhnlichen Massnahmen bekannt, in Frankfurt schickte er seine Spieler mal durch eine Autowaschanlage.
- Orals Vertrag läuft bis zum Saisonende. Wie es danach weitergeht, ist noch offen.
Ganz egal, was noch kommt: Seinen Platz in der deutschen Fussballgeschichte kann Tomas Oral niemand mehr nehmen.
Zehn Jahre ist es her, dass der FSV Frankfurt ihn vor dem letzten Spieltag der Saison 2014/15 als Trainer verpflichtete, um den Club vor dem Abstieg in die 3. Liga zu retten. Viel Zeit blieb nicht, also liess Oral seine Spieler durch eine Autowaschanlage laufen, um die Geister der Vergangenheit zu vertreiben.
Klingt wie ein Kniff aus einem ziemlich vergilbten Motivationsratgeber, aber es hat geholfen: Frankfurt siegte in Düsseldorf, verhinderte den Abstieg – und Oral wird immer noch ab und zu auf die Aktion angesprochen. Auch jetzt wieder.
Der 51-Jährige sitzt in einem kargen Raum auf dem Campus des Grasshopper Club in Niederhasli. Am Samstag trifft sein Team auf die Young Boys, für GC ist es das erste Heimspiel des Jahres. Danach heissen die Gegner: Servette, Lausanne, Lugano, wieder Lausanne, wieder YB. Klingt ungemütlich, und eigentlich müssten Orals Erinnerungen an Frankfurt jetzt ganz weit weg sein. Sind sie aber nicht.
Einzige Niederlage im Cup gegen den FCZ
Es ist etwas passiert, seit Oral in Zürich ist, er hat etwas bewegt, anders ist der Aufschwung ja nicht zu erklären. Bevor er im November als Nachfolger von Marco Schällibaum vorgestellt wurde: fünf Niederlagen aus den letzten sechs Spielen. Danach: drei Unentschieden und zwei Siege. Verloren hat Oral bisher nur im Cup, gegen den FCZ. In der Liga hat er derzeit den besten Punkteschnitt aller Trainer.
Wie ist ihm das gelungen? Wie hat er das gemacht? «Als es keiner mitbekommen hat, sind wir alle zusammen durch die Waschanlage gelaufen», sagt Oral und muss lachen. Es ist ein Witz.
Oral hat bei GC andere Kniffe gefunden, um den – wie er es nennt – «Selbstreinigungsprozess» der Spieler in Gang zu setzen. «Wir haben ein paar Dinge unternommen», sagt er, mehr will er nicht verraten. «Es ist ein gutes Zeichen, dass wir in der Kabine gewisse Sachen machen und es keiner mitkriegt. Das zeigt mir: Wir haben ein gutes Wirgefühl.»
«Wir reagieren gut auf Rückschläge. Das spricht für unseren Teamgeist.»
Spielerisch hat er nichts Grundlegendes verändert. Wie auch, er ist ja mitten in der Saison gekommen und musste zuletzt in Sitten fast ein ganzes Spiel in Unterzahl agieren. «Wir haben den Jungs eine Kompaktheit in sämtlichen Spielphasen vermittelt. Wir müssen Widerstände angehen, die Ärmel hochkrempeln.» Jetzt klingt er wieder ein bisschen nach Motivationsratgeber, aber es scheint zu funktionieren.
GC hat unter Oral und dessen Assistenztrainer Michael Henke in jedem Ligaspiel jeweils ein Tor geschossen und nie mehr als einen Gegentreffer kassiert. «Wir reagieren gut auf Rückschläge, das haben wir zuletzt in Sitten gezeigt. Das ist wichtig, das spricht für unseren Teamgeist», sagt Oral.
Es wird sich zeigen, ob er das in vier, fünf Wochen immer noch behaupten kann. Aktuell steht GC zwar auf dem sicheren 10. Tabellenplatz, aber es kann schnell gehen in dieser Liga. Zumal man noch nicht weiss, welche Spieler die Zürcher in diesem Winter noch verlassen könnten.
Die Verpflichtung des 51-Jährigen hat im letzten November keine Stürme der Begeisterung ausgelöst. Anderthalb Jahre war Oral zuvor ohne Anstellung gewesen, in Sandhausen musste er bereits nach zwei Monaten wieder gehen. Er ist ein ehemaliger Weggefährte von Harald Gärtner, dem Europa-Verantwortlichen der GC-Besitzer in Los Angeles. Schnell schwang das Wort «Notlösung» mit.
Peter Zeidler und Patrick Rahmen sollen abgesagt haben, und Gerald Scheiblehner erhielt in Österreich keine Freigabe. Am Ende kam Oral, ein Trainer mit Erfahrungen in unterklassigen deutschen Ligen und einem Assistenztrainer-Posten unter Felix Magath beim Fulham FC. Als Cheftrainer ist Zürich jedoch seine erste Station im Ausland.
Viel weiss man nicht über den 51-Jährigen, Interviewanfragen lehnte er in dieser Woche ab. Und so bleibt das, was man über ihn lesen kann oder was ehemalige Wegbegleiter erzählen. Von einem «harten Stil» ist die Rede, einem «Provokateur», einem «schlechten Verlierer», aber auch einem «guten Motivator», einem «Positiv-Verrückten», einem, der wisse, wie man «gut und abwechslungsreich» trainieren lasse.
Den vielleicht wichtigsten Satz hat die «Süddeutsche Zeitung» vor vier Jahren über Oral geschrieben, in der Saison, als er den FC Ingolstadt in die 2. Liga führte. «Gut möglich, dass Oral bisher häufiger aus atmosphärischen als aus sportlichen Gründen entlassen wurde.» Passenderweise trennte sich der Club wenig später von ihm – obwohl er den Aufstieg schaffte.
Sein Vertrag bei GC läuft bis zum Ende der Saison
Was das Atmosphärische angeht, hat Oral mit GC erneut keine einfache Aufgabe übernommen. Der Club ist auf der Suche nach sich selbst, von aussen ist schwer zu erkennen, wohin und in welchem Tempo sich GC entwickelt. Und für den Trainer ist es sicher nicht einfach, wenn gewisse Klauseln die Spieler entweder automatisch weiter an den Verein binden oder zu einem Abgang treiben.
Orals Vertrag läuft bis zum Ende dieser Saison, mehr Gedanken will er sich jetzt noch nicht machen. «Ich habe mich privat auf eine Ebene gestellt, in der ich jederzeit auch etwas anderes machen kann, als Trainer zu sein. Wir können den Vertrag auch am Abend des 30. Juni noch verlängern», er kennt die Mechanismen des Geschäfts.
Die jüngsten Resultate sprechen für ihn. Aber Tomas Oral weiss selbst, dass sich das schnell ändern kann. Und dass es für langfristigen Erfolg mit GC mehr braucht als den Gang durch eine Waschanlage und ein paar hochgekrempelte Ärmel.
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