Gewalteskalation in der DiasporaAsylchefin will gefährliche Eritrea-Festivals verhindern
Erstmals nimmt die Staatssekretärin für Migration Stellung zur Massenschlägerei in Opfikon. Ihre Leute überprüfen bereits erste regimetreue Eritreer, die den Asylstatus verlieren könnten.
Schlagstöcke, Steine, Fäuste: Es waren wüste Szenen, die sich vor rund zwei Wochen in Opfikon bei Zürich abspielten. Regimetreue und Regimekritiker aus Eritrea gingen im Glattpark aufeinander los.
Das beschäftigt auch die höchste Asylbeamte im Land. Christine Schraner Burgener spricht auf Anfrage von einer «roten Linie», die nun überschritten worden sei. «Als Bürgerin dieses Landes stört es mich sehr, wenn dieser Konflikt, der nichts mit der Schweiz zu tun hat, gewaltsam auf unserem Boden ausgetragen wird», ärgert sich die Staatssekretärin für Migration.
Sie will mit den zuständigen Stellen zusammenspannen, damit Anlässe, bei denen Ausschreitungen drohen, «möglichst nicht mehr bewilligt werden».
«Rädelsführer zur Rechenschaft ziehen»
Damit spricht Schraner Burgener die sogenannten Kulturfestivals an. Dahinter stehen regimenahe Organisationen, die Propaganda verbreiten und Geld für das diktatorische Regime eintreiben.
Rund um den 1. September waren europaweit solche Festivals angekündigt, um den Jahrestag des Beginns des Unabhängigkeitskriegs zu zelebrieren. Gegnerinnen und Gegner des Regimes lehnten sich gegen die Propagandaveranstaltungen auf, weshalb es etwa in Tel Aviv, Stockholm oder eben auch in Opfikon zu Gewalteskalationen kam.
Dieses Wochenende wiedeholten sich die Ereignisse: In Stuttgart prügelten sich am Samstag Regimebefürworter und -Gegner. Die Polizei nahm über 200 Eritreer fest. Dabei zeigte sich: 63 Regimegegner waren aus der Schweiz eingereist.
Schraner Burgener nimmt Bund, Kantone und Gemeinden in die Pflicht. Sie müssten eng zusammenarbeiten, um solche Ausschreitungen zu verhindern. Falls das nicht gelinge, «müssen die Rädelsführer zur Rechenschaft gezogen werden».
Die Frage ist: Wie?
Regimetreuen Eritreern droht Entzug des Asylstatus
Kurz nach der Massenschlägerei forderten der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr sowie die SVP, die regimetreuen Eritreerinnen und Eritreer auszuschaffen. Auch innerhalb der Diaspora unterstützen das viele.
Staatssekretärin Schraner Burgener sagt, das SEM habe bereits «gewisse Informationen» aus Zürich erhalten, um die Verantwortlichen hinter der Eskalation in Opfikon zu überprüfen.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich ihrerseits hat bislang gegen 15 identifizierte Personen ein Verfahren eröffnet, wie sie auf Anfrage sagt. Die Untersuchung betrifft mutmasslichen Raufhandel und Landfriedensbruch. Im Einzelfall könnten weitere Straftatbestände hinzukommen.
Schraner Burgener erinnert daran, dass zwangsweise Rückführungen für kein europäisches Land möglich sind, weil Eritrea nicht kooperiert. Das Asylgesetz erlaubt den Schweizer Behörden aber, den Asylstatus oder die Flüchtlingseigenschaft in bestimmten Fällen aufzuheben oder zu verweigern. Wenn etwa die innere und äussere Sicherheit der Schweiz gefährdet ist.
Die Schweizer Behörden beobachten aber auch genau, was die Oppositionellen tun. «Seit letztem Jahr stellen wir europaweit fest, dass sich die Oppositionellen besser vernetzt haben und strategisch vorgehen», sagt Schraner Burgener. «Zuerst versuchen sie, durch Meldung an die Behörden die Durchführung der Anlässe zu verhindern. Wenn dies nicht klappt, demonstrieren sie am Veranstaltungsort.»
Für die Behörden könnte das zur Zwickmühle werden. Denn einerseits mahnt Schraner Burgener an die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Andererseits sei klar: «Wenn eine der beiden Seiten zu Gewalt aufruft oder Menschen unter Druck gesetzt werden, enden diese Freiheiten.» Das könnte regimekritischen Eritreerinnen und Eritreern künftig zugutekommen, wenn sie Propagandaanlässe verhindern wollen.
Letztendlich betont die Asylchefin, dass sich die überwiegende Mehrheit der Eritreerinnen und Eritreer korrekt verhalte. Das gelte auch für jene, die schon in den 80ern in die Schweiz geflüchtet seien, die nun häufig als besonders regimetreu bezeichnet würden. Viele hätten sich hier integriert, eine Arbeit gefunden «und sind politisch gar nicht interessiert».
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