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Zürcher Gemeinderat bewilligt Millionenkredit
Zürich schafft ein klimatisches Vorzeige-Quartier

Drohnenaufnahme von der Stadt Zuerich
20.05.2022
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)

«Das städtische Klimaziel muss bis 2040 erreicht werden und nicht irgendwann», sagte Gemeinderätin Julia Hofstetter von den Grünen während der Gemeinderatsdebatte und bat ihre Kolleginnen und Kollegen, dem Pilotprojekt Netto-null-Quartier zuzustimmen. Was sie zahlreich taten – mit 84 gegen 34 Stimmen sprach der Gemeinderat 7,7 Millionen Franken für das Vorhaben. Nur FDP und SVP lehnten ab.

Und darum geht es: Während einer Pilotphase von sechs Jahren soll in einem Gebiet in den Quartieren Binz und Alt-Wiedikon getestet werden, mit welchen Massnahmen die Stadt emissionsfrei werden kann. Aber nicht nur die Stadt selber soll dort in ihrem eigenen Einflussbereich Emissionen reduzieren; auch die Bevölkerung und das Gewerbe sollen motiviert werden, klimaneutraler zu leben. In einem 75-seitigen Projektkonzept konnten sich die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte ein Bild davon machen, wie das erreicht werden soll.

Zuerst richtig kommunizieren

Um die rund 9000 Einwohnerinnen und Einwohner im Testperimeter von mehr Klimaschutz zu überzeugen, soll eine Kampagne lanciert werden, die auf ein «Wirgefühl» abzielt. Sie soll sowohl über klassische Mittel wie Flyer und Plakate laufen als auch über Social Media, sprich: Instagram, Facebook oder Tiktok.

Zentral ist laut Konzept, die «Netto-Nuller» regelmässig über den Status der Ziele zu informieren. Je näher das Ziel rückt, desto intensiver soll kommuniziert werden. Wird es erreicht, soll das mit Quartierfesten gefeiert werden.

Und der Stadtrat setzt auf Partizipation. Er möchte alle dazu animieren, auch eigene Ideen zu entwickeln – und wird diese finanziell unterstützen, wenn sie umgesetzt werden können.

Ein paar Beispiele

Die Stadt will im Pilotperimeter beispielsweise mit Immobilienbesitzenden Kontakt aufnehmen und mit ihnen über den Ausbau von Fotovoltaik, energetische Gebäudesanierung oder erneuerbare Wärmeversorgung sprechen. Ausserdem sollten beispielsweise Kochkurse oder Infoanlässe angeboten werden, in denen die Bewohnenden «eingeladen werden, ihr Essverhalten zu reflektieren und Nachhaltigkeit darin zu integrieren», steht im Konzept.

Auch im Bereich Mobilität gibt es bereits einige Vorschläge: Velowege optimieren oder das Angebot an Sharing-Autos inklusive Ladeinfrastruktur an den geeignetsten Nutzungspunkten ausbauen.

SVP und FDP lehnten ab

Für die FDP sind die Beispiele und die genannten Massnahmen im Konzept zu «dünn», wie etwa Deborah Wettstein in der Gemeinderatsdebatte sagte. Sie hätte Konkreteres von einem über 70 Seiten umfassenden Konzept erwartet. Die SVP nannte das Konzept sogar «schwammig». Über sieben Millionen Franken für das Pilotprojekt auszugeben, sei ausserdem «überrissen», so die Worte von Walter Anken (SVP). Er störte sich zudem daran, dass der Stadtrat vorsieht, Ideen aus der Bevölkerung zu generieren. «Der Stadtrat fragt bei den Leuten nach, weil er selber keine Ideen mehr hat.»

Dem widersprach die Grünen-Politikerin Julia Hofstetter: «Das Konzept ist absichtlich agil gehalten, ein zu starres Korsett würde neue Ideen verhindern.»

FDP und SVP bekamen keine Unterstützung von den anderen Parteien, um das Pilotprojekt aufzuhalten. Obwohl auch die AL ihre Bedenken äusserte. Moritz Bögli etwa sagte, dass es «nicht reicht, um die Klimakrise zu bewältigen, wenn ein paar Leute recyceln». Damit sprach er an, was dem Konzept laut AL fehlt: das ganze Wirtschaftssystem zu integrieren. Dennoch «ist es unterstützenswert», ergänzte er.

Fortlaufender Ausbau der Klimaziele

Dass der Stadtrat das Quartier Binz/Alt-Wiedikon für den Pilotversuch ausgesucht hat, liegt daran, dass hier sowohl eine Gewerbezone als auch ein Wohngebiet liegen. Im «Arbeitsteil» will die Stadt den Fokus auf die Reduktion von indirekten Emissionen legen, im «Wohnteil» steht der Konsum im Zentrum.

Die Erkenntnisse aus der Pilotphase sollen laufend auf andere Stadtquartiere übertragen werden, um das städtische Klimaschutzziel «Netto null 2040» zu erreichen. Diesem Ziel hatte die Zürcher Stimmbevölkerung mit einer klaren Mehrheit von 75 Prozent im Mai 2022 zugestimmt.