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Eine denkwürdige GC-Ära
Als der chinesische Präsident nicht mehr schlafen konnte

Grasshoppers Besitzerin Jenny Wang, rechts, und GC-Praesident Sky Sun, Mitte, nach dem Sieg ueber Lugano im Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem Grasshopper Club Zuerich und dem FC Lugano im Letzigrund Stadion, am Sonntag, 24. Juli 2022 in Zuerich. (KEYSTONE/Michael Buholzer)
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Die Chinesen kamen mit grossen Worten: An die Spitze der Super League in fünf Jahren wollten sie, an die europäische Spitze in zehn Jahren. Nun gehen die Chinesen ganz leise.

April 2020: Beginn einer Ära?

Die neue GC-Besitzerin heisst Jenny Wang. Sie installiert den Präsidenten Sky Sun, und auf dem Campus sollen Shqiprim Berisha, Samuel Haas und Bernard Schuiteman den Laden zum Laufen bringen. Adrian Fetscherin wird Medienchef, vom alten Vorstand bleibt nur Andras Gurovits übrig. Sportchef Fredy Bickel muss gehen.

Juni 2020: Schuitemans Rundumschlag

Die Neuen bei GC kommen mit Worten. Sie wollen GC wieder gross und populär machen. Und Schuiteman, der Sportchef, teilt bei seinem ersten Auftritt gleich aus. Die Arbeit von Vorgänger Bickel nennt er amateurhaft. Über einen konkreten Fall, in dem ein Spieler vor Vertragsende nach China wechselte und GC trotzdem keine Ablöse kassierte, sagt der Niederländer: «Jeder Anfänger hätte hier mehr herausgeholt.» Bickel antwortet: «Traurig, anscheinend ist das der neue Stil bei GC.»

August 2020: Das Debakel – und der Umbruch

Unter Interimstrainer Zoltan Kadar gehen die Grasshoppers im letzten Spiel der Saison 0:6 unter. Dabei hätte ein Sieg zumindest für die Barrage gereicht. Für viele ist das Debakel gegen Winterthur der letzte Auftritt im GC-Trikot, Veroljub Salatic, Oliver Buff, Mychell Chagas und mehr haben keine Zukunft. Und die neuen Besitzer liefern einen Vorgeschmack auf das, was in den nächsten Jahren kommen sollte. Sie holen 16 neue Spieler. Bis am 31. Dezember 2023 werden es 55 – aus 25 Nationen. Auch ein neuer Trainer kommt: Joao Carlos Pereira, er nimmt gleich vier Assistenten mit und versteht sich mit einem Grossteil des Teams prächtig, da dieses nun portugiesisch gefärbt ist.

03.04.2021; Zuerich; FUSSBALL CHALLENGE LEAGUE - Grasshopper Club Zuerich - Neuchatel Xamax FCS;
Trainer Joao Carlos Pereira (GC) 
(Andy Mueller/freshfocus)

Januar 2021: Der Erste hat genug

Es will nie so richtig unter Pereira, aber es reicht, um immer erster Anwärter auf den Aufstieg zu sein. Vor allem auf Kunstrasen ist GC erstaunlich schlecht. In der Hinrunde lässt der Rekordmeister viele Punkte auf dieser Unterlage liefern. Und als diese Hinrunde dann durch ist, verabschiedet sich der Sportchef. Bernard Schuiteman will nicht weitermachen. «Die Rolle als Sportchef hat mir nicht so gefallen», sagt er in einem Video, das auf den GC-Kanälen veröffentlicht wird. Mit dem bemerkenswerten Zusatz: «speziell hier bei GC.»

Februar 2021: Und auch der Zweite will nicht mehr

Bleiben vom neuen Quartett, bestehend aus Berisha, Haas, Schuiteman und Fetscherin, noch drei. Zumindest für einige Wochen. Dann hat auch Fetscherin genug. Der Medienchef, der auch Teil der Geschäftsleitung ist, poltert auf Instagram. Er sagt, es sei unerträglich, dass «wir den Feind im eigenen Haus haben». Diesen Feind sieht er in Andras Gurovits, der bis heute da und damit so etwas wie eine GC-Konstante ist. Fetscherin attackiert auch Silvan Keller, den Präsident der GC-Fussballsektion, und Andreas Iten, den früheren Zentralpräsident des Vereins.

März 2021: Sun kommt, GC glänzt

Das Phantom wird fassbar. Sky Sun ist da. Der Präsident schaut sich im Letzigrund ein Spiel der Grasshoppers an, das Wetter ist fürchterlich, ab er es ist einer der besten GC-Auftritte der Saison. 4:1 gewinnen die Grasshoppers unter Pereira gegen Aarau. Petar Pusic, Allan Arigoni und Nikola Gjorgjev treffen, junge Spieler aus der GC-Schule. Sun gefällts, er berichtet, er habe auch in China schon jedes Spiel gesehen und sei danach teilweise so aufgekratzt gewesen, dass er nicht mehr eingeschlafen sei.

April 2021: Wenn das nicht schiefgeht …

Es wird noch einmal eng zum Schluss, die Grasshoppers sind im Frühling drauf und dran, ihren Vorsprung zu verspielen, dreimal in Folge verlieren sie 1:2 – gegen Aarau, Stade Lausanne-Ouchy und Winterthur. Die letzte Niederlage auf der Schützenwiese ist zu viel, Pereira wird entlassen, zwei Spiele stehen noch aus. Zoltan Kadar übernimmt erneut, Ricardo Cabanas wird sein Assistent. Die Augen von den verbliebenen GC-Buben im Team glänzen, so erzählt es Kadar einmal.

Mai 2021: Es ist geschafft!

Und dann, im letzten Spiel gegen Kriens, schafft GC den Aufstieg. Léo Bonatini und Shkelqim Demhasaj schiessen die Tore, vor den Toren des Letzigrunds wartet eine grosse Schar, die nicht ins Stadion kann, weil Corona nicht viel Publikum zulässt. Kadar darf sich Aufstiegstrainer nennen, und im Interview mit TV-Sender Blue sagt Shqiprim Berisha siegestrunken, der Nachwuchschef dürfe Trainer bleiben, wenn er denn wolle. Ein Angebot kriegt Kadar nie.

20.05.2021; Zuerich; Fussball Challenge League - Grasshopper Club Zuerich - SC Kriens; 
Elias Mesonero, Fabio Fehr, Aleksandar Cvetkovic und Nuno da Silva (GC) duschen Trainer Zoltan Kadar (GC) mit Champagner 
 (Marc Schumacher/freshfocus)

Juli 2021: Kadar? Nein, Contini – und viele andere

Stattdessen wird Giorgio Contini Trainer. Er kommt mit der Referenz, schon einmal bei einem Konstrukt à la Fosun Trainer gewesen zu sein, bei Lausanne, das von Ineos gesteuert wird. Wieder kommen viele neue Namen nach Zürich, Seyi Olofinjana heisst der Sportchef, natürlich kommt er aus Wolverhampton. Der Transfer von Amir Abrashi schliesslich ist einer für die Fans. Heute, fast drei Jahre später, ist er besser als je zuvor. Dabei ist es schon sinnbildlich, dass er überhaupt da ist. Von den Spielern, die zum Auftakt der Saison 2021/22 in Continis Aufgebot stehen, ist nur noch Abrashi übrig.

Januar 2022: Bei den Grossen aushelfen

So funktioniert eine Partnerschaft mit einem Premier-League-Verein: Die besten Spieler der Hinrunde, Toti Gomes und Hayao Kawabe, dürfen zu Wolverhampton ins Training. Die Wolves kaufen Kawabe und leihen ihn zurück in die Super League aus, Gomes behalten sie gleich da. Und seither dient der Innenverteidiger als Beleg für eine funktionierende Zusammenarbeit. Er ist Stammspieler in der Premier League und hat schon ein Länderspiel für Portugal absolviert.

Juni 2022: Streit? Beide weg!

Die Saison geht ohne grosse Aufreger zu Ende, GC beendet sie auf Rang 8. Spätestens hier dürften die Chinesen erkennen, dass das mit der Spitze der Super League gar nicht so einfach wird. Und Sun spricht ein Machtwort: Weil Geschäftsführer Berisha und Sportchef Olofinjana sich gar nicht verstehen, müssen gleich beide gehen. Als Samuel Haas den Club später durch die Hintertür verlässt, ist vom Quartett vom Beginn nichts mehr übrig. Immerhin ein Nachname bleibt: Bernt Haas folgt auf Olofinjana.

Februar 2023: Ein geräuschloser Abgang

Sky Sun verlässt die Grasshoppers, er will näher bei seinem dreijährigen Sohn sein, der in Shanghai lebt. Es ist ein geräuschloser Abgang des Präsidenten, den man in diesen drei Jahren plötzlich mal wieder auf dem Campus antreffen konnte, der aber auch oft von China aus schaltete und waltete. Fosun schickt stattdessen Bill Pan nach Zürich, er ist einige Monate da, um alles zu prüfen, und er kommt zur Erkenntnis, das es nicht viel Sinn macht, hier noch mehr Geld zu investieren.

März 2023: Contini will nicht mehr

Eine Kampagne gegen Fangewalt, eine neue Hymne, die Grasshoppers versuchen, ihre Basis zu erreichen. Hinter den Kulissen wird gut gearbeitet, sportlich bewegt sich das Team immerhin im Mittelmass. Dann sorgt Trainer Contini für das nächste Beben. Er kündigt, einfach so, mitten in der Saison. Er könne so nicht mehr weiterarbeiten, sagt er. Die Führung entscheidet sich, mit Contini die Saison zu beenden. Dann muss er gehen. Und plötzlich darf GC träumen, Rang 5 und die Möglichkeit, international zu spielen, ist bis zum letzten Spieltag möglich. Dann gibt es ein 1:3 gegen Basel und am Ende doch nur Rang 7.

Juni 2023: Goalie, Torjäger, Identifikationsfigur – alle weg

16 Verträge laufen aus, bloss mit Abrashi und Tsiy Ndenge können sich die Grasshoppers einigen. Hayao Kawabe, André Moreira, Petar Pusic, Noah Loosli, Georg Margreitter, Guilherme Schettine und noch mehr, sie alle gehen. Um das Geld, das man für Dominik Schmid vom FC Basel bekommt, ist man ohnehin froh. Und auch darüber, Tomas Ribeiro von der Lohnliste zu haben. Der neue Trainer Bruno Berner, gekommen aus Winterthur, hat im ersten Training ganze sechs Super-League-erprobte Spieler dabei.

24.07.2022; Zuerich; Fussball Super League - Grasshopper Club Zuerich - FC Lugano, Hayao Kawabe (GC) 
(Claudio Thoma/freshfocus)

November 2023: Geht jetzt alles schnell?

Die Chinesen wollen GC loswerden und möglichst wenig Geld verlieren. Das macht das Unterfangen um einiges komplizierter, in den letzten Jahren kamen über 30 Millionen Franken Verlust zusammen. Erste Gerüchte kommen auf, die Besitzer von Los Angeles FC sollen interessiert sein. Es dauert noch einige Wochen bis der Verkauf durch ist. Im Januar 2024 ist es so weit. Das Kapitel China endet. Es waren aufregende vier Jahre.