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TV-Kritik «Tatort»
Für Frauen ist es am gefährlichsten daheim

Viel Blut auf der weissen Decke: Kommissarin Gorniak (Karin Hanczewski) vermutet das Schlimmste.
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Okay, die zwei Auftaktminuten des neuen Dresdner «Tatorts» sind fast ein Rausschmeisser: Da besorgen sich die Mordkommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) nach Schichtende flüssige Sorgenbrecher für Gorniaks Geburtstagsparty, Winkler schüttelt ihre Lockenmähne, als probe sie für GNTM, Gorniak zieht sich im Auto ein Glitzertop über, und beide gackern wie aufgeregte Schulmädchen vor dem ersten Discobesuch. Egal: Denn was danach folgt, ist, wider Erwarten, ein dichter, harter Krimi.

Ja, «Das kalte Haus» ist ein Frauenkrimi, unmissverständlich und kompromisslos. Aber es werden nicht banal Stereotype heruntergeleiert und Feminismen abgefeiert. Im Gegenteil, geschmeidig trägt der Film die traurigen Fakten über Gewalt gegen Frauen und über toxische Männlichkeitsmuster in eine spannende Story und eine irrlichternde Atmosphäre ein. Nichts ist eindeutig, alles dunkel.

Da hat ein von der Stadt hofierter Unternehmer seine Ehefrau als vermisst gemeldet und verlangt rasche Resultate. Für seine Liebe findet Simon Fischer blumige Formulierungen, aber im Schlafzimmer des schlossartigen, streng stilisierten Hauses findet sich ein blutdurchtränktes Bett; in manchen Räumen hängen kühle Porträts der Hausherrin; sie ist ausgerechnet Lebenshilfe-Influencerin. Bald berichten Zeugen von der häuslichen Gewalt, die Fischer (Christian Bayer) ausgeübt haben soll.

Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und Karin Gorniak suchen nach Spuren im dunklen Haus.

Hat er seine Frau umgebracht und versucht, es wie ein externes Verbrechen aussehen zu lassen? Oder will die beste Freundin der Vermissten dem liebenden Ehemann einen Mord anhängen, den sie vielleicht selbst begangen hat? Und wo ist die Leiche?

Gorniak erfuhr als Kind selbst Gewalt und hat nun feine Antennen für latente (und nicht so latente) Aggressionen. Diese Schwingungen macht der Film der Erfurter Regisseurin Anne Zohra Berrached – die zusammen mit Christoph Busche auch für das Drehbuch zeichnet – deutlich spürbar; die Kamera erfasst die klaustrophobische Welt von Schloss und Park: Der gefährlichste Ort für Frauen ist bekanntlich ihr eigenes Daheim. Zugleich veranschaulicht Berrached, wie hilflos das patriarchale System alle seine Mitglieder machen kann.

Allein ihr privates Filmstudio erlaubte der Influencerin einen gewissen Kontakt zur Aussenwelt. Und selbst als Abwesende bleibt sie gefangen: Gruselig, wie sie vor dem halluzinierenden Auge des aufbrausenden Hausherrn immer wieder durch den erstarrten Kosmos des Hauses zu geistern scheint. In der Parallelhandlung sehen wir, wie Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach) im alten, düsteren Stollensystem Dresdens recherchiert: Ein fast zu ostentatives Symbol für den Blick auf die psychischen Eingeweide von Figuren und Gesellschaft. Heftig.