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TV-Kritik «Tatort»
Horror, erdbeerfarben

Seltsame Figuren bevölkern diesen «Tatort», zum Beispiel Milena Kaltenbach als Freundin eines Hauptverdächtigen.
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Was ist denn das? Da hat die Kommissarin eben eine auf dem Bett drapierte Leiche gefunden. Aber sie nimmt nicht etwa die Ermittlungen auf, sichert keine Spuren. Sondern vergräbt erst einmal ihr Gesicht im erdbeerfarbenen Rock der Toten, bleibt eine Weile so liegen.

Im Zentrum von «Liebeswut» steht die von der Schweizer Schauspielerin Jasna Fritzi Bauer gespielte Polizistin Liv Moormann. Ihre Kollegin Luise Wolfram ist als Linda Selb für die abgeklärten Sprüche zuständig («Warum war da dein Kopf im Kleid?»). Und der Dritte im eben erst etablierten Bremer Team, der Däne Mads Andersen, ist überhaupt nicht zu sehen, er wurde kurzerhand nach Kopenhagen zurückgeschickt (soll aber wieder kommen).

Wehe, wenn die Kommissarin wütend wird

Liv Moormann also. Klein von Statur, darüber kann sie selber lachen. Aber wehe, wenn sie wütend wird, dann staucht sie alle, die ihr in den Weg kommen, zusammen. Das sind die guten Momente in diesem Fall. Aber die Kommissarin hat auch eine Vergangenheit. Ein traumatisches Erlebnis aus ihrer Kindheit drängt sich, wegen der Geschichte mit der Toten auf dem Bett, mit aller Heftigkeit wieder in den Vordergrund. 

Das ist schlimm, aber es ist auch so, dass einfach alles, alles übertrieben wirkt. Der hässliche Nachbar der Toten, der stets penetrant an einem Glacestängel lutscht. Die neue Partnerin des überaus tatverdächtigen Ex der Verstorbenen, die sich wie eine naive Puppe aufführt. Der pädophile Abwart. Die bis zum Ersticken liebenden Schwiegereltern. Der Teufel, der auch auftaucht, irgendwie. Die Musik. Und das grelle Erdbeerrot, das die Farbdramaturgie dominiert. 

Sie sind in diesem Fall allein unterwegs, der dänische Kollege ist nach Kopenhagen gereist: Luise Wolfram als Linda Selb (links), Jasna Fritzi Bauer als Liv Moormann.

Selbstverständlich hat das Konzept. Regisseurin Anne Zohra Berrached übt sich in ihrem dritten «Tatort» nicht in Zurückhaltung, sondern bespielt – erschlägt? – ihr Publikum mit einem Kunstprodukt, bei dem auch die Glaubwürdigkeit manchmal ausgeschaltet wird (ein Verdächtiger verschwindet mal lautlos in einem Schacht, den die Kommissarin – ja, die Kleine, aber die ist stark – nur mit viel Mühe öffnen kann).

Affektierte Einschübe

Das ist auf der einen Seite tatsächlich eine wohltuende Abwechslung zu den oft zurückhaltend inszenierten Sonntagabendkrimis. Auf der anderen Seite wirken zum Beispiel immer wieder eingestreute Szenen, in denen die Hauptprotagonisten als lebende Statuen in die Kamera schauen und dazu Herbstlaub vom Himmel fällt, doch affektiert.

Okay, loben wir diesen «Tatort» für seinen Stilwillen. Dazu gehört eben auch die Farbgebung, die mit dem ersten erdbeerroten Bild beginnt und mit dem letzten aufhört. Oder ist es Lachsrot? Orange? Egal, Hauptsache grell. Und auf Glace dieser Farbe verzichten wir diesen Sommer wohl.