Fünf Niederlagen in FolgeWas ist bloss mit Alinghi los?
Das Schweizer Segelteam fährt beim America’s-Cup-Auftakt hinterher. Was läuft falsch? Was liegt noch drin? Der routinierte Alinghi-Segler Nils Frei erklärt.
Mastbruch, Flaute und zuletzt gar eine Disqualifikation: Alinghi Red Bull Racing hat sich den Start zum Hightechrennen America’s Cup ganz anders vorgestellt. Das ambitionierte und mit grossem Budget ausgestattete Team vom Genfersee verlor alle bisherigen Rennen und steht nach der ersten von zwei Rounds Robin mit dem Rücken zur Wand. Will es nicht schon in der Vorrunde des Louis-Vuitton-Cups ausscheiden, dieser Vorausscheidung zum America’s Cup, müssen nun Siege her.
Nach einem Ruhetag ist am Dienstag Frankreich der nächste Gegner – das Team Orient Express ist für Alinghi am ehesten in Reichweite. Heisst aber auch: Setzt es die nächste Niederlage ab, ist das jähe Out bereits im Louis-Vuitton-Cup kaum noch zu vermeiden.
Was läuft bislang falsch? Wieso bekundet besonders Alinghi mit den schwachen Winden vor Barcelona grosse Mühe? Nils Frei kennt Antworten auf Fragen wie diese: Der routinierte Segler vom Bielersee fuhr bereits viermal beim America’s Cup mit, gewann ihn 2003 und 2007 mit Alinghi. In der Vorbereitung zum diesjährigen Cup war der 51-Jährige erst Cheftrainer, inzwischen ist er Sponsor Account Manager.
Nils Frei, wie schätzen Sie die Lage ein?
Es ist ziemlich enttäuschend, das ist klar. Wenn ich ehrlich bin: Es ist das Horrorszenario eingetroffen. Wir haben zwar gewusst, dass es schwierig ist, ein neues Team aufzubauen. Weil wir früh begonnen hatten, haben wir aber gehofft, mit den Besten mithalten zu können. Das ist momentan nicht der Fall. Wir sind nicht dort, wo wir sein wollten. Auch wenn der Unterschied gar nicht so gross ist, wie es effektiv aussieht. 400 Meter Rückstand sind mit diesen Geschwindigkeiten schnell wettzumachen.
Haben Sie die Aufgabe unterschätzt, mit einem neuen Team zur Königsklasse zu starten?
Natürlich hat es erfahrene Leute im Team, trotzdem sind wir unter einer neuen Identität gestartet. Wir hatten auch mit diesen Schiffen noch keine Erfahrung. Aber wenn es uns gelingt, unsere Performance in kleinen Schritten zu verbessern, glauben wir immer noch daran, dass es möglich ist, Rennen zu gewinnen.
Wie wollen und wo können Sie besser werden?
Vielleicht finden wir in der Konfiguration beim Boot etwas. Aber man muss deutlich sagen: Viel können wir gar nicht ändern. Der Speed ist, wie er ist. Das Design der Foils oder Segel ist gegeben, da darf man derzeit nichts Neues bauen. Könnten wir zeitlich auch gar nicht. Realistisch gesagt: Wir können nicht darauf hoffen, dass wir ab Dienstag allen anderen um die Ohren fahren werden. Derzeit sind wir das Team, das auf dem Wasser am wenigsten gut ist.
Liegt das am Boot? An den Seglern?
Es gibt viele Ansätze, aber es ist zu früh, das zu analysieren. In den letzten Tagen wurden die Segler etwas gar stark kritisiert, finde ich. Ihnen wurde auch teamintern auf den Kopf gehauen. Sie haben bestimmt auch Fehler gemacht, es war nicht alles perfekt. Aber auch andere haben Fehler begangen. Der America’s Cup ist eine Technologie-Challenge, das schnellste Schiff gewinnt. Wir haben nicht das schnellste Schiff. Wir haben das Potenzial nicht ausgereizt und wurden in dieser Beziehung etwas enttäuscht.
Auf einer der letzten Trainingsfahrten vor dem Cup erlitt das Schiff einen Mastbruch, bereits seinen zweiten. Die «Neue Zürcher Zeitung» warf daraufhin die Frage auf, ob beim Bootsbau die Ingenieure versagt hätten. Wenn man Sie reden hört: ein berechtigter Vorwurf?
Nein, das ist in diesem Zusammenhang falsch. Der Mast ist ein Einheitselement, alle Teams haben ihn nach denselben Plänen bauen lassen. Warum der Mastbruch bei uns passiert ist? Womöglich war das einfach Pech. Es ist bei der Konstruktion ein Fehler passiert, das wurde durch den Hersteller bestätigt. Wir konnten den Mast nicht durch ein eigenes Design beeinflussen.
Der Start zeigt sich bislang als Schwachstelle. Ist die Unerfahrenheit der Segler schuld?
Jein. In der Vorregatta hat die Crew einige sehr gute Starts gezeigt, in der Round Robin dagegen waren nun einige schlecht. Bei sehr schwierigen Bedingungen – muss man aber auch sagen. Wir sind im Abwind eines anderen Boots zweimal von den Foils gefallen, weil die Windgeschwindigkeiten so tief sind. Im Idealfall verhindert man das, aber es passiert. Es ist auch anderen Teams passiert. Man steht dann dumm da und sieht nicht gut aus, weil man nur noch im Wasser treibt. Das sind dramatische Bilder und ist auch für den Sport als Ganzes kontraproduktiv. Da stellt sich grundsätzlich die Frage: Will man solche Rennen?
Haben Sie bereits resigniert?
Nein, gar nicht. Wir wissen, dass noch etwas drin liegt und wir die Franzosen schlagen können. Klar, ihre Lernkurve ist gut, sie haben sich verbessert, wir unterschätzen sie sicher nicht. Aber wir sind nicht in der Krise. Das wird aber bestimmt anders sein, sollten wir am Dienstag gegen Orient Express verlieren.
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