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Spektakel vor Barcelona
Fliegende Ungetüme und Proteste der Bevölkerung: So funktioniert der America’s Cup

Alinghi Red Bull Racing BoatOne sailing in Barcelona, Spain. 21 August 2024
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Worum geht es?

Der America’s Cup ist die älteste internationale Sportveranstaltung der Welt, 1851 wurde er erstmals ausgetragen. Das Format ist stets gleich geblieben: Der Titelverteidiger stellt sich seinen Herausforderern, die erst gegeneinander um den Platz im grossen Final fahren müssen. Benannt ist der Cup nach dem ersten Sieger, dem über 30 Meter langen Schoner America.

Die Trophäe für das Siegerteam wird «Auld Mug» genannt, alter Becher. Es ist der älteste Pokal im Weltsport. Ein Londoner Juwelier schuf 1848 das damals 69 Zentimeter hohe Original. Seither kamen zwei Sockel hinzu für die Namen der Siegerjachten. Heute misst die Kanne 1,1 Meter und wiegt 14 Kilogramm.

Nur vier Länder haben die traditionsreiche Wettfahrt je gewonnen: von 1851 bis 1983 immer die USA, dann einmal Australien, seit 2000 dreimal Neuseeland – und zweimal die Schweiz als einziges Binnenland. Alinghi schrieb sich 2003 und 2007 in die exklusive Siegerliste ein und positionierte die Schweiz kurzzeitig als «Segelnation». Die Euphorie im Land war riesig.

Team Alinghi with their head Ernesto Bertarelli, center, celebrates with the America's Cup, which it won after defeating Team New Zealand, in Geneva, Switzerland, Saturday, March 8, 2003. The America's Cup, international sport's oldest trophy, makes its return to Europe after an absence of 152 years. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)

Wo wird gesegelt?

Austragungsort ist diesmal das Mittelmeer vor Barcelona. Das im März 2021 siegreiche Team New Zealand hat sich etwas überraschend für die katalanische Hafenstadt entschieden und verzichtet auf ein weiteres Heimspiel vor Auckland. Dies trotz anderslautendem Wunsch der neuseeländischen Regierung und einem in Aussicht gestellten Zuschuss von umgerechnet mehr als 50 Millionen Franken.

Barcelona erhielt den Zuschlag, weil es mehr zahlte. Und es zahlt mehr, weil es als Top-Tourismusdestination dem America’s Cup eine unvergleichliche Bühne bieten kann. Auch die Zeitzone spielte eine Rolle. CEO Grant Dalton vom Team New Zealand erklärt: «Wir fühlen uns verantwortlich, den Segelsport global zu fördern. Die Ausrichtung in einer Stadt wie Barcelona wird es uns ermöglichen, den Wachstumskurs voranzutreiben.»

Barcelona fördert den Event mit Steuergeldern von über 70 Millionen Euro. Der Widerstand dagegen ist aber gross. Barcelona sei sowieso mit Touristen überflutet und habe den America’s Cup nicht auch noch nötig, heisst es von Kritikern. «Nein zum Cup»: Solche Aufkleber sieht man vielerorts in der Stadt.

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Wie wird gefahren?

Dauerten die einzelnen Rennen früher eineinhalb Stunden oder mehr, sind die Duelle heute Sprints von rund 20 Minuten. Wobei die Länge der Rennen variieren kann, je nach Windstärke und überhaupt nach Wetterbedingungen.

Die Rennstrecke vor Barcelona ist 1,5 Kilometer breit (0,8 Seemeilen) und zwischen 2 und 4 Kilometern lang (1,1 bis 2,2 Seemeilen). An Luv- und Leeseite gilt es jeweils eine der beiden Tonnen zu umkreisen. Insgesamt ist die einzelne Strecke sechsmal zu befahren, den einzelnen Abschnitt nennt man Leg. Der Anfang erfolgt immer gegen den Wind.

Der America’s Cup besteht aus zwei Hauptteilen: dem Cup der Herausforderer (aus Sponsoring-Gründen Louis-Vuitton-Cup genannt) und dem eigentlichen America’s Cup. Beim Louis-Vuitton-Cup gilt es, den Gegner des Teams New Zealand zu finden, das als Titelverteidiger seinen Platz im America’s Cup auf sicher hat. Zu Trainingszwecken segelt es im Louis-Vuitton-Cup mit.

Den Auftakt macht ab Donnerstag eine doppelte Round Robin, in der jedes Team zweimal gegen jedes andere segelt. Vier der fünf Herausforderer qualifizieren sich für die Halbfinals (ab 14. September), wobei sich der Round-Robin-Sieger den Gegner aussuchen darf. Danach folgt ab dem 26. September der Final. Am 12. Oktober beginnt der America’s Cup.

Kann Alinghi wieder gewinnen?

Die unmittelbare Vorbereitung war nicht sorgenfrei für den Rückkehrer vom Genfersee, der erstmals seit der Niederlage gegen die USA im Jahr 2010 um den Auld Mug segeln wird. Nach zweijähriger Vorbereitung erlitt Alinghi Red Bull Racing gleich zweimal einen Mastbruch beim Hauptschiff, Boat One getauft – zuletzt am Dienstag der Vorwoche.

Wie gross die Herausforderung ist für das Schweizer Team, zeigte die abschliessende Vorregatta zum Cup, bei der in der vergangenen Woche erstmals mit den grossen Schiffen Rennen gesegelt wurden. Die Alinghi-Crew vermochte zwar das französische Team zu schlagen, verlor danach aber die restlichen vier Duelle.

Alinghi Red Bull Racing BoatOne leads Orient Express Racing Team racing in Barcelona, Spain. 21 August 2024

Was sind die grössten Herausforderungen?

Für den diesjährigen Cup wurde eine Nationenregel eingeführt, die besagt, dass auf den Booten nur Segler eingesetzt werden dürfen, die die jeweilige Staatsbürgerschaft besitzen oder lange genug in dem entsprechenden Land lebten. Für Alinghi ein Problem: Im Vergleich zu den anderen Teilnehmern ist die Schweiz das kleinste Land. Neuseeland mag weniger Einwohner haben – dafür eine riesige Segeltradition.

Deshalb hat Alinghi für das Abenteuer nicht nur die besten Segler des Landes rekrutiert, sondern auch branchenfremde Athleten. Für die sogenannte Power Group stiessen einstige Ruderer, Veloprofis oder Leichtathleten zum Team. Sie kurbeln mit ihrer Beinkraft die Hydraulik im Schiff an. Wie bei den anderen Teams auch.

Was macht die Boote so speziell?

Schaut man sich Aufnahmen der Jachten an und vergleicht sie mit 2003, dem Jahr des ersten Triumphs von Alinghi, drängt sich der Gedanke auf: Das sind zwei unterschiedliche Sportarten. Die Bootsklasse AC75 (75 steht für die Länge in Fuss, umgerechnet 22,8 Meter) erreicht Tempi von nahezu 100 km/h – vier Mal so schnell wie vor 20 Jahren.

Die Schiffe sind 6,5 Tonnen schwere Ungetüme mit immens wirkenden Kräften. Die Crews simulieren Unfälle oder trainieren das Gefangensein unter Wasser. Die Wucht eines Einschlags im Wasser hat auch bei der Alinghi-Crew schon zu Verletzungen geführt.

Es ist die Entwicklung der Foil-Technik, die den Segelsport grundlegend verändert hat. Ab einer gewissen Geschwindigkeit verleiht der Auftrieb den Booten Flügel, sie fliegen dann regelrecht übers Wasser. Gefoilt wird seit über 100 Jahren, im letzten Jahrzehnt wurde die Technik immer ausgereifter.

Nils Frei, einst selbst Segler auf der Alinghi und jetzt mit Beraterfunktion, erklärt es so: «Es ist immer noch Segeln. Dieselben Prinzipien von Windanalysieren, Gespür, Beobachten, es ist immer noch ein taktisches Spiel. Wie Schach. Aber die Geschwindigkeit ist anders, die Reaktionszeit verringert sich. Es ist wichtig, dass wir Segler haben, die mit dieser Technik aufgewachsen sind.» Sich selbst bezeichnet er als «alten Segler».

Fährt Ernesto Bertarelli wieder mit?

Auch der Milliardär zählt zu den alten Seglern, im Gegensatz zu 2003 und 2007 fährt Ernesto Bertarelli jedoch nicht mehr im Wettkampf mit. Aber ohne die Passion des Genfer Unternehmers für diesen Sport, den Cup und vor allem das Team gäbe es diese vierte Alinghi-Kampagne natürlich nicht. Das Budget wird nicht beziffert, als ungefähre Grösse wird auch teamintern von 100 Millionen Franken ausgegangen. Bertarelli ist regelmässig in Barcelona vor Ort.

Ernesto Bertarelli, CEO of Alinghi Red Bull Racing poses after Alinghi Red Bull Racing's BoatOne is launched during a ceremony at the team's base in preparation for the next 37th America?s Cup, in Port Vell, Barcelona, Spain, Tuesday, April 16, 2024. The Swiss-built AC75 will challenge for the Louis Vuitton 37th America's Cup later this year. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

Als Platz für die Teambasis hat sich Alinghi Red Bull eine prominente, stark von Touristen frequentierte Lage ausgesucht, sie wurde zwischen Aquarium und dem bekannten Einkaufszentrum Maremagnum errichtet. Andere Teams sind viel weiter von der Hafeneinfahrt entfernt.

Praktisch für Alinghi-Geschäftsführer Bertarelli: Unmittelbar neben der viergeschossigen Teamwerft hat es genügend Anlegemöglichkeiten, selbst für Schiffe mit den Dimensionen seiner Privatjacht Vava II. Sie ist fast 100 Meter lang und trägt ein Preisschild von 150 Millionen Dollar. Auch Schauspieler Leonardo DiCaprio hat sie schon gemietet.

Emotional and excited shore team cheering during dock out of BoatOne in Barcelona, Spain. 21 August 2024

Wo kann man die Regatten sehen?

Das Schweizer Fernsehen hat auf dem Dach der Alinghi-Teambasis ein Studio errichtet und überträgt die Rennen live auf SRF 2 und im Streaming in der SRF-App. Die Renntage beginnen jeweils um 14 Uhr.

Auf den offiziellen Kanälen des America’s Cup werden die Rennen kostenlos gestreamt, entweder auf Americascup.com oder dem Youtube-Kanal des Organisators. Weitere Rechteinhaber mit deutschem Kommentar sind Eurosport und Servus TV.