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Nitrate und Nitrite in Charcuterie
Französische Behörde warnt vor Darmkrebs durch Wurstwaren

Charcuterie auf dem Holzbrett: Der Konsum solcher Wurstwaren steht im Zusammenhang mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko, wie die französische Gesundheitsbehörde warnt.
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Am diesjährigen 14. Juli dürfte den französischen Wurstwarenherstellerinnen und Charcuterie-Verkäufern  nicht zum Feiern zumute sein. Grund dafür ist eine Warnung von Anses, der Gesundheitsbehörde des Landes, vor dem Verzehr von Schinken, Speck, Salami und anderen Wurstwaren. Die bei Französinnen und Franzosen beliebten kalten Snacks enthalten gemäss der Einschätzung zu viel Nitrate und Nitrite.

Diese kommen natürlicherweise auch in Böden oder im Wasser vor. Die Hauptaufnahmequelle für Nitrate sind pflanzliche Produkte wie Salat, Spinat oder andere Blattgemüse sowie Trinkwasser. Verarbeitetes Fleisch macht nur einen kleinen Teil aus. Bei den Nitriten ist das etwas anders, dort stammt über die Hälfte der aufgenommenen Menge aus dem Verzehr von Wurstwaren. Zu erkennen sind die Konservierungsstoffe beispielsweise in den Inhaltsangaben als Nitritpökelsalz oder als Lebensmittelzusatzcodes E249 (Kaliumnitrit), E250 (Natriumnitrit), E251 (Natriumnitrat) oder E252 (Kaliumnitrat). 

Die Westschweizer Saucissons sind ebenfalls eine Quelle von Nitriten, erkennbar beispielsweise am verwendeten Nitritpökelsalz, das in den Inhaltsstoffen aufgeführt ist.

Die Gesundheitsbehörde Anses hat nach einem viel beachteten WHO-Bericht, der den Konsum von Wurstwaren mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko verband, mehrere wissenschaftliche Publikationen analysiert. Diese stammen unter anderem von der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA und der internationalen Agentur für Krebsforschung CIRC. Dabei sei der Zusammenhang zwischen der «Exposition gegenüber Nitriten und/oder Nitraten» und einem Darmkrebsrisiko bestätigt worden, schreibt Anses. Es bestehen wohl weitere Krebsrisiken, vermutet die Behörde, allerdings liessen die verfügbaren Daten noch keinen Schluss auf einen kausalen Zusammenhang zu.

Zwar würden die Grenzwerte bei fast 99 Prozent aller Menschen in Frankreich eingehalten, schreibt Anses weiter, trotzdem könne die Aufnahme von Nitraten und Nitriten bei der Umwandlung im Körper zu Verbindungen führen, welche die Krebswahrscheinlichkeit erhöhen, beispielsweise Nitrosamine. Die absichtliche Zugabe dieser Zusatzstoffe in Lebensmittel müsse daher reduziert werden.

Maximal 150 Gramm pro Woche

Problematisch dabei ist, dass Nitrate und Nitrite in verarbeiteten Fleischprodukten eigentlich die Entwicklung von Bakterien wie Salmonellen oder Listerien minimieren. Anses empfiehlt nun, hier andere Möglichkeiten zur Kontrolle der Bakterien zu prüfen.

Bei gekochtem Schinken könnte die Zugabe von Nitriten beispielsweise minimiert werden, wenn dafür das Haltbarkeitsdatum verkürzt werde, empfiehlt die Behörde. Bei Rohschinken müssten Salzgehalt und Temperatur während der Pökel-, Ruhe- und Reifephase streng kontrolliert werden. So gebe es für jede Produktgruppe eigene Massnahmen, die zu einer Reduktion der Konservierungsstoffe beitragen könnten.

Nicht nur im Aufschnitt, auch im Schinkengipfeli hat es Zusatzstoffe wie Natriumnitrit: Die französische Gesundheitsbehörde empfiehlt, den Konsum aller Wurstwaren möglichst zu reduzieren.

Die Behörde empfiehlt ausserdem, die Nitratbelastung auch in der Umwelt zu reduzieren, etwa mit der Optimierung von Düngemitteleinsätzen in der Landwirtschaft oder besseren Qualitätsgrenzwerten beim Trinkwasser. Dazu werde Anses noch eine separate Stellungnahme verfassen.

Für den Alltag der Französinnen und Franzosen hat die Gesundheitsbehörde ebenfalls konkrete Empfehlungen ausgesprochen. So sollen sie den Konsum von Charcuterie und Wurstwaren auf 150 Gramm pro Woche beschränken. Das sind beispielsweise anderthalb Cervelats oder ein Pack Schinken – die wöchentliche Menge ist bei regelmässigen Fleischessenden schnell erreicht. Daneben sollte man sich gemäss Anses ausgewogen ernähren, mit täglich mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse aus unterschiedlichen Quellen.

Harvard-Studie: Sterberisiko steigt

Die Erkenntnisse decken sich auch mit einer Studie der Elite-Universität Harvard , die schon 2012 ein erhöhtes Sterberisiko durch Konsum von verarbeitetem Fleisch nachwies. Untersucht wurde dabei die Ernährung von über 120’000 Menschen über einen Zeitraum von 26 Jahren. Mit eindeutigen Ergebnissen: Wer täglich 50 Gramm rotes Fleisch isst, erhöht sein Sterberisiko um 13 Prozent, wer jeden Tag Wurstwaren isst, gar um 20 Prozent.

Mit erhöhtem Fleischkonsum stieg das Sterberisiko weiter. Mit Alternativen wie Fisch, Hülsenfrüchten oder Milchprodukten konnten Studienteilnehmende gegensteuern. Die Harvard-Studie errechnete, dass 17 Prozent der untersuchten Menschen aufgrund des Fleischkonsums frühzeitig an Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen starben.

Wer täglich 50 Gramm rotes Fleisch isst, erhöht sein Sterberisiko gemäss einer Harvard-Untersuchung um 13 Prozent. Nach einem solchen Steak wäre demnach für den Rest der Woche eine vegetarische Ernährung empfohlen.

Die WHO-Untersuchung von 2015 analysierte über 800 Studien zum Thema und kam zum Schluss, dass mit dem täglichen Konsum von 50 Gramm verarbeitetem Fleisch das Darmkrebsrisiko um 18 Prozent steigt. Die Weltgesundheitsorganisation ordnete die Lebensmittel gar in verschiedene Krebs-Risikogruppen. Wurst, Schinken, Speck, Trockenfleisch oder Dosenfleisch gehören demnach in die Gruppe 1 mit dem höchsten Risiko.

Einen totalen Verzicht brauche es aber nicht, aber Fleisch und Wurstwaren sollen gemäss WHO massvoll gegessen werden, möglichst unverarbeitet. Kritisch betrachtet werden sollen Produkte mit langen Zutatenlisten oder vielen Konservierungsmitteln, Geschmacksverstärkern und Farbstoffen in den Inhaltsangaben. Das gilt auch für verarbeitete vegetarische Alternativprodukte.