Macrons neuer PremierFrançois Bayrou war von allen schlechten Optionen noch die beste
Ein wahrer Zentrist: Frankreichs neuer Regierungschef steht vor einem Seilakt zwischen links und rechts.
Emmanuel Macron hat sich mal wieder sehr schwergetan mit einem Personalentscheid. Das ist an sich keine Schande: Gerade ein Premierminister will gut ausgewählt sein, zumal jetzt, da das Parlament blockiert ist. Doch wenn man den Deutern der Pariser Machtkulissen glauben darf, dann tat sich Frankreichs Präsident bei der Berufung von François Bayrou zum neuen Regierungschef noch viel schwerer als sonst.
Es gibt sogar die These, wonach ihn sein langjähriger Wegbegleiter Bayrou in einem fast zweistündigen Treffen im Élysée, das nun als «sehr angespannt» beschrieben wird, sozusagen gezwungen habe, ihn auszuwählen. Wie genau, mit welchen politischen Druckmitteln – darüber wird noch spekuliert. Offenbar hatte Macron vor, ihn einmal mehr zu übergehen.
Die Versuchung des Präsidenten
Nun aber ist Bayrou Premier, und das war von allen schlechten Optionen, die Macron überhaupt in Erwägung gezogen hatte, wahrscheinlich die beste.
Der Präsident wollte ja partout keinen linken Premier ernennen, obschon das linke Lager bei den Parlamentswahlen im vergangenen Sommer von allen politischen Blöcken die meisten Sitze gewonnen hatte. Macron ignorierte das einfach und nominierte stattdessen einen Republikaner, Michel Barnier. Diesmal soll er mit dem Gedanken gespielt haben, einen Supervertrauten zu befördern, einen Macronisten – ausgerechnet: Von allen Verlierern der Wahlen waren sie die grössten.
Ein Macronist? Bayrou ist ein Bayrouist
Bayrou ist kein Macronist. Er war zwar zentral für Macrons Aufstieg an die Macht 2017, er gilt als Königsmacher. Doch Bayrou ist in erster Linie Bayrouist. Bekannt und beliebt. Eine Persönlichkeit mit einer ganz eigenen politischen Prägung und einer langen Geschichte mit den Franzosen. Er war schon Zentrist, als Macron noch ein Kind war, aber ein echter.
In wirtschaftlichen und sozialen Fragen steht Bayrou der Linken näher als den Liberalen. In gesellschaftspolitischen Belangen neigt der Katholik und Laizist eher zur Tradition. Wenn es jetzt einer fertigbringen könnte, sich etwas länger im Amt zu halten, trotz der Verwerfungen und gegenseitigen Verhinderungen im Parlament, dann ist es er. Aber wie lange wohl?
Fehler gefunden?Jetzt melden.