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Gefährliche Provokation in Israel
Flaggenmarsch schürt Sorge vor neuer Gewalt

Sicherheitskräfte marschieren auf: In Ost-Jerusalem drohen heute gewalttätige Ausschreitungen. 
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Ein geplanter Flaggenmarsch ultranationalistischer jüdischer Siedler durch Jerusalem am Dienstagabend hat Sorge vor einer neuen Eskalation der Gewalt im Nahen Osten ausgelöst. Er stellt Israels neue Regierung unter Premier Naphtali Bennett vor eine erste Bewährungsprobe. Die eigentlich zum Jerusalem-Tag am 10. Mai geplante Parade war einer der Gründe, weshalb die militante Islamistengruppe Hamas aus dem Gazastreifen Raketen auf Israel feuerte – Ausgangspunkt des jüngsten Krieges, in dem mehr als 250 Palästinenser und 13 Menschen in Israel getötet wurden.

Die Hamas rief zu einem «Tag des Zorns» auf. Israels Armee verlegte zusätzliche Batterien des Raketenabwehrsystems Iron Dome in den Süden des Landes. Am Nachmittag brannten dort Felder, nachdem offenbar Palästinenser vom Gazastreifen aus Ballons mit Brandsätzen gestartet hatten. Israels Armee drohte mit massiver Vergeltung, sollte die Hamas oder der mit ihr verbündete Islamische Jihad erneut Raketen auf Israel abfeuern – angeblich hat die Hamas dies «abhängig vom Verhalten» Israels dem ägyptischen Geheimdienstchef Abbas Kamel angekündigt, der den Waffenstillstand im Mai vermittelt hatte.

«Gefährliche Auswirkungen»

Auch die mit der Hamas rivalisierende Fatah, die tragende Partei der palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland, rief zu Protesten auf. Premierminister Mohammed Schtajjeh warnte vor den «gefährlichen Auswirkungen», die der Marsch nach sich ziehen könnte, und nannte ihn «eine Provokation und Aggression gegen unser Volk, gegen Jerusalem und seine Heiligtümer, die ein Ende haben muss». Ägypten hatte wie auch Jordanien von Israel verlangt, jegliche Provokationen in Jerusalem zu unterlassen.

Am Jerusalem-Tag gedenkt Israel der Eroberung der Stadt im Sechstagekrieg 1967. Die Regierung des damaligen Premierministers Benjamin Netanyahu hatte angesichts zuvor schon massiver Spannungen in Jerusalem den Nationalisten im Mai untersagt, wie geplant durch das muslimische Viertel der Altstadt zu marschieren, wo in der grossen Mehrheit Palästinenser leben. Daraufhin hatten die Organisatoren den Marsch letztlich abgesagt.

Siedler wollen Häuser zwangsräumen lassen

Zuvor war es im muslimischen Fastenmonat Ramadan bereits zu schweren Zusammenstössen zwischen der israelischen Polizei und Palästinensern am Tempelberg gekommen, ebenso im Viertel Scheich Dscharrah im Ostteil der Stadt. Siedler klagen vor israelischen Gerichten auf die Zwangsräumung von Häusern, in denen seit Jahrzehnten palästinensische Familien leben. Die Palästinenser beanspruchen Ostjerusalem als Hauptstadt für sich, die Annexion durch Israel wird international nicht anerkannt.

Nun wollen die Organisatoren, unter ihnen Unterstützer des früheren Premiers Netanyahu, den Marsch nachholen. Der neue Minister für öffentliche Sicherheit, Omer Bar-Lev, hatte dem am Montag stattgegeben. Laut Berichten israelischer Medien sollen die 5000 erwarteten Teilnehmer zwar vor dem Damaskustor am Eingang zum muslimischen Viertel der Altstadt einen Flaggentanz abhalten dürfen, dann aber nicht mitten durch das Viertel ziehen dürfen, sondern über das Jaffator zur Klagemauer geleitet werden. Die Polizei bietet 2000 Einsatzkräfte auf und ist laut Bar-Lev «gut vorbereitet».

Probe für die neue Regierung

Hätte die neue Regierung, in der Ultranationalisten in Bennetts Partei Yamina durchaus prominent vertreten sind, den Marsch verboten, so hätte das die Koalition bereits gefährden können, die in der Knesset nur über eine Stimme Mehrheit verfügt. Kommt es zu einer neuen Eskalation, dürfte das aber ebenso ein Problem werden, vor allem für die arabische Raam-Partei, die vier Abgeordnete stellt. Ihr Chef, Mansour Abbas, hatte die Koalitionsverhandlungen während der Krise im Mai unterbrochen, sich dann letztlich aber doch dem Bündnis aus sieben weiteren Parteien angeschlossen. Sie einte vor allem der Wille, Netanyahu eine weitere Amtszeit zu verwehren – und die fünfte Neuwahl in weniger als zwei Jahren zu verhindern.