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Reisen: Finnland
Diese Stadt ist ein heisser Tipp für die kalte Jahreszeit

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Helsinki? Im November?! Nur keine Aufregung. Es hat nämlich einen Grund, warum wir ausgerechnet jetzt empfehlen, die finnische Hauptstadt anzusteuern. 

Und zwar thront Helsinki seit neuestem an der Spitze des strengen Global Destination Sustainability Index (siehe Box). Das heisst: Es darf sich offiziell als weltweit nachhaltigste Städtereise-Destination bezeichnen.

Zwar sollte man solche Ehrungen stets mit einer Portion Nüchternheit betrachten. Kritiker monieren etwa, dass nur finanzkräftige Kandidaten die Mittel haben, um bei derartigen Wettbewerben vorn mitzumischen. Und dass egal, wie nachhaltig der Aufenthalt ausfällt, halt immer noch die nicht ganz so ressourcenschonende Anreise anfällt. Stimmt natürlich. Trotzdem wollen wir mal davon ausgehen, dass es einer Stadt, die auf bestem Weg ist, 2030 klimaneutral zu werden, nicht nur um ein ökologisches Feigenblatt geht. 

2BDC6PN Helsinki  cityscape in winter, Finland

Ferner ist Helsinki schon rein geografisch etwas Besonderes. Auf der Landkarte sieht es aus, als hätte der liebe Gott ein Stück Fels fallen lassen, der beim Aufprall in der Ostsee in unzählige Teile zerschellt ist. Rund 300 Inseln gehören zum Stadtgebiet; jemand hat sich mal die Mühe gemacht, alle ihre Küsten auszumessen, und kam auf beeindruckende 131 Kilometer. Und dann wäre da natürlich noch die Lage hoch oben auf der Nordhalbkugel, was zur Folge hat, dass im Winter die Tage verteufelt kurz sind. Jetzt, im November, geht die Sonne erst nach 8 Uhr auf und dafür kurz vor 16 Uhr bereits wieder unter. 

Aber: Nie, sagen die Helsinkier, könne man ihre Stadt authentischer erleben als dann, wenn gelegentlich ein ordentlicher Regengutsch oder eine schöne Ladung Schnee herunterkomme. Zudem hat es deutlich weniger Touristen. Und jene, die da sind, sind schlau genug, sich von den Einheimischen abzugucken, wie man sich hier etwas Gutes tut, ohne kaum je einen Zeh unter freien Himmel zu setzen. Zum Beispiel:

Schwitzen mit Aussicht

Ocean front sport facility. Aquatic sports. Rooftop restaurant. Nordic design and architecture.

Logisch geht man als winterlicher Finnland-Besucher in die Sauna. Bloss: In welche? Für Helsinki-Frischlinge empfiehlt sich der Allas Sea Pool, der Sauna und Badi in einem und zudem spektakulär gelegen ist, nämlich direkt an der Ostsee. Nach dem Schwitzen lässt man sich ins knackig kalte Meerwasser gleiten – und lenkt sich mit Ausblicken aufs beleuchtete Riesenrad und die zur (Unesco-geadelten!) Festungsinsel Suomenlinna schippernden Fähren vom Temperaturschock ab. Gfrörli weichen ins 27 Grad warme Nachbarbecken aus, und Entspannungssuchende buchen den vielversprechend klingenden Feierabendkurs «Wine & Stretching». Kleiner Sauna-Knigge noch: In Finnland bleibt die Badehose an, ausser man schwitzt im eigenen Mökki (Ferienhaus)!

Museen für Muffel

Amos Rex

Mit den Museumsgängern ist es ja so. Die einen wissen nicht, wie sie aus der hiesigen Fülle auswählen sollen – Designmuseum! Die historischen Fotos im Stadtmuseum! Kiasma und Ateneum für Kunst! –, die anderen wollen schon angelockt werden. Helsinki macht es gut, was die zweite Kategorie anbelangt: Im Nationalmuseum gibts eines der coolsten Exponate schon gratis in der Eingangshalle.

Just über dem Ticketschalter prangen die comichaften Deckenfresken des «finnischen Hodlers» Akseli Gallen-Kallela. Sie zeigen Szenen aus dem Nationalepos «Kalevala», und wie sich das gehört für Mythologisches, wimmelt es in wildem Schlachtengetümmel von Wesen, denen man nachts nicht in einer dunklen Gasse begegnen will.

D49D1N Defense of the Sampo. Kalevala themed fresco mural painting by Akseli Gallen-Kallela in the ceiling of Finland's National Museum

In den umliegenden Räumen wird man epochenweise an die verblüffend unruhige Geschichte Finnlands herangeführt, aber wer eher auf Zeitgenössisches steht, zieht weiter ins Amos Rex: Die aus dem privaten Fundus des Zeitungsverlegers und Kunstmäzens Amos Anderson erwachsene Sammlung wird auch nach dessen Tod permanent erweitert – sodass 2018 mehr Ausstellungsfläche hermusste. Man fand sie unterirdisch.

Das wenige – allerdings wahnsinnig Publikumsmagnetische! –, was man davon von aussen sieht, erinnert an eine Riesenkröte, die sich in die Erde eingegraben hat und mit verglasten Glupschaugen nun aus ihrem Versteck schielt.

Architektur à gogo

A staircase of Helsinki's new Central Library Oodi is seen during a preview on November 30, 2018 in Helsinki, Finland. The new library will open its doors to the public on December 5, 2018, a day before Finland's 101st birthday. (Photo by Markku Ulander / Lehtikuva / AFP) / Finland OUT

Überhaupt, die Architektur: Historismus? Klassizismus? Byzantinisch-Orthodoxes? Helsinki hat das alles, ganz zu schweigen von den Jugendstil-Stadtteilen Katajanokka und Punavuori. Selbst der Hauptbahnhof kommt in würdevollem, zurückhaltend dekorativem Art déco daher. Wenige Schritte weiter steht, als köstlicher Kontrast, seit 2018 das Oodi. Die als Mix aus Riesencremeschnitte und Flunder gestaltete Bibliothek wurde explizit als urbaner Treffpunkt konzipiert. Neben Büchern gibts eine Gemeinschaftsküche, ein Kino, ein Kafi mit Ausblick – und, rege genutzt: öffentliche Nähmaschinen. 

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Und dann wäre da eben noch Alvar Aalto, bis heute die Galionsfigur der finnischen Baukunst. Leute, die Wert auf Geschmack legen, halten sich in ihrem Loft mindestens eine seiner berühmten organisch geschwungenen Vasen. Helsinki ist so was wie die Aalto-Hochburg; Fans können Touren buchen, die sogar zum Wohnhaus des 1976 verstorbenen Meisters führen. Klar, dafür muss man raus in die zugigen Strassen Helsinkis – aber wer Schönes sehen will, muss schlottern. 

FINLAND - OCTOBER 10: Auditorium of the main building of Helsinki University of Technology, 1955-1964, designed by Alvar Aalto (1898-1976), Otaniemi, Espoo, Helsinki, Finland. (Photo by DeAgostini/Getty Images)

Ab unter die Erde!

Gewusst, dass es unter Helsinki eine Art zweites Helsinki gibt? Nach unguten Erfahrungen mit dem russischen Nachbarn (googeln Sie mal «Winterkrieg 1939») begann man, systematisch Tunnel und Bunker ins felsige Fundament der Stadt zu graben, sodass im Notfall die gesamte Stadtbevölkerung 30 Meter unter der Erdoberfläche Schutz finden würde. Und weil man so viel subterranen Platz in Friedenszeiten nicht einfach ungenutzt lassen will, fahren die Helsinkier vergnügt mit dem Lift in die Tiefe, um die dort untergebrachten Sportplätze, den Konzertsaal, das Trampolin-Kinderreich oder die Gokart-Bahn zu nutzen.

30 Meter unter dem Boden und im 80er-Jahre-Disco-Stil beleuchtet: die vermutlich einzige unterirdische Gokart-Anlage der Welt.

Herzstück dieser Schattenwelt ist ein Hallenbad, das sogar mit einem Sprungturm und Rutschbahnen aufwartet. Man zieht also im 50-Meter-Becken seine Bahnen, blickt an die Felsendecke hoch und denkt: All das könnte im Ernstfall ratzfatz in einen Megabunker umfunktioniert werden. 

Itäkeskus Swimming Hall

Von innen her warm werden

Wem jetzt nach einem Imbiss zumute ist, wird in der ältesten Markthalle der Stadt glücklich: In der Hakaniemen Kauppahalli kann man sich, von Theke zu Theke schlendernd, durch so ziemlich alle finnischen Spezialitäten schlemmen. Wahlweise lässt man sich im oberen Stock in der Brasserie Kirsikka ein Markthallenplättli oder ein Steak mit Trüffelbutter servieren.

In der Alten Markthalle gehen seit 1889 Kunden ein und aus. Zu kaufen gibts Käse, Fisch, Schalentiere, Fleisch, Gemüse, Obst und Backwaren sowie Gewürze, Kaffee und Tee.

Nichts gegen Rind, aber Sie wollten eigentlich schon immer wissen, wie Elch schmeckt? Buchen Sie im zentralen Stadtbezirk Kamppi einen Tisch im «Michelin»-Stern-prämierten Finnjävel, wo traditionell Herzhaftes – eben Elch, Rentier und alles, was das Meer hergibt – mit einem eleganten Twist daherkommt. Danach gehen Sie doch noch kurz raus – und gönnen sich an einem der ersten Weihnachtsmärkte einen Glögi. Kippis – prost! 

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