Campax-Kleber sorgt für EmpörungFDP-Nationalrat droht mit Klage wegen Nazi-Vergleich
Die Kampagnenorganisation Campax hat SVP und FDP mit Nazis verglichen. Nun fordert Hans-Peter Portmann eine Entschuldigung. Sonst will er den Fall juristisch klären lassen.
Die Empörung ist gross, vor allem beim Freisinn. Dies wegen eines Briefkasten-Klebers, der inzwischen gar nicht mehr in dieser Form erhältlich ist. Begonnen hat alles letzte Woche mit einem Tweet. Darin stellt die Kampagnenorganisation Campax einen Kleber vor, der vor Wahlkampfwerbung der SVP schützen soll. Auch vor Werbung der FDP, weil diese in mehreren Kantonen Listenverbindungen mit der SVP eingeht, womit jede Stimme für den Freisinn auch eine solche für die SVP sei, so Campax.
Illustriert wird der Kleber mit einem bekannten Schäfchen, das die Logos von FDP und SVP wegkickt. Es trägt ein Shirt mit der Aufschrift «FCK NZS», was für «Fuck Nazis» steht. Lange hat die Provokation freilich nicht gedauert. Bereits nach den ersten aufgebrachten Reaktionen krebste Campax zurück und verkündete, das Schaf gebe es nun ohne T-Shirt.
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Die Empörung der Freisinnigen wurde erst danach so richtig entfacht, als die NZZ darüber berichtete. Präsident Thierry Burkart sprach von «verachtenswerter Polit-Propaganda» einer Organisation, bei der Grünen-Präsident Balthasar Glättli im Vorstand sitze. Derselbe Glättli fordere eine Fairnesskontrollbehörde für den Wahlkampf, sekundierte FDP-Vizepräsident Andrea Caroni.
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Einen Schritt weiter geht der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann. Er hat auf Twitter einen Normbrief veröffentlicht, mit welchem FDP-Mitglieder bei der Staatsanwaltschaft ihres Kantons eine Strafanzeige einreichen können.
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Ob auch Portmann selbst zu diesem Mittel greift, ist noch offen. Vorerst hat er Campax einen Brief geschrieben, in dem er eine Entschuldigung verlangt. Fehle eine solche Einsicht, «können Strafen bis zu drei Jahren Gefängnis verhängt werden», mahnt Portmann im Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt. Ohne Entschuldigung will er beim Rechtsdienst der Zürcher Staatsanwaltschaft die Chancen einer Anzeige klären lassen. Dasselbe planen offenbar weitere FDP-Mitglieder in anderen Kantonen. Betroffen wären laut Portmann Vorstandsmitglieder und Mitarbeitende von Campax. Der Chef der Kampagnenorganisation, Andreas Freimueller, wollte gestern nicht sagen, ob er sich entschuldigen wird. Er habe Portmanns Schreiben noch nicht gesehen.
Gut möglich, dass Freimueller sein Ziel bereits erreicht hat, indem er dank Provokation und Empörung die Listenverbindung zwischen FDP und SVP breit problematisieren konnte. Der Kleber selbst wird dagegen wenig bewirken. Denn die Post stellt Werbung politischer Parteien sowieso allen zu – Kleber hin oder her. Hätte also die FDP die Aktion nicht besser ignoriert? Das habe er sich durchaus überlegt, sagt Portmann. «Aber man muss den Diffamierungen in den sozialen Medien Grenzen setzen.»
Banalisieren der Nazis
Nazi-Vergleiche werden in der politischen Auseinandersetzung gerne eingesetzt, weil sie eine hohe Aufmerksamkeit garantieren. Sie können aber auch verheerende Folgen für die Vergleichenden haben. Wie für den grünen Nationalrat Jonas Fricker. Er hat 2017 den Transport von Schweinen mit der Deportation von Juden verglichen und sich dabei derart verrannt, dass ihm nur noch der Rücktritt blieb.
Weit weniger drastisch waren die Folgen für Christoph Blocher, der besonders häufig zur Nazikeule greift. Etwa 2018, als er mit Bezug auf Aussenminister Ignazio Cassis und das Rahmenabkommen sagte: «Hätten wir 1939 einen solchen Bundesrat gehabt, hätte sich die Schweiz rasch dem Dritten Reich angeschlossen.» Oder 2016, als er nach der verlorenen Durchsetzungsinitiative erklärte: «Der Kampf gegen die SVP vonseiten der Staatsmedien und vom ‹Blick› bis zur NZZ hat mich in der Radikalität an die Methoden der Nationalsozialisten den Juden gegenüber erinnert.»
Noch häufiger ist freilich die SVP ihrerseits Opfer von Nazivergleichen, wie sich auch jetzt wieder zeigt. Selbst der damalige Bundesrat Pascal Couchepin konnte es nicht lassen, in Anspielung auf KZ-Arzt Josef Mengele von «Dr. Mörgele» zu sprechen. Solche Nazi-Vergleiche banalisieren die realen Nazis, die Millionen von Juden ermordet haben. Und oft sagen sie mehr über die Vergleichenden aus als über die Verglichenen.
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