Fasnacht und KarnevalSo steht Basel im internationalen Vergleich da
Weltweit wird die fünfte Jahreszeit in verschiedenen Formen gefeiert. Eine Gegenüberstellung in Zahlen und Ausstrahlung.
Basel, Köln, New Orleans, Rio de Janeiro, Venedig: Weltweit feiern in diesen Wochen Millionen Menschen die fünfte Jahreszeit. Wie schneiden die Karnevals im Vergleich zur Basler Fasnacht ab? Wir vergleichen fünf der bekanntesten Veranstaltungen in Sachen Wirtschaftlichkeit und Beliebtheit:
Basler Fasnacht: Die Spuren der «drei scheenschte Dääg» führen mindestens bis ins 14. Jahrhundert zurück. Seit dem Jahr 2017 zählt die Basler Fasnacht zudem zum immateriellen Weltkulturerbe der Unesco. In diesem Jahr dauert sie vom 19. bis zum 21. Februar. Wie jedes Jahr hält Frau Fasnacht auch 2024 mit dem Morgestraich um 4 Uhr früh Einzug in Basel.
Kölner Karneval: Das rheinische Volksfest zählt in Deutschland ebenfalls zum immateriellen Kulturerbe. Erste schriftliche Überlieferungen reichen bis ins 13. Jahrhundert zurück. Den Höhepunkt finden die Feierlichkeiten jeweils mit dem Umzug am Rosenmontag. Wagen, Tanzgruppen, Musikkapellen und Fussgruppen ziehen dabei durch die Strassen. Die Narrenzeit beginnt jeweils am 11. November um genau 11.11 Uhr. Die diesjährige Ausgabe endete am 14. Februar.
Mardi Gras in New Orleans: Die Mardi-Gras-Saison startet immer direkt nach der Weihnachtszeit und gipfelt im «Fat Tuesday» – «fetten Dienstag». Dieser findet jedes Jahr genau sechs Tage vor der Basler Fasnacht statt. Der ursprünglich französische Brauch wurde in einigen US-Südstaaten im späten 17. Jahrhundert eingeführt. In den USA nennen die Menschen den Karnevals-Feiertag «the greatest free show on Earth» – «die grossartigste Gratis-Show auf Erden».
Karneval in Rio de Janeiro: Auch hier greifen Fans und Organisatoren zu Begriffen der Superlative. Der Karneval von Rio wird als «grösste Party der Welt» bezeichnet. Als Highlight gilt die Parade der sechs Sambaschulen im Sambodromo. Die Aktiven sind in 40 Gruppen aufgeteilt und werden von fünf bis acht Wagen begleitet. Am Aschermittwoch wird jedes Jahr an einer Siegesfeier verkündet, welche Schule den Wettbewerb gewonnen hat.
Karneval in Venedig: Der Carnevale di Venezia wird seit dem 12. Jahrhundert gefeiert und entwickelte sich durch den Einfluss von italienischen Fürstenhöfen zu einer immer prunkvolleren und aufwendigeren Form. Dieses Jahr endete der Karneval am 13. Februar. Teil der Feierlichkeiten sind Bälle, Dinners, Konzerte, Theater und Umzüge. Aufsehenerregend ist jeweils die historische Gondel-Parade entlang des Canale Grande, an der über 100 Schiffe teilnehmen.
Die Zahl der Aktiven
11’147 Aktive in 494 Einheiten nehmen dieses Jahr am Cortège in Basel teil. Der Kölner Karneval und der Mardi Gras bewegen sich in derselben Grössenordnung. 11’500 Personen waren am Rosenmontag 2024 Teil des Umzugs. Am Mardi Gras waren dieses Jahr 87 Krewes – die dortige Bezeichnung für die Cliquen – gemeldet. Die meisten haben mehrere Hundert Mitglieder. Die sogenannten drei Super-Krewes zählen jeweils über tausend aktive Fasnächtler. Insgesamt waren also etwa 12’000 Personen beteiligt.
Um einiges kleiner ist die Teilnehmerzahl an der Parade in Rio. Hier nehmen jährlich bis zu 5000 Tänzerinnen und Tänzer teil. Wie viele Personen sich an Veranstaltungen des Karnevals in Venedig beteiligen, ist indes schwierig zu eruieren. ¨Mindestens 200 Künstler und 100 Ensembles waren es in diesem Jahr. An einer der Prozessionen, dem «Festa delle Marie»: Einer Wiederbelebung einer historischen Entführung und Rettung von zwölf Bräuten, die sich anno 934 ereignet hatte, nehmen jährlich mehr als 300 Aktive teil.
So viele Besucher kommen
Fasnacht ist Ausnahmezustand. Das gilt auch für die Publikumszahlen. Wie viele Zuschauerinnen und Zuschauer sich an den «drei scheenschte Dääg» durch die Gassen und Strassen drängen, kann auf Nachfrage dieser Redaktion niemand beantworten. Weder das Justiz- und Sicherheitsdepartement noch das Comité sehen sich zu einer Schätzung der Besucherzahlen in der Lage. Fest steht: Von auswärts kommen jährlich über 200’000 Besucherinnen und Besucher, wie es bei Basel Tourismus auf Anfrage heisst.
Hochrechnungen zufolge notiert New Orleans im weltweiten Vergleich die meisten Besucherinnen und Besucher. 10,4 Millionen Menschen sind auf den Strassen am Feiern. In Rio de Janeiro sind es 7 Millionen und in Venedig sind es 5 Millionen Menschen. In Köln sind es bis zu 1,5 Millionen. Beim Vergleich gilt aber zu beachten: Die internationalen Karnevalsperioden dauern alle länger als die dreitägige Basler Fasnacht. Aussagekräftiger sind deshalb die täglichen Besucherzahlen: Hier ist der Karneval von Rio mit einem Schnitt von 1,4 Millionen am Tag der klare Spitzenreiter.
Vom grossen Besucherandrang profitieren auch die Hoteliers. In Basel werden jährlich circa 10’000 Übernachtungen durch die Fasnacht generiert, während Köln 385’000 Logiernächte auf dem Konto des Karnevals verbuchen kann. In New Orleans sind mit 95 Prozent Auslastung jeweils rund 63’700 Zimmer belegt und in Rio de Janeiro 33’600 Zimmer. Zu den Hotelbuchungen während des Karnevals in Venedig liegen keine Zahlen vor. Eine hohe Auslastung dürfte aber gegeben sein – wie in allen anderen Städten steigen die Zimmerpreise während der Fasnachtszeit signifikant.
Wer nimmt wie viel ein?
164 Milliarden US-Dollar: Das ist die direkte Wertschöpfung, die der Mardi Gras jedes Jahr der Wirtschaft von New Orleans bringt. Diese setzt sich nicht nur aus Hotelübernachtungen, sondern unter anderem auch aus Restauranteinnahmen und Souvenirverkäufen zusammen.
Rund 870 Millionen Franken setzt der Carnevale in Rio um. Beim Kölner Karneval liegt die zusammengerechnete Wirtschaftskraft bei 600 Millionen Euro, wie eine Studie aus dem Jahr 2018 ergeben hat. Wie hoch die Einnahmen in Basel und Venedig sind, lässt sich nicht sagen, hier liegen keine Daten vor.
Das schreiben die Medien
Überall Karneval, überall Fasnacht: Das ist auch ein gerne gesehenes Schauspiel für die Medien. Aus aller Welt wird über die berühmtesten Anlässe berichtet. Auch aus Ländern, die selber nur wenig mit diesem Brauchtum zu tun haben. Der katarische TV-Sender al-Jazeera und chinesische Medien berichten etwa über den Karneval in Venedig, das türkische Portal «Hürriyet» widmet sich in diesen Tagen dem Mardi Gras. Und auf den Karneval in Rio: Da verzichtet ohnehin niemand freiwillig. Diese Bilder! Diese Menschen! Diese Farben!
Die Basler Fasnacht hat es da etwas schwerer. Wie beim Kölner Karneval ist das mediale Interesse zwar ebenfalls gross, aber meist nur lokal und national. Eine Ausnahme ist die «New York Times» (NYT), die bekannteste Zeitung der Welt, die sich immer wieder mal mit der Basler Fasnacht auseinandersetzt. Und die bereits im Jahre 1986 vielleicht jenen Grund dafür liefert, warum das mediale Echo in der Welt nicht überragend ist.
Die NYT schreibt: «Die wohlhabende Stadt am Rhein, die sonst sehr gastfreundlich ist, schreckt während der dreitägigen Fasnacht nicht aktiv vor Touristen zurück, aber sie tut auch nicht alles, damit diese sich willkommen fühlen. Die Fasnacht ist in erster Linie für die Basler da.»
Auch sonst beweist der Reisejournalist ein feines Gespür, ein wachsames Auge für die Basler und ihren Lieblingsanlass. Er beschreibt eine Stadt, «sonst ein Synonym für Nüchternheit», die am Morgenstreich in den Ausnahmezustand verfällt. Trotz «unchristlicher Uhrzeit» seien «erstaunlich viele auf den Beinen». Und erinnert an die Fasnacht des Vorjahres, an der «am Vorabend ein Sturm aus Westdeutschland heranzog und Basel eine Schneedecke von 15 Zentimetern bescherte». Das hat die Basler nicht abgehalten, «trotz klirrender Kälte» zogen sie ihr Fest «verbissen» durch.
So werten die Besucher
Was macht einen guten Karneval, eine gute Fasnacht aus? Das liegt jeweils im subjektiven Empfinden. Aber es gibt schon einen klaren Trend, was die Menschen bevorzugen, nachzulesen im Internet. Auf den Spitzenpositionen liegen stets: Rio und Venedig. Mal liegen die Brasilianer vorne, mal die Italiener.
Bei Tripadvisor, auf das sich immer mehr Menschen verlassen, ist das nicht anders. Im Text «14 legendäre Karnevalshochburgen, die Sie einmal besucht haben sollten», landen aber auch exotische Karnevals wie jener in Trinidad auf dem Podest. Der Mardi Gras landet direkt dahinter, der Kölner Karneval immerhin auf Platz 12. Basel? Fehlanzeige.
Bei Skyscanner, einem der beliebtesten Portale für günstige Flüge und Hotels, schafft es die Basler Fasnacht immerhin in die Top Ten, genauer: auf Platz 8. Ob die Verantwortlichen des Rankings aber begriffen haben, wovon sie sprechen? Im Erklärtext steht: «Tausende von fastnächtlichen Trommlern und Piccolospielern, gefolgt von Abertausenden mit aufwendig verzierten Masken verkleideten Narren, beherrschen drei Tage lang die Strassen und Gassen der Stadt.» Na dann…
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