Bericht zu UNO-HilfswerkBislang keine Beweise für terroristische Verbindungen von UNRWA-Mitarbeitern
Laut einer unabhängigen Untersuchung hat Israel bislang keine stützenden Beweise für seine Behauptung vorgelegt, dass Mitarbeiter des Hilfswerks Mitglieder terroristischer Organisationen seien.
Israel hat einer unabhängigen Untersuchung zufolge seit 2011 keine Einwände gegen die jährlich gemeldeten Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks erhoben. Das UNRWA habe mit den Ländern, in denen es arbeitet, Listen seiner rund 32’000 Mitarbeiter ausgetauscht, darunter etwa 13’000 im Gazastreifen, hiess es in einem am Montag veröffentlichten Bericht eines Gremiums unter Leitung der ehemaligen französischen Aussenministerin Catherine Colonna. Israelische Vertreter hätten nie Bedenken geäussert und dem Gremium mitgeteilt, dass sie die Liste nicht als «Screening- oder Überprüfungsprozess» betrachten, sondern vielmehr als Verfahren zur Registrierung von Diplomaten.
Das UNRWA ist die grösste Hilfsorganisation im Gazastreifen. Israel wirft dem UN-Hilfswerk vor, die militant-islamistische Hamas zu unterstützen und von ihr unterwandert zu sein. An dem Terrorangriff vom 7. Oktober auf den Süden Israels seien mehr als 40 UNRWA-Mitarbeiter beteiligt gewesen. Der Angriff war Auslöser des Gaza-Kriegs.
Im Februar sagte der israelische Verteidigungsminister Joav Galant, knapp 1500 UNRWA-Angestellte seien Mitglieder der Hamas oder des Islamischen Dschihad, das sind etwa zwölf Prozent des Personals im Gazastreifen. 230 von diesen gehörten zu den bewaffneten Abteilungen dieser militanten Gruppen.
UN-Generalsekretär António Guterres ordnete im Februar eine unabhängige Untersuchung zur UNRWA an. Der 48 Seiten lange Bericht liegt jetzt vor. Darin heisst es, das israelische Aussenministerium habe dem Gremium mitgeteilt, dass die UNRWA-Personallisten bis März dieses Jahres keine palästinensischen Identifikationsnummern enthalten hätten. Offenbar auf der Grundlage solcher Nummern hat Israel dem Bericht zufolge dann «öffentlich behauptet, dass eine beträchtliche Anzahl von UNRWA-Mitarbeitern Mitglieder terroristischer Organisationen sind». Israel habe jedoch noch keine Beweise dafür vorgelegt.
Dem Bericht zufolge verfügt das UNRWA über robuste Verfahren, um den UN-Grundsatz der Neutralität zu wahren. Es gebe jedoch schwerwiegende Mängel bei der Umsetzung, etwa wenn Mitarbeiter politische Ansichten äussern, Schulbücher «problematische Inhalte» hätten oder der Betrieb durch Mitarbeitergewerkschaften gestört werde, hiess es. Von 2017 bis 2022 schwankte die Zahl der jährlichen Verstösse gegen den Neutralitätsgrundsatz beim UNRWA dem Bericht zufolge zwischen 7 und 55. Zwischen Januar 2022 und Februar 2024 erhielten die Ermittler der Vereinten Nationen jedoch 151 Anschuldigungen, die meisten im Zusammenhang mit Beiträgen in sozialen Medien, die von externen Quellen veröffentlicht wurden.
Palästinenserhilfswerk sollte Neutralität stärken
Die Expertengruppe hat Verbesserungsbedarf bei der Einhaltung der Neutralität der Organisation festgestellt. Zwar habe UNRWA eine Reihe von Mechanismen und Verfahren etabliert, um die Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes zu gewährleisten, sagte Colonna. Trotzdem gebe es nach wie vor Probleme mit der Neutralität. Dazu gehörten politische Äusserungen von Mitarbeitern, Schulbücher mit problematischen Inhalten und Drohungen der sehr politischen Gewerkschaften gegen die Leitung der Organisation.
Colonna empfahl unter anderem eine genauere Überprüfung der Mitarbeiter, einen besseren Schutz der UNRWA-Einrichtungen vor missbräuchlicher militärischer Nutzung und eine Revision des gesamten Lehrmaterials an den von der Organisation betrieben Schulen. «Wir sind zuversichtlich, dass die Umsetzung dieser Empfehlungen UNRWA helfen wird, sein Mandat zu erfüllen», hiess es in dem Bericht.
Die humanitäre Hilfe, die UNRWA in dem abgeriegelten Küstenstreifen leistet, gilt als alternativlos für das Überleben von mehr als zwei Millionen Palästinensern in dem Gebiet – vor allem seit Beginn des jüngsten Gaza-Kriegs im Oktober. Als Reaktion auf die israelischen Anschuldigungen hatten wichtige UNRWA-Geldgeber ihre Zahlungen vorübergehend ausgesetzt.
DPA
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