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Rätseln über den einstigen Wagner-Chef
Ist Jewgeni Prigoschin zurück in Russland?

Sein momentaner Aufenthaltsort ist unbekannt: Jewgeni Prigoschin, der Chef der für aufgelöst erklärten Söldnertruppe Wagner, während seines Aufstands letzten Monat.
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Der Businessjet landete um 7.40 Uhr auf dem Militärflughafen Matschulischtschi in der Nähe von Minsk. Es war eine Embraer Legacy 600 mit der Nummer RA-02795. So präzise sind die Daten von Flightradar 24, veröffentlicht vor einer Woche. Zumindest das Flugzeug von Jewgeni Prigoschin war also in Weissrussland, und dass mit ihm auch der Chef der russischen Söldnertruppe Wagner ins Land gereist ist, bestätigte der weissrussische Machthaber Alexander Lukaschenko. «Ich sehe, Prigoschin fliegt bereits mit diesem Flugzeug. Ja, tatsächlich, er ist heute in Weissrussland», sagte Lukaschenko. Jetzt aber soll doch alles anders sein. Und Prigoschin noch in Russland. Oder etwa wieder?

Am Donnerstag sagte Lukaschenko nämlich plötzlich, der mit seinem Aufstand gescheiterte Prigoschin sei in Sankt Petersburg, Russland. Oder er sei «am Morgen nach Moskau gefahren. Auf weissrussischem Gebiet ist er nicht», versicherte er. Dies könnte zusammenpassen mit einem Bericht der russischen Internetzeitung «Fontanka», die aus Sankt Petersburg berichtet. Demnach habe sich Prigoschin vom 26. bis 28. Juni auf der Petersburger Wassiljewski-Insel aufgehalten, zu jener Zeit also, als Lukaschenko den Wagner-Chef in Minsk gesehen haben will.

Satellitenaufnahmen zeigen Zeltlager

Der Kreml zeigte erstaunlicherweise wenig Interesse an der Wendung. Sprecher Dmitri Peskow sagte laut einer Meldung von Interfax: «Nein, wir verfolgen die Aufenthaltswechsel von Jewgeni Prigoschin nicht. Wir haben dafür weder die Möglichkeiten noch den Willen.» Das ist überraschend, denn laut Lukaschenko ist die Ausreise Prigoschins nach Weissrussland Teil einer Vereinbarung mit Kremlchef Wladimir Putin. Zudem hat Russland natürlich Möglichkeiten, den Aufenthaltsort von jemandem herauszufinden, der immerhin einen bewaffneten Aufstand gegen die russische Militärführung versucht hat.

Lukaschenko sagte auch, dass bis jetzt keine Wagner-Söldner in Weissrussland seien, allerdings ist das schwer überprüfbar. Lukaschenko hatte nach eigenen Angaben während Prigoschins Aufstand gegen die russische Armeeführung vor eineinhalb Wochen vermittelt. Prigoschin und all jenen Wagner-Kämpfern, die sich nicht den russischen Streitkräften anschliessen wollen, wurde Straffreiheit und freies Geleit nach Weissrussland zugesichert. Satellitenaufnahmen zeigten in den vergangenen Tagen bereits sehr grosse Zeltlager, die für russische Wagner-Söldner eingerichtet würden.

«Auf weissrussischem Gebiet ist er nicht»: Weissrusslands Präsident Alexander Lukaschenko beantwortet in Minsk Fragen zu Prigoschin. 

Lukaschenko sagte am Donnerstag, dass er mit alldem kaum etwas zu tun habe. «Das ist ein russisches Unternehmen», sagte er auf Fragen der Journalistengruppe. «Diese Frage müssen Sie nicht mir stellen.» Soweit er informiert sei, hielten sich die russischen Kämpfer in ihren Lagern auf. Zugleich bestätigte er, dass Weissrussland den Kämpfern ehemalige Militärstätten anbiete, die aus der Sowjetzeit stammen, darunter auch in der Region Ossipowitsch, aus der die veröffentlichten Satellitenbilder stammen.

Unklar ist, wie zuverlässig Lukaschenkos Worte sind. Erneut sprach der weissrussische Alleinherrscher aber voller Respekt von Prigoschins Wagner-Kämpfern: «Die Erfahrung, die Wagner und ihre Kommandanten haben, geben sie mit Vergnügen unseren Streitkräften weiter», sagte Lukaschenko. Er werde sich sehr bald mit Putin treffen und mit ihm über die Wagner-Leute sprechen.

Schriftzüge der Wagner-Firma, die erst Ende vorigen Jahres einen neuen gläsernen Bürokomplex bezogen hatte, wurden entfernt.

Was für einen zumindest befristeten Aufenthalt von Prigoschin in dessen Heimatstadt Sankt Petersburg sprechen könnte: Dort ist die Zentrale seines Firmenimperiums Concord, das bereits einen wichtigen Versorgungsauftrag für die russische Armee verloren hat und von den russischen Behörden stark unter Druck gesetzt wird. Schriftzüge der Wagner-Firma, die erst Ende vorigen Jahres einen neuen gläsernen Bürokomplex bezogen hatte und von dort aus den russischen Militärpatriotismus systematisch stärken wollte, wurden vor einigen Tagen entfernt, Mitarbeiter freigestellt.

Behörden durchsuchten auch das Haus des einstigen Wagner-Chefs und ein Restaurant in der Stadt. Prigoschin ist sicher in einer schwierigen Lage, aber wo genau er sich aufhält, ist damit nicht beantwortet.