LiveMilitärputsch in Burma+++ Südkorea stoppt Exporte von Militärgütern nach Burma +++ Polnischer Journalist festgenommen
Gemäss einer internationalen Gefangenenhilfsorganisation AAPP wurden bei den Protesten in Burma mindestens 60 Menschen getötet. Die News im Ticker.
Das Wichtigste in Kürze:
Am 1. Februar hat sich das Militär in Burma zurück an die Macht geputscht und die zivile Regierung um die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi entmachtet.
Die 75-Jährige und weitere Spitzenpolitiker wurden festgenommen oder stehen unter Hausarrest, darunter Staatspräsident Win Myint.
Die Armee rief für ein Jahr den Notstand aus und löste das Parlament auf. Als offiziellen Grund gab das Militär Wahlbetrug bei der Parlamentswahl vom November an. Kontrolle übernahm der Oberbefehlshaber der Streitkräfte Min Aung Hlaing.
Die internationale Gemeinschaft verurteilt den Staatsstreich. Die USA haben erste Strafmassnahmen beschlossen. Die EU prüft Sanktionen.
Zehntausende Menschen gehen seit dem Putsch auf die Strasse und fordern eine Wiedereinsetzung der zivilen Regierung. Bei den Kundgebungen hat es gemäss der internationalen Gefangenenhilfsorganisation AAPP mindestens 60 Tote gegeben.
130 NGOs fordern Waffen-Lieferstopp gegen Burma
Mehr als 130 Menschenrechtsorganisationen haben dreieinhalb Wochen nach dem Putsch in Burma ein globales Waffenembargo gegen das südostasiatische Land gefordert.
Seit dem 1. Februar habe die Junta bei Demonstrationen «zunehmend exzessive und manchmal tödliche Gewalt angewendet», zahlreiche Menschen bedroht und willkürlich inhaftiert sowie Internet-Sperren verhängt, die Leben in Gefahr brächten, schrieben die Organisationen am Mittwoch in einem offenen Brief an den UN-Sicherheitsrat und die UN-Mitgliedstaaten.
Die Resolution für ein solches Waffenembargo müsse «die direkte und indirekte Lieferung, den Verkauf oder den Transfer aller Waffen, Munition und anderer militärischer Ausrüstung verbieten», so der Appell. Zu den Unterzeichnern zählten unter anderem Human Rights Watch, Global Witness und das Institute for Asian Democracy.
Länder sollen schon vorher selber handeln
Bis zu einer Entscheidung des Rats sollten einzelne UN-Mitgliedstaaten bereits Massnahmen ergreifen, um Waffenlieferungen ins frühere Birma zu blockieren, «mit dem Ziel, ein Waffenembargo auf ein möglichst globales Mass auszudehnen», so der Brief weiter. Seit Jahrzehnten sei die Reaktion des Sicherheitsrates auf Verbrechen der Sicherheitskräfte in Burma unzureichend gewesen. Das Militär sei ermutigt worden, weiter jeden Widerstand niederzuschlagen, ohne ernste Konsequenzen befürchten zu müssen. «Die aktuelle Krise erfordert eine Kursänderung», schrieben die Organisationen.
Wenige Tage nach dem Umsturz hatte der UN-Sicherheitsrat bereits die Freilassung der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi und anderer Festgesetzten gefordert. Das mächtigste UN-Gremium einigte sich auf eine entsprechende gemeinsame Stellungnahme, in der die 15 Mitglieder «tiefe Besorgnis» über den durch die Armee verhängten Ausnahmezustand in dem Land äusserten. Das Vorgehen des Militärs wurde aber weder direkt verurteilt noch als «Putsch» bezeichnet. China und Russland hatten entsprechende Passagen nicht mittragen wollen.
Borrell: EU verhängt Sanktionen gegen Junta
Nach dem Putsch in Burma wird die EU Sanktionen gegen Vertreter des Militärs verhängen. Die EU-Aussenminister hätten dazu eine «politische Einigung» erzielt, sagte der Aussenbeauftragte Josep Borrell am Montag nach Beratungen in Brüssel. Darüber hinaus werde «alle direkte finanzielle Unterstützung» aus der EU-Entwicklungshilfe zurückgehalten, die für Reformprogramme der gestürzten Regierung in Burma bestimmt war.
Am Morgen hatten die EU-Staaten zunächst lediglich mit Sanktionen gegen Militärvertreter «und deren wirtschaftliche Interessen» gedroht. Als Reaktion auf die Ereignisse in dem südostasiatischen Land hätten die Minister nun aber «eine Reihe von gezielten Massnahmen beschlossen», sagte Borrell.
Eine konkrete Liste mit Betroffenen im Militär muss nach dem Grundsatzbeschluss noch ausgearbeitet und separat beschlossen werden. Gegen sie würden Einreiseverbote verhängt und ihre möglichen Vermögen in der EU eingefroren.
Borrell betonte, die EU wolle vermeiden, mit ihrer Sanktionspolitik die Bevölkerung Burmas zu treffen. Er sprach sich deshalb dagegen aus, Handelspräferenzen nach der Regelung «Alles ausser Waffen» zurückzunehmen. Denn dies wäre «sehr schädlich für die Bevölkerung» und würde vor allem «Frauen in der Textilbranche» treffen, sagte der Spanier.
Die EU wendet die «Alles ausser Waffen»-Regelung für alle Staaten an, die von den Vereinten Nationen als am wenigsten entwickelte Länder eingestuft werden. Sie erhalten einseitig zoll- und kontingentfreien Zugang zum EU-Binnenmarkt für alle Waren mit Ausnahme von Waffen und Munition.
«Bitte geh nicht»: Menschen nehmen Abschied von getöteter Demonstrantin
Eine Kolonne aus Autos und Mopeds schlängelt sich langsam über die Strassen von Burmas Hauptstadt Naypyidaw. Der Prozession voran fährt ein schwarzer-goldener Wagen mit dem Sarg und einem Bild von Mya Thwate Thwate Khaing – dem ersten Todesopfer der Proteste gegen die Militärjunta. Die junge Frau war am Freitag, mehrere Tage nach einem Kopfschuss der Sicherheitskräfte, ihren Verletzungen erlegen.
Mya Thwate Thwate Khaing ist zum Symbol des Widerstands geworden. Bilder der Toten, die zwei Tage vor ihrem 20. Geburtstag bei Protesten in Naypyidaw niedergeschossen wurde, sind allgegenwärtig. Zehn Tage lang versuchten Ärzte, das Leben der jungen Frau zu retten, die für die Freilassung der beim Militärputsch am 1. Februar entmachteten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi auf die Strasse gegangen war.
In der Trauerhalle bildete eine Ehrengarde einen Kreis um den Sarg der jungen Frau, während Familienmitglieder und andere Trauernde ihr die letzte Ehre erwiesen. «Bitte geh nicht», flüsterte eine ältere Verwandte, als sie auf den offenen Sarg hinunterblickte.
Auch in anderen Teilen des südostasiatischen Landes hielten Menschen Mahnwachen für die Angestellte in einem Lebensmittelgeschäft. «Wir können nicht an ihrer Beerdigung teilnehmen, deshalb beten wir für sie», sagte Ye Lin Tun, der sich mit Freunden in der grössten Stadt Rangun traf.
Die Nachricht von Mya Thwate Thwate Khaings Tod hat die seit zwei Wochen andauernden Proteste am Freitag erneut angefacht. Die Wut der hunderttausenden Demonstranten auf die Militärs wächst. Doch die lehnen die Verantwortung für den Tod der jungen Frau ab – und antworten mit mehr Gewalt. Am Samstag starben mindestens drei weitere Menschen durch Polizeischüsse.
Facebook sperrt Nachrichten-Seite der Militärjunta
Facebook hat eine von der Militärführung in Burma betriebene Nachrichten-Seite gesperrt. Die «True News»-Seite der Armee sei wegen wiederholter Anstiftung zur Gewalt blockiert worden, teilte Facebook am Sonntag mit. Das US-Onlinenetzwerk hatte in den vergangenen Jahren bereits hunderte Seiten mit Verbindungen zur Armee gesperrt. 2018 blockierte Facebook die Konten von Militärchef Min Aung Hlaing und anderen Generälen.
In dem südostasiatischen Land herrscht Aufruhr, seit die bisherige De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi am 1. Februar bei einem Militärputsch entmachtet wurde. Hunderttausende Menschen beteiligten sich seitdem an Strassenprotesten gegen die Junta, mehrere hundert Menschen wurden festgenommen. Am Samstag gingen die Sicherheitskräfte mit massiver Gewalt gegen die Demonstranten vor. In der zweitgrössten Stadt Mandalay wurden mindestens zwei Menschen erschossen. Etwa 30 weitere Demonstranten wurden verletzt.
Guterres verurteilt Gewalt gegen Demonstranten
UNO-Generalsekretär António Guterres hat das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Burma scharf kritisiert. Er verurteile die «Anwendung tödlicher Gewalt» in Burma, schrieb Guterres in der Nacht zu Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Dies sei ebenso «inakzeptabel» wie «Einschüchterung und Belästigung» von Demonstranten. «Jeder hat das Recht, sich friedlich zu versammeln», betonte Guterres. Zugleich rief er alle Seiten in Burma dazu auf, die Ergebnisse der vergangenen Wahl zu respektieren und wieder eine Regierung aus Zivilisten zu bilden.
Sicherheitskräfte in Burma waren zuvor mit massiver Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen. In der zweitgrössten Stadt Mandalay wurden am Samstag mindestens zwei Menschen erschossen, etwa 30 weitere Demonstranten wurden verletzt. Die Sicherheitskräfte schossen mit scharfer Munition auf die Demonstranten.
In dem südostasiatischen Land herrscht Aufruhr, seit die bisherige De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi am 1. Februar bei einem Militärputsch entmachtet wurde. Hunderttausende Menschen beteiligten sich seitdem an Strassenprotesten, mehrere hundert Menschen wurden festgenommen. Die Sicherheitskräfte setzten allerdings bis Samstag kaum scharfe Munition ein.
Mindestens zwei Tote bei Protesten
Bei Protesten gegen den Militärputsch in Burma sind Medienberichten zufolge am Samstag mindestens zwei Menschen ums Leben gekommen. Mindestens sechs weitere Teilnehmer einer Kundgebung in der Grossstadt Mandalay seien verletzt worden, berichteten die Nachrichtenportale «Myanmar Now» und «Frontier Myanmar» übereinstimmend. In der zweitgrössten Stadt des südostasiatischen Landes hätten Sicherheitskräfte am Nachmittag mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen. Eine unabhängige Überprüfung der Angaben war zunächst nicht möglich.
Fotos auf sozialen Medien zeigen, wie blutende Menschen auf Tragen abtransportiert wurden. «Myanmar Now» zufolge hatten sich Hunderte Demonstranten nahe einer Werft in Mandalay versammelt, um streikende Arbeiter zu unterstützen. Diese seien von den Behörden unter Druck gesetzt worden, zur Arbeit zurückzukehren. 20 Fahrzeuge mit Soldaten und Polizisten sowie zwei Wasserwerfer seien vor Ort gebracht worden, um die Kundgebung aufzulösen. Augenzeugen zufolge habe es mindestens zehn Festnahmen gegeben, hiess es weiter
20-jährige Studentin verstorben
Eine von Einsatzkräften angeschossene Demonstrantin in Burma ist das erste offizielle Todesopfer der Proteste gegen den Militärputsch.
Die 20-jährige Studentin sei am Freitag ihren schweren Kopfverletzungen erlegen, berichtete das Nachrichtenportal «Myanmar Now». Mya Thwet Thwet Khine hatte am 9. Februar in der Hauptstadt Naypyidaw hinter einem Bus Schutz vor Wasserwerfern der Polizei gesucht, als eine Kugel sie in den Kopf traf.
In einem Video, das in sozialen Netzwerken verbreitet wurde, war zu sehen, wie die junge Frau plötzlich auf den Boden fiel. Ärzte hatten kurz darauf erklärt, dass die Verletzte in kritischem Zustand sei. Fotos auf Twitter zeigten am Freitag, wie die Leiche aus dem Spital gebracht wurde.
Proteste mit Hackerangriffen und Autoblockaden
Die Demonstrantinnen und Demonstranten in Burma haben sich auf neue Formen des Protests gegen die Militärjunta verlegt: Am Donnerstag griff eine Gruppe namens «Myanmar-Hacker» nach eigenen Angaben die Websites der Zentralbank, der PR-Abteilung der Armee, der Hafenverwaltung, der Regulierungsbehörde für Nahrungsmittel und Medikamente sowie des staatlichen Senders MRTV an. In Rangun blockierten zahlreiche Autofahrer die Strassen, um die Sicherheitskräfte am Durchkommen zu hindern. Der internationale Druck auf die Militärjunta steigt derweil.
«Wir kämpfen für Gerechtigkeit in Myanmar», erklärte die Hacker-Gruppe auf ihrer Seite im Onlinenetzwerk Facebook. Sie bezeichnete ihre Cyberangriffe als «Massenprotest vor den Websites der Regierung». Die staatliche Zeitung «New Light of Myanmar» bestätigte die Cyberattacken.
Seit dem Militärputsch vom 1. Februar finden in dem südostasiatischen Land Massenproteste gegen die Junta statt. In der grössten Stadt des Landes Rangun waren die Strassen am Donnerstagmorgen zur Hauptverkehrszeit verstopft von scheinbar liegen gebliebenen Autos, Bussen, Lastwagen und Taxen.
«Wir nehmen an der ‹Kampagne der Autopannen› teil, weil wir die (Staatsbediensteten) unterstützen wollen und weil wir stolz auf sie sind», sagte der Lkw-Fahrer Phoe Thar der Nachrichtenagentur AFP. In den vergangenen Tagen waren unter anderem Fluglotsen, Lehrer, Ärzte und Eisenbahner in den Streik getreten.
«Die Welt marschiert mit Euch»: Grösste Demo seit Tagen
In Burmas ehemaliger Hauptstadt Rangun sind am Mittwoch wieder Zehntausende Menschen gegen die neue Junta auf die Strasse gegangen. Beobachtern zufolge handelte es sich um die grösste Kundgebung seit Tagen in dem südostasiatischen Land.
Die Demonstranten blockierten mit einem Sit-in nahe der Sule-Pagode im Zentrum Ranguns wichtige Strassen und legten den Verkehr teilweise lahm, wie Fotos in sozialen Netzwerken zeigten. Sie forderten ein Ende der Militärdiktatur nach dem Putsch vom 1. Februar und die Freilassung der entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
«Die Menschen haben ein Recht, sich zu versammeln, ohne die Bedrohung von Festnahmen und Gewalt durch das Militär», twitterte der Sondergesandte der Vereinten Nationen für Burma, Tom Andrews. «Die Welt marschiert heute mit Euch.»
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Auch nahe Shwebo nordwestlich von Mandalay gab es eine Kundgebung mit Tausenden Teilnehmern. In der Grossstadt Mandalay selbst fuhren in der Nacht zahlreiche Militärfahrzeuge auf, wie auf Fotos auf Twitter zu sehen war. Dennoch gab es auch dort am Mittwoch Massenproteste. Das Internet war zuvor landesweit die dritte Nacht in Folge gesperrt worden.
Zweite Klage gegen Aung San Suu Kyi eingereicht
Die Justiz in Burma hat eine zweite Klage gegen die entmachtete Regierungschefin Aung San Suu Kyi eingereicht. Dabei gehe es um mögliche Verstösse gegen das Katastrophenschutzgesetz des südostasiatischen Landes in Zusammenhang mit den Corona-Massnahmen, zitierte die Nachrichtenorganisation «Mizzima News» am Dienstag ihren Anwalt Khin Maung Zaw.
Nach dem Militärputsch wurden der 75-Jährigen bereits Verstösse gegen die Aussenhandelsgesetze des Landes vorgeworfen. Speziell geht es um den Import von Funkgeräten, die bei einer Hausdurchsuchung gefunden worden waren. Berichten zufolge drohen ihr allein deswegen drei Jahre Haft.
Suu Kyi habe am Dienstag ein Videotelefonat mit dem zuständigen Richter geführt, so ihr Verteidiger, der nach eigenen Angaben bei dem Gespräch nicht anwesend sein durfte. Eine nächste Anhörung sei für den 1. März angesetzt worden.
Berichte über Gewalt in Burma: Schüsse bei Demo in Mandalay
Bei einer Grosskundgebung in der Stadt Mandalay im Norden Burmas sind Berichten zufolge Schüsse gefallen. Das Nachrichtenportal «Frontier Myanmar» zitierte am Montag einen Reporter, wonach Polizisten und Soldaten auch wahllos in Häuser geschossen hätten.
Auf Fotos in sozialen Netzwerken waren blutende Menschen zu sehen. Die Demonstranten verhielten sich den Berichten zufolge friedlich.
Ob scharfe Munition oder Gummigeschosse benutzt wurden und ob es Tote gab, war noch unklar. Videos auf Twitter zeigten durch die Strassen marschierende Polizei mit Schlagstöcken. Der Reporter berichtete auch von zahlreichen Festnahmen.
Anwalt: Suu Kyi soll noch in dieser Woche vor Gericht aussagen
Die abgesetzte bisherige De-facto-Regierungschefin Burmas, Aung San Suu Kyi, soll noch in dieser Woche vor Gericht aussagen. Ihr Anwalt Khin Maung Zaw kündigte an, die Vernehmung werde am Dienstag und Mittwoch per Video-Konferenz stattfinden. Der 75-jährigen Suu Kyi wird von der Militärjunta vorgeworfen, sie habe gegen die Im- und Exportgesetze verstossen, nachdem bei einer Hausdurchsuchung Funkgeräte gefunden worden waren.
Zu den Vernehmungen sei neben Suu Kyi auch der ebenfalls entmachtete Präsident Win Myint einbestellt, der wie die Friedensnobelpreisträgerin am 1. Februar festgenommen wurde, sagte der Anwalt weiter. Weder Suu Kyi noch der Präsident wurden seit dem Umsturz in der Öffentlichkeit gesehen. Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie (NLD) erklärte jedoch, sie sei bei «guter Gesundheit».
Die Untersuchungshaft für Suu Kyi solle am Mittwoch enden, kündigte der Anwalt an. Er habe seine Mandanten aber noch nicht treffen können. Er rechne damit, zusätzlich die Vertretung des hochrangigen NLD-Vertreters Win Htein anvertraut zu bekommen, der nach dem Putsch festgenommen worden war. Seit dem Putsch wurden in Burma insgesamt rund 400 Menschen festgenommen.
Panzer fahren in Rangun auf
In Burma gingen auch am Sonntag Zehntausende Menschen gegen den Putsch und die Militärjunta auf die Strasse. Vor der US-Botschaft in Rangun, der grössten Stadt des Landes, versammelte sich wie schon am Samstag eine Menschenmenge, um die harte Haltung Washingtons gegen die Putschisten zu unterstützen. Präsident Joe Biden hatte am vorigen Mittwoch im Weissen Haus Sanktionen gegen die führenden Generäle und mit ihnen verbundene Unternehmen angekündigt. Unterdessen wächst die Angst vor einer gewaltsamen Reaktion des Militärs.
Am Abend (Ortszeit) seien zahlreiche Panzer in Rangun eingefahren, berichtete ein Augenzeuge der Deutschen Presse-Agentur. Entsprechende Fotos waren auch in sozialen Netzwerken zu sehen. Das Internet solle auf Anweisung der Armee die ganze Nacht gesperrt werden, schrieb die Zeitung «The Irrawaddy». «Die Leute befürchten Schlimmes» sagte der Augenzeuge. In der Vergangenheit hatte das Militär jeden Widerstand mit brutaler Härte niedergeschlagen.
Militär begnadigt mehr als 23'000 Häftlinge
Das Militär in Burma hat mehr als 23'000 Gefangene aus der Haft entlassen oder deren Strafen deutlich verkürzt. Eine entsprechende Anordnung hat der Chef der Junta, General Min Aung Hlaing, unterschrieben. Auch 55 im Gefängnis sitzende Ausländer sollten freigelassen werden, schrieb die Zeitung «The Irrawaddy» am Freitag auf Twitter. Zudem gilt es Berichten zufolge als wahrscheinlich, dass der prominente buddhistische Hassprediger Wirathu unter den Begnadigten ist.
Wirathu gilt als Kopf einer ultranationalistischen Bewegung. Die Justizbehörden hatten ihm «Aufruhr» vorgeworfen. Der Mönch hatte seit Jahren Stimmung gegen Muslime in dem mehrheitlich buddhistischen Land gemacht und galt auch als Kritiker der Regierung der nun entmachteten Regierungschefin Aung San Suu Kyi.
Beobachter glauben, dass das Militär mit den Begnadigungen Platz schaffen will, um mehr politische Gegner und Demonstranten festnehmen zu können. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation AAPP wurden seit dem Putsch in der Nacht zum 1. Februar mindestens 220 Menschen festgenommen, darunter Politiker, Mitarbeiter der Wahlkommission, politische Aktivisten, Mönche und Demonstranten. Suu Kyi soll im Hausarrest sein. Die Proteste gegen die Militärs dauerten auch am Freitag landesweit an.
USA belegen Militärführung Burmas nach Putsch mit Sanktionen
Nach dem Putsch in Burma hat die US-Regierung zehn führende Militärangehörige und drei mit den Streitkräften verbundene Unternehmen mit Sanktionen belegt. Betroffen sind unter anderem der Anführer der Putschisten, Min Aung Hlaing, sein Stellvertreter Soe Win sowie der neue Verteidigungsminister Mya Tun Oo, wie das Finanzministerium in Washington am Donnerstag erklärte. Wegen Verbindungen zur Militärführung werden zudem drei Bergbau- und Juwelenunternehmen mit Sanktionen belegt. US-Präsident Joe Biden hatte das Verhängen der Sanktionen am Mittwoch angekündigt.
Finanzministerin Janet Yellen warnte, die USA seien bereit, weitere Sanktionen zu verhängen, falls die Generäle im früheren Birma nicht einlenken sollten. «Falls es mehr Gewalt gegen friedliche Demonstranten geben sollte, wird das birmanische Militär feststellen, dass die heutigen Sanktionen nur der Anfang sind», erklärte Yellen. Die US-Regierung führt nun Exportkontrollen ein und friert Hilfsgelder ein, die der Regierung helfen könnten. Unterstützung in Höhe von 42 Millionen US-Dollar (rund 35 Millionen Euro) würden umgewidmet, andere Mittel in Höhe von 69 Millionen Dollar zur Unterstützung der Menschen im Land würden weiterhin gewährt, hiess es.
«In einer Demokratie sollte Gewalt nie über den Willen der Menschen triumphieren oder das Ergebnis einer glaubwürdigen Wahl auslöschen», erklärte das Weisse Haus. Aufgrund der Sanktionen wird jeglicher Besitz der betroffenen Personen und Firmen in den USA eingefroren. Für US-Unternehmen und Individuen ist es zudem verboten, Geschäfte mit ihnen zu machen. Auch falls die sanktionierten Personen gar keinen Besitz in den USA haben, werden für sie dadurch jegliche internationalen Geschäfte deutlich schwieriger, unter anderem weil westliche Banken nun vor Geschäften zurückschrecken dürften.
Die Anführer des Putsches, Min Aung Hlaing und Soe Win, waren von den USA bereits Ende 2019 wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen mit ersten Sanktionen belegt worden. Das Militär in dem südostasiatischen Land hatte sich vergangene Woche zurück an die Macht geputscht. Dutzende führende Politiker wurden festgesetzt.
Junge Frau kämpft ums Überleben
An ihrem 20. Geburtstag kämpft Mya Thwate Thwate Khaing um ihr Leben. Die junge Frau liegt am Donnerstag in Burma auf der Intensivstation in einem Spital, den Kopf einbandagiert, die Augen verbunden. Bei Protesten gegen den Militärputsch in dem Land war ihr diese Woche in den Kopf geschossen worden. In den sozialen Medien wird nun Jagd gemacht auf den mutmasslichen Schützen.
Mya Thwate Thwate Khaing zählt zu den hunderttausenden Menschen im ganzen Land, die trotz der Polizeigewalt und des hohen Risikos seit Tagen auf die Strasse gehen, um gegen den Militärputsch und die Absetzung der De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi zu protestieren. Dabei traf die Angestellte eines Lebensmittelladens bei Demonstrationen in der Hauptstadt Naypyidaw ein Geschoss.
«Die Kugel durchschlug ihren Schädel, sie schwebt daher in Lebensgefahr,» sagte ein Arzt in der Hauptstadt der Nachrichtenagentur AFP. Die 20-Jährige sei an eine Maschine angeschlossen worden, da sie nicht mehr selbstständig atmen könne. Ihre verzweifelte Familie wacht an ihrem Krankenbett.
Im Internet kursiert ein Video von dem Angriff auf Mya Thwate Thwate Khaing. Es zeigt, wie die junge Frau mit den langen Haaren in einem roten T-Shirt mit Pandabären-Print zu Boden stürzt und mehrere Menschen herbeieilen, um ihr erste Hilfe zu leisten.
Militär nimmt weitere Politiker fest
Die burmesische Armee nahm am späten Mittwochabend weitere Mitglieder der entmachteten Regierung von Aung San Suu Kyi fest. Mindestens sechs hochrangige Politiker, darunter ein enger Berater der 75-Jährigen, seien festgesetzt worden, berichtete die Zeitung «The Irrawaddy» am Donnerstag. Mitglieder von Suu Kyis Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) hätten zuvor offen ihre Unterstützung für die landesweiten Proteste gegen den Putsch gezeigt.
Die Demonstrationen im Land gingen auch am Donnerstag unvermindert weiter. Eine grössere Kundgebung gab es vor der chinesischen Botschaft in Rangun. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen warfen der Führung in Peking vor, die Junta zu unterstützen. «Die Welt steht hinter uns, aber China steht hinter dem Militärregime», war auf einem Plakat zu lesen.
In der nördlichen Stadt Mandalay gingen bunt gekleidete Künstler auf die Strasse, um die Wiedereinsetzung der zivilen Regierung zu fordern. Auch Bankangestellte und Mitarbeiter der Bahn nahmen an Demos teil. Zudem schlossen sich Berichten in sozialen Netzwerken zufolge auch zahlreiche Mitglieder ethnischer Minderheiten in dem Vielvölkerstaat den Protesten an. Zunächst blieb es friedlich. Am Dienstag hatte die Polizei mit Wasserwerfern und Gummikugeln versucht, Demonstranten auseinanderzutreiben. Dabei wurde auch scharf geschossen, eine junge Frau ist in kritischem Zustand.
USA verhängen Sanktionen gegen Putsch-Generäle
Die USA verhängen nach dem Militärputsch in Burma Sanktionen gegen die führenden Generäle. Dies kündigte Präsident Joe Biden zehn Tage nach dem Putsch in dem südostasiatischen Land am Mittwoch in Washington an. Die Strafmassnahmen sollen sich auch gegen Familienmitglieder der Generäle und gegen Unternehmen richten, die mit der Armee verbunden sind. Gegen die Absetzung von Regierungschefin Aung San Suu Kyi gehen in Burma inzwischen Zehntausende auf die Strasse.
Die ersten konkreten Ziele der Sanktionen würden noch diese Woche bekanntgegeben werden, sagte Biden im Weissen Haus. Zudem wollen die USA starke Exportkontrollen einführen und weitere Sanktionen vorbereiten. Auch werde dem Regime der Zugang zu rund einer Milliarde US-Dollar verwehrt, die sich in den Vereinigten Staaten befänden.
Biden forderte eine sofortige Rückkehr zur Demokratie sowie die Freilassung aller festgenommenen Politiker und Aktivisten. Die demokratischen Grundrechte müssten garantiert werden. «Die Welt sieht zu», sagte der US-Präsident. «Wir werden bereit sein, zusätzliche Massnahmen zu verhängen und wir werden weiter mit unseren internationalen Partnern arbeiten, um andere Länder zu drängen, uns bei diesen Anstrengungen zu folgen.»
Die USA hatten unter dem früheren Präsidenten Barack Obama – einst Bidens Chef – von 2012 an Sanktionen gegen Burma aufgehoben. Im Jahr zuvor hatten die Generäle nach Jahrzehnten der Militärdiktatur eine Öffnung und vorsichtige Demokratisierung des Landes zugelassen.
Kreative Proteste in Burma
In Burma haben am Mittwoch wieder zahlreiche Menschen in allen Landesteilen gegen den Militärputsch protestiert. Die Kundgebungen wurden dabei am fünften Tag in Folge immer bunter und kreativer. So marschierten in der grössten Stadt Rangun mehr als 100 Frauen in prächtigen Abendkleidern als Disney-Prinzessinen durch die Strassen und forderten die Freilassung der festgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi. «Wir wollen zeigen, dass junge Frauen auch an den Protesten teilnehmen. Wir dachten, diese Outfits wären der offensichtlichste Weg, dies zu tun», zitierte das Portal «Frontier Myanmar» eine Demonstrantin.
An anderer Stelle war ein Demonstrationszug muskelgestählter Bodybuilder zu sehen, die mit nacktem Oberkörper gegen die Putschisten protestierten, wie Videos auf sozialen Netzwerken zeigten. In Myawaddy waren Mitarbeiter des Gesundheitswesens in grünen OP-Anzügen auf den Strassen. Beobachter berichteten auf Twitter, dass sich vielerorts auch Polizisten den Demonstranten angeschlossen und ebenfalls gegen die Junta ausgesprochen hätten, so etwa in der östlichen Stadt Loikaw. «Wir sind auf der Seite des Volkes», war auf Plakaten zu lesen.
Militär zerstört Zentrale von Aung San Suu Kyis Partei
Nach dem Militärputsch in Burma hat die Armee die Zentrale der Partei der festgenommenen De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi nach Angaben der NLD zerstört. Die «diktatorische» Militärführung habe die Parteizentrale in der Wirtschaftsmetropole Rangun am Dienstagabend gegen 21.30 Uhr (Ortszeit) «durchsucht und zerstört», teilte die Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) im Online-Dienst Facebook mit.
Das Militär in Burma hatte vor gut einer Woche die Macht an sich gerissen und Suu Kyi nach Angaben der Partei unter Hausarrest gestellt. Auch Präsident Win Myint wurde festgesetzt. Der Putsch beendete eine zehnjährige Phase des demokratischen Wandels in dem südostasiatischen Land.
Gegen den Militärputsch gibt es in Burma seit Tagen Proteste. Vor der Parteizentrale der NLD in Rangun hatten sich am Dienstag erneut Demonstranten versammelt, um die Freilassung Suu Kiys und eine Rückkehr zur Demokratie zu fordern. Die Polizei setzte Tränengas und erstmals auch Gummigeschosse gegen die Protest-Teilnehmer ein.
SDA/AFP
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