Analyse zum Militärputsch in BurmaDas Volk wird den Generälen nicht verzeihen
Mit der Machtübernahme zeigt das Militär, dass die Demokratie nur eine Fassade war. Internationale Hilfe ist nicht zu erwarten. Doch zu sicher dürfen sich die Generäle nicht fühlen.
Zu sagen, das Militär habe in Burma die Macht übernommen, ist nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich haben die Generäle die Macht im südostasiatischen Staat nie abgegeben.
Vor knapp über zehn Jahren entliess die Militärjunta die im Land äusserst populäre Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi aus dem Hausarrest. Vordergründig schien es, als würde sich das Militär freiwillig auf eine Nebenrolle beschränken. Viele glaubten das auch nur zu gerne: Internationale Unternehmen investierten im zuvor komplett isolierten Land, internationale Politiker liessen sich gerne mit Aung San Suu Kyi ablichten.
Das Militär regiert mit
Dabei waren die Warnzeichen schon lange da: Bevor sie abtraten, hatten die Generäle die burmesische Verfassung noch rechtzeitig auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Sie erlaubt den Militärs ein Anrecht auf 25 Prozent der Sitze im Parlament, ungeachtet des Wahlergebnisses. Ebenso halten die Streitkräfte die wichtigen Ministerien für Verteidigung, innere Sicherheit und Grenzschutz unter Kontrolle.
Aung San Suu Kyi und ihre NLD-Partei konnten bei den Wahlen noch so deutlich gewinnen: Sie regierten immer neben dem Militär, das in der Bevölkerung immer unpopulärer geworden ist. Die Wählerinnen und Wähler haben die Militärpartei USDP bei den Wahlen 2015 und 2020 abgestraft. Die Generäle sprechen von Wahlbetrug, wofür es aber keine Belege gibt. Sicher ist der Junta insgeheim bewusst, wie verhasst sie im Land ist.
Der unmittelbare Grund für den Putsch war denn wohl auch weniger die erneute Wahlschlappe im vergangenen Jahr, sondern der Plan Aung San Suu Kyis, die Verfassung abzuändern. Die 75-Jährige wollte mit dem neu gewählten Parlament die Privilegien des Militärs beschneiden. Es wäre ein Schritt hin zu einer Demokratie gewesen, die diesen Namen auch verdient. Das wollten sich die Generäle ganz offensichtlich nicht bieten lassen.
Es gibt kaum einen besseren Zeitpunkt für einen Militärputsch als jetzt, inmitten der Pandemie.
Es gibt kaum einen besseren Zeitpunkt für einen Militärputsch als jetzt, inmitten der Pandemie. Versammlungsverbote sind leichter durchzusetzen, die Grenzen sind seit Monaten fast komplett geschlossen, die Weltöffentlichkeit ist mit der zweiten Corona-Welle beschäftigt. Hilfe aus dem Westen ist nicht zu erwarten. Dies auch, weil die verhaftete Aung San Suu Kyi international nicht mehr wie früher als Lichtgestalt und moralische Autorität wahrgenommen wird.
Keine Lichtgestalt mehr
Die 75-Jährige hat sich zunehmend zu einer Opportunistin gewandelt. Seit Jahren spielt sie die Verbrechen des Militärs an der muslimischen Minderheit herunter. Dabei ist belegt, dass burmesische Soldaten Tausende Menschen ermordet, Frauen vergewaltigt und Dörfer abgebrannt haben. Über 700’000 Rohingya sind geflüchtet.
Zu sicher dürfen sich die Militärs aber auch nicht sein. Als 1988 Studenten gegen die Militärjunta protestierten, wurde daraus eine Oppositionsbewegung, die Hunderttausende auf die Strassen brachte. Viele, die damals verhaftet wurden, sind heute im Exil politisch noch aktiv. Auch 2007 führten Demonstrationen der Mönche, ursprünglich wegen Preiserhöhungen, zu grossen Protesten. Die Burmesinnen und Burmesen werden auch dieses Mal nicht zuschauen, wie die Generäle ihre eigenen Interessen über diejenigen der Bevölkerung stellen.
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