AboDie Konferenz von ÉvianEuropas Feigheit in der Flüchtlingsfrage
Im Juli 1938 tagen Diplomaten im mondänen Kurort am Genfersee, während 200 Kilometer weiter nördlich zigtausende Jüdinnen und Juden um ihr Leben bangen. Rückblick auf ein Versagen der Weltgemeinschaft.
Am Mittwoch, den 6. Juli 1938, ist in Évian-les-Bains am Genfersee nicht nur das Wetter eine Freude. Die Cafés des Nobelkurorts, der für sein Mineralwasser weltberühmt ist, sind mit Menschen gefüllt. Die Fassaden der Luxushotels aus der Belle Époque, die Thermalbäder und Villen leuchten in der Sonne. Feriengäste spazieren die Promenade entlang. Andere zieht es zum Spielcasino, über dessen Glaskuppel die Trikolore im Wind flattert, die französische Nationalflagge. Mitten in dieser Welt des Reichtums, der Musse und Lebensfreude beginnt an diesem Nachmittag eine multinationale Krisenkonferenz: Es geht um das Leben von über einer halben Million Menschen.