EU-Forschungsprogramm Grossbritannien wieder dabei – Schweiz bleibt allein draussen
London hat sich mit Brüssel auf eine Rückkehr zum Horizon-Forschungsprogramm geeinigt. Die Schweiz muss hoffen, dass es nach einem Neustart mit der EU bis Ende Jahr doch noch klappt.
Die Schweiz verliert einen wichtigen Verbündeten und steht isoliert da: Die Regierung in London und die EU-Kommission haben sich auf die Rückkehr Grossbritanniens zu Horizon Europe geeinigt, dem 95 Milliarden Euro schweren EU-Forschungsprogramm. Die Einigung beweise, dass Grossbritannien und die EU strategische Partner und Verbündete seien, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Donnerstag. Zusammen werde man die Speerspitze der globalen Wissenschaft und Forschung sein.
Forschung als Druckmittel
Auf ähnlich euphorische Worte aus Brüssel müssen die Schweiz und ihr Forschungsplatz weiter warten. Die EU verweigert der Schweiz eine Vollassoziierung bei Horizon Europe, seitdem der Bundesrat einseitig die Verhandlungen über das Rahmenabkommen zu den institutionellen Fragen abgebrochen hat. Und über eine Rückkehr will Brüssel erst verhandeln, wenn die Sondierungen mit einer gemeinsamen Erklärung abgeschlossen sind. Voraussetzung sei ein Verständnis, wie generell das bilaterale Verhältnis geregelt werden könne, betonte ein Sprecher am Donnerstag.
«Wenn der Bundesrat sich dazu durchringt, kann die Schweiz sicher auch am Forschungsprogramm wieder teilnehmen.»
Die EU nutzt das prestigeträchtige Forschungsprogramm als Pfand und Druckmittel gegenüber der Schweiz. Brüssel möchte die Sondierungen mit Bern schon länger mit einer gemeinsamen Erklärung abschliessen, in der die Eckwerte für den Neustart der Verhandlungen über die alten Konfliktpunkte wie Streitschlichtung, dynamische Rechtsübernahme oder Lohnschutz und die Paketlösung mit neuen Abkommen etwa zum Strom festgelegt würden. Dem Vernehmen nach liegt ein Entwurf für ein sogenanntes Memorandum of Understanding seit Ende vergangenen Jahres vor.
Grossbritannien machts vor
Bevor über eine Rückkehr der Schweiz zum EU-Forschungsprogramm gesprochen werden könne, brauche es eine Einigung über eine Grundsatzvereinbarung, sagt auch der Europaabgeordnete und Schweizbeobachter Andreas Schwab: «Wenn der Bundesrat sich dazu durchringt, kann die Schweiz sicher auch am Forschungsprogramm wieder teilnehmen.» Ähnlich sieht es in der Schweiz Nationalrat Eric Nussbaumer (SP, BL): Für den Europapolitiker hat die britische Regierung demonstriert, wie Schritt für Schritt alle Probleme mit Brüssel aus dem Weg geräumt werden könnten. Die Schweiz habe viel zu viel Zeit mit Sondierungen verbracht. Ohne Unterschrift unter eine gemeinsame Vereinbarung mit Brüssel zu den institutionellen Fragen laufe bei Horizon Europe nichts.
Als Illusion erwiesen haben sich Hoffnungen, die Schweiz könnte mit einer Forschungspartnerschaft mit den Briten und ihren Spitzenuniversitäten den Druck der EU ins Leere laufen lassen. Das Forschungsabkommen zwischen Grossbritannien und der Schweiz verliere massiv an Bedeutung, sagt Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (Die Mitte, BL). Grossbritannien werde die Prioritäten bei Horizon setzen und dort investieren. Die Schweiz gerate weiter ins Abseits. Der Bundesrat müsse nach den Wahlen endlich ein Mandat beschliessen und in die Verhandlungen einsteigen, sagt Schneider-Schneiter. Sie geht davon aus, dass die Schweiz dann parallel ins EU-Forschungsprogramm zurückkehren könnte.
Bessere Ausgangslage
Allerdings war die britische Ausgangslage für die Rückkehr als vollassoziiertes Mitglied am 1. Januar 2024 besser. Tatsächlich sind im Handelsabkommen, das London und Brüssel nach dem Brexit vereinbart haben, die Modalitäten für Horizon Europe schon geregelt. Verzögerungen gab es, weil Grossbritannien zuerst Vereinbarungen aus dem Austrittsabkommen zu Nordirland nicht einhalten wollte. Zuletzt versuchte die britische Regierung noch vergeblich, für den verspäteten Beitritt zum siebenjährigen Forschungsprogramm einen Rabatt auf den jährlichen Mitgliedsbeitrag von 2,6 Milliarden Euro auszuhandeln.
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