EU-Abkommen in GefahrBerichte: Die EU sagt Nein zur Schutzklausel bei Personenfreizügigkeit
Rückschlag für die Schweizer Unterhändler auf den letzten Metern: Eine einseitige Schutzklausel bei der Personenfreizügigkeit kommt für Brüssel nicht infrage.
Bei den Verhandlungen um das EU-Abkommen mit Brüssel droht der Schweiz ein herber Rückschlag: Gemäss übereinstimmenden Medienberichten von SRF und «Blick» soll die EU einer einseitigen Schutzklausel bei der Personenfreizügigkeit eine klare Absage erteilen. Dies soll Ursula von der Leyen Bundespräsidentin Viola Amherd am Dienstag bei ihrem CERN-Besuch in Genf mitgeteilt haben.
Die 27 Mitgliedsstaaten der EU sollen sich auf diese Haltung geeinigt haben. Das Memo der Kommission impliziert gar, dass die Verhandlungen über die bilateralen Abkommen zu scheitern drohen, sollte die Schweiz auf ihrem Standpunkt beharren.
Einseitige Schutzklausel «einen Schritt zu weit»
Die Fortschritte in den Verhandlungen seien insgesamt so gross, dass eigentlich «eine Einigung vor Ende des Jahres realistisch ist», wird aus dem Dokument zitiert. Doch bei der Personenfreizügigkeit, dem Herzstück des Pakets, gehe die einseitige Schutzklausel «einen Schritt zu weit». Die Kommission möchte zudem in puncto Kohäsionsmilliarde «so schnell wie möglich Klarheit über den ersten (Geld-)Betrag erhalten und ist besorgt, dass die Schweiz diese Frage am Ende des Prozesses belassen möchte.» Besonders Frankreich soll bei diesen Punkten Druck auf den Bundesrat ausüben.
EDA will sich nicht unter Druck setzen lassen
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wollte das durchgesickerte EU-Papier nicht direkt kommentieren, betonte aber, sich zeitlich nicht drängen lassen zu wollen.
«Wir sehen die für den 15. Oktober stattfindenden Beratungen der EU-Mitgliedsstaaten nicht als Deadline», sagte EDA-Sprecher Nicolas Bideau in der «Tagesschau»-Hauptausgabe des Deutschschweizer Fernsehens SRF von Donnerstagabend. Schliesslich habe die EU-Kommissions-Präsidentin Ende dieses Jahres als Ziel gesetzt.
Auch die Schweiz wolle die Verhandlungen mit der EU so schnell wie möglich zum Abschluss bringen. Für Bern zähle aber vor allem die Qualität dieser Verhandlungen, sagte Bideau. Und weiter: «Wenn wir das Gefühl haben, die Ziele des Bundesrats seien erreicht, dann werden wir die Verhandlungen abschliessen.»
Unterschiedliche Reaktionen der Parteien
Das durchgesickerte Dokument der EU-Kommission löste bei den Parteien unterschiedliche Reaktionen aus. Die SVP störte sich am Kohäsionsbeitrag. Brüssel wolle eine Milliarde Franken mehr, das sei inakzeptabel, sagte der Freiburger SVP-Nationalrat Pierre-André Page in der SRF-Sendung «10 vor 10» von Donnerstagabend. «Und ausserdem: Die Personenfreizügigkeit.» Das sei zu viel, sagte Page. «Ende der Debatte!»
Der Genfer Mitte-Nationalrat Vincent Maitre sieht das ganz anders. «Ich glaube, wir sind an einem Punkt angekommen, an dem die Schweiz wahrscheinlich zu starr war, und das ganze Gebäude droht einzustürzen, wenn wir auf unseren Positionen beharren», sagte er in derselben SRF-Sendung.
SDA/fem
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