Sparprogramm wegen BundeskasseETH muss sparen – und erwägt Begrenzung der Studienplätze
Der Bund verlangt Kürzungen. Nun präsentiert ETH-Präsident Joël Mesot die geplanten Massnahmen. Er sieht damit die Innovationsfähigkeit der Schweiz gefährdet.
Der Präsident der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) schlägt Alarm: Die vom Bund für die Jahre 2024 und 2025 vorgesehenen Mittel seien ungenügend, um die bestehenden Standards in Forschung und Lehre zu halten. Das sagte Joël Mesot am Donnerstag an der Medienkonferenz zum Jahresbericht der Hochschule.
Die finanzielle Unsicherheit gefährde die Spitzenposition der ETH Zürich und damit ihren Beitrag zur Innovationsfähigkeit der Schweiz.
Der Bund verlangt von der ETH in den nächsten Jahren Einsparungen von 60 bis 80 Millionen Franken. Diese Vorgaben sind Teil eines Sparprogramms, mit dem der Bundeshaushalt entlastet werden soll.
Die ETH Zürich hat bereits mit einer Verzichtsplanung reagiert. So will die Hochschule die noch frei verfügbaren Reserven abbauen, um die zusätzlichen Sparvorgaben zu erfüllen.
Darüber hinaus fasst die Hochschule laut Mesot vier drastische Sparmassnahmen ins Auge.
Erstens will sie das Wachstum der Studierendenzahlen begrenzen, möglicherweise durch die Einführung einer Studienplatzbeschränkung. Zweitens denkt Mesot über einen Einstellungsstopp nach, nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Forschung und Lehre.
Beim Erdbebendienst sparen?
Drittens steht zur Diskussion, Dienstleistungen, die die ETH für den Bund erbringt, zu reduzieren oder zumindest «leistungsgerecht abzugelten». Betroffen wären etwa der Erdbebendienst, die Nutzung von Hochleistungsrechnern und Cyber-Sicherheitsdienstleistungen.
Schliesslich ist für Mesot sogar die Streichung ganzer Forschungsbereiche und Studiengänge denkbar. Welche das sein könnten, wollte der ETH-Präsident nicht sagen.
«Einschneidende Massnahmen wie diese sind für mich ein zu hoher Preis für kurzfristige Sparmassnahmen», sagte Mesot. Er sieht die ETH in der Pflicht, den Bundesrat auf die möglichen negativen Folgen seiner Sparpläne für die Hochschule und die Qualität der Lehre hinzuweisen.
«Verlust hoch qualifizierter Wissenschaftler»
«Wir riskieren einen Qualitätsverlust in der Forschung und den Verlust hoch qualifizierter Wissenschaftler», sagte Mesot. Diese Entwicklung werde die Innovationskraft und die wissenschaftliche Exzellenz der ETH stark beeinträchtigen. Langfristig könnte die Unterfinanzierung den internationalen Status der ETH als führende technische Hochschule gefährden.
Trotz dieser Sorgen blickt die Hochschule auf ein erfolgreiches Jahr zurück: Sie hat 6050 Diplome verliehen, in internationalen Hochschulrankings erneut mehrere Spitzenplätze erreicht und 43 neue Spin-offs gegründet.
Die ETH berief 31 neue Professorinnen und Professoren, wobei die Frauen mit 58 Prozent erstmals in der Überzahl waren.
Gemeinsam mit der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und Partnern aus der Industrie wurde die Initiative «Coalition for Green Energy & Storage» lanciert. Ziel ist es, neue Lösungen für die Speicherung und den Transport von erneuerbaren Energien zu entwickeln.
Künstliche Intelligenz im Fokus
Die zweite Initiative «Swiss AI» hat zum Ziel, die Schweiz als weltweit führenden Standort für die Entwicklung und den Einsatz von transparenter und vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz zu etablieren.
Grundsätzlich erfreulich war das Jahr 2023 auch in finanzieller Hinsicht: Es resultierte ein Überschuss von 50 Millionen Franken nach einem Defizit von 71 Millionen im Vorjahr. Dennoch nimmt die Liquidität der ETH ab 2020 kontinuierlich ab.
«Im Moment leben wir von den frei verfügbaren Reserven, die aber Ende 2025 vollständig aufgebraucht sein werden», sagte Stefan Spiegel, Vizepräsident Finanzen. «Die ETH Zürich braucht zwingend Reserven, um auch in Zukunft grosse Investitionen tätigen und Schwankungen bei den Ausgaben ausgleichen zu können.»
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